RS UVS Kärnten 1996/04/24 KUVS-354-357/3/96

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.04.1996
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Rechtssatz

Das Nachfahren in gleichbleibendem Abstand mit dem Dienstfahrzeug in Verbindung mit dem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des Dienstfahrzeuges stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Kraftfahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar. Voraussetzung dieser Art der Geschwindigkeitsermittlung ist aber, daß über eine entsprechend lange Strecke und Zeitspanne nachgefahren wird, um die Geschwindigkeit des beobachteten Kfz festzustellen und die des eigenen Kfz ablesen zu können. Es bedarf einer gewissen Zeit, um die eigene Fahrgeschwindigkeit auf die des beobachteten Fahrzeuges einzustellen. Da bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren Fehlerquellen und ungenaue Meßergebnisse nicht auszuschließen sind, sind bei Nachfahrten zur Geschwindigkeitsfeststellung bestimmte Bedingungen einzuhalten. Um genaue Feststellungen treffen zu können ist es notwendig, daß eine genügend lange Meßstrecke, in einem nicht zu großen gleichbleibenden Abstand nachgefahren wird und in der Regel ein (justierter) Tachometer verwendet wird, wenngleich es unerheblich ist, daß der Tachometer nicht geeicht ist. Um Ungenauigkeiten auszugleichen sind bestimmte Mindestvoraussetzungen einzuhalten, die sich auf die Nachfahrstrecke, den Abstand beider Fahrzeuge, die Sichtverhältnisse, den Tachometer und das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung beziehen. Die Beobachtungs- oder Nachfahrtstrecke muß eine bestimmte von der Geschwindigkeit abhängende Mindestlänge (von mehreren 100 m) haben und die Geschwindigkeit muß in dieser Zeit ständig kontrolliert werden; sie hat jedenfalls so lang zu sein, daß kleinere Schwankungen im Abstand beider Fahrzeuge während der Meßzeit ausgeglichen werden können. Zwischen beiden Fahrzeugen ist auch ein von der Geschwindigkeit abhängiger Mindestabstand einzuhalten, der annähernd konstant bleibt und etwaige Mängel des Meßvorganges (wie durch Reifenabnutzung, geringen Reifendruck, Ablesefehler und Abstandschwankungen) ausgleicht. Der Abstand darf sich zwar vergrößern aber nicht verringern und auch nicht so groß sein, daß eine sichere Beobachtung des Verkehrsverhaltens des Vorausfahrenden erschwert wird; kleinere Schwankungen im Abstand sind dann ohne Bedeutung, wenn sie umgehend wieder ausgeglichen werden. Die Straßen- und Sichtverhältnisse sowie die Verkehrslage müssen so geartet sein, daß die ständige Beobachtung des vorausfahrenden Fahrzeuges und die Einhaltung eines annähernd gleichbleibenden Abstandes möglich ist (starker Verkehr und kurvenreiche, unübersichtliche Strecken ermöglichen daher in der Regel keinen hinreichend verläßlichen Geschwindigkeitsvergleich). Die gemessene Geschwindigkeit muß überdies wesentlich (in der Regel mindestens 20 km/h) über der zulässigen liegen, damit die Ungenauigkeit dieser Methode ausgeglichen werden kann und ist dafür zu sorgen, daß ein zuverlässiges Funktionieren des Tachometers gewährleistet ist. Kommt im Beweisverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hervor, daß die Nachfahrt nicht direkt hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten erfolgte, sondern befand sich dazwischen ein weiterer PKW und lagen weitere mehrere konkrete Anhaltspunkte (nicht unerhebliche Abstandsschwankungen, unbekannte Länge der genauen Beobachtungsstrecke in bezug auf die angeblich gefahrenen Geschwindigkeiten, Fahrbahnverlauf udgl.) dafür vor, daß die Art der Geschwindigkeitsermittlung nicht einwandfrei erfolgte und mit Ungenauigkeiten behaftet war, ist aus dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu Gunsten des Beschuldigten vorzugehen (Einstellung des Verfahrens).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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