RS UVS Oberösterreich 1996/05/13 VwSen-280066/4/Ga/La

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Veröffentlicht am 13.05.1996
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Rechtssatz

Wie aus dem zu Zl. ... gleichzeitig mit der Berufung vorgelegten Strafakt ersichtlich, wurden gegen den Berufungswerber als Beschuldigten innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG mit der Strafverfügung vom 28.10.1993 und der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.11.1993 zwei Verfolgungshandlungen - mit identischem Wortlaut in der Tatanlastung - gesetzt. Anders jedoch als der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthalten beide Verfolgungshandlungen nicht den ausdrücklichen Vorwurf, daß es sich beim Lenker um einen "im Unternehmen beschäftigten" Kraftfahrer gehandelt hat. Auch aus anderen Formulierungen der bezeichneten Verfolgungshandlungen leuchtet nicht hervor, daß die Tatanlastung hinsichtlich des involvierten Lenkers ein konkretes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs.1 AZG erfaßt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber liegt eine Zuwiderhandlung im Sinne des § 28 Abs.1 AZG gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Arbeitgeber immer (nur) dann vor, wenn ein im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit solche Vorschriften verletzt. Demgemäß besteht der objektive Tatbestand der Zuwiderhandlung in der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers unter Verletzung einer Arbeitszeitvorschrift - im Berufungsfall des § 16 Abs.3 bzw. § 14 Abs.2 AZG (vgl. VwGH 27.9.1988, 87/08/0131). Wenn weiters aus § 28 Abs.1 AZG die diesem Bundesgesetz ganz allgemein innewohnende Verantwortung des Arbeitgebers für Verhaltensweisen seiner Arbeitnehmer erschließbar ist (vgl. VwGH 16.12.1993, 93/11/0201), so verlangt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die - dem Bestimmtheitsgebot iSd § 44a Z1 VStG genügende - Anlastung einer Zuwiderhandlung des Arbeitgebers gegen Vorschriften dieses Bundesgesetzes wesentlich auch den ausdrücklichen Vorhalt, daß er für Fehlverhalten eines in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers verantwortlich gemacht wird.

Handelt es sich dabei aber um ein somit wesentliches Tatelement, ohne dessen Vorliegen das Tatbild einer Übertretung von Arbeitszeitvorschriften im Sinne des AZG nicht erfüllbar scheint, dann muß der Sachverhalt des (zur Tatzeit) aufrechten Beschäftigungsverhältnisses des Lenkers zum Beschuldigten als verantwortlichen Arbeitgeber ausdrücklich in den Vorwurf der Verfolgungshandlung - soll diese zur Unterbrechung der Verjährung tauglich sein - aufgenommen werden und darf nicht bloß der Vermutung oder Schlußziehung durch den Beschuldigten überlassen bleiben.

Offensichtlich erkannte die belangte Behörde, daß die bezeichneten Verfolgungshandlungen das in Rede stehende wesentliche Tatelement nicht vorgeworfen haben und die Anlastung deswegen unbestimmt geblieben ist, weshalb sie in den Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Formulierung: "der im Unternehmen beschäftigte Kraftfahrer" einfügte.

Für dieses dem Berufungswerber bisher noch nicht vorgehaltene, somit erstmalig der Bestrafung zugrundegelegte wesentliche Sachverhaltselement war jedoch schon Verfolgungsverjährung eingetreten, sodaß das eben dadurch in beiden Spruchpunkten inhaltlich rechtswidrige Straferkenntnis - weil der Mangel auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden kann - aufzuheben war; gleichzeitig war das Strafverfahren einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Bei diesem Ergebnis kann auf sich beruhen, daß der Schuldspruch zu

2. die festgestellte Lenkzeitüberschreitung zum ersten Mal näher als gesamte Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten (tägliche Lenkzeit) beschreibt und so erstmalig der Bestrafung zugrundelegt. Die zit. Verfolgungshandlungen haben diese Konkretisierung gleichfalls noch nicht enthalten.

Auf sich beruhen kann aber auch, daß, wie der Berufungswerber zu Recht aufzeigt (und hiefür seine im Verfahren vor der belangten Behörde abgegebene Rechtfertigung vom 29.12.1993 indirekt zum Berufungsinhalt erhebt), dem angefochtenen Straferkenntnis zur Schuldfrage nachvollziehbar nichts entnommen werden kann. Vielmehr ist die belangte Behörde stillschweigend, wie vermutet werden muß, von der persönlichen Schuld des Berufungswerbers und daher von der Zurechenbarkeit der Übertretung ausgegangen. Ob sie dabei - möglicherweise - Fahrlässigkeit nach Maßgabe eines Ungehorsamsdeliktes gemäß § 5 Abs.1 VStG zugrundegelegt hat, bleibt im Dunkeln.

Hätte sich aber die belangte Behörde entsprechend § 60 AVG (§ 24 VStG) mit der Verwirklichung der subjektiven Tatseite auseinandergesetzt, dann hätte sie aus dem Blickwinkel des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG - bei angenommener objektiver Tatbestandsmäßigkeit - zu beurteilen gehabt, ob dem Berufungswerber mit seinen Ausführungen in der vorerwähnten Rechtfertigung zu dem in seinem Betrieb zwecks Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften eingerichteten Kontrollsystem die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit gelungen ist; dies für den konkreten Fall unter Einbeziehung des Umstandes, daß nach der Aktenlage von einem Wissen des Berufungswerbers über die bzw. einer Duldung der Übertretung von AZ-Vorschriften nicht ausgegangen werden konnte und auch nicht hervorgekommen ist, daß der Berufungswerber seinem Arbeitnehmer die Einhaltung der Arbeitszeiten von vornherein nicht ermöglichte. Eine solche Beurteilung enthält das angefochtene Straferkenntnis nicht. Im Gegenteil: Auf den Inhalt der zit. Rechtfertigung ist nur aufzählend - allerdings in wesentlichen Punkten unvollständig - Bezug genommen. Irgendwelche Schlußfolgerungen auf die nicht gelungene Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit sind daran nicht geknüpft. So ist insbesondere auch nicht ausgeführt, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde die Angaben des Berufungswerbers zum Kontrollsystem bzw. zur Effizienz dieses Systems offenbar als ungenügend verworfen hat.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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