RS UVS Oberösterreich 1996/06/12 VwSen-310009/3/Ga/La

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Veröffentlicht am 12.06.1996
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VwSen-103650 v. 11.4.1996; VwSen-310055 v. 26.1.1996; VwSen-310057 v. 7.2.1996; Rechtssatz

Das aufgehobene Straferkenntnis vom 9.12.1994 lastete die Tat mit einem das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG (in dem von der Judikatur des VwGH entwickelten Verständnis) verletzenden Alternativvorwurf an ("nicht so gelagert bzw. behandelt"). Auch die das zugrundeliegende Strafverfahren als erste Verfolgungshandlung einleitende Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.10.1994 enthielt in diesem wesentlichen Punkt dieselbe unbestimmte Anlastung. Mit der gegen das Straferkenntnis vom 9.12.1994 erhobenen Berufung bekämpft der Berufungswerber unter anderem die spruchgemäße Tatzeit "18.10.1994"; auch macht er geltend, daß das Abfallwirtschaftsgesetz mit den Begriffen "Lagern" und "Ablagern" unterschiedliche Lebenssachverhalte bezeichne.

Der belangten Behörde ist zugute zu halten, daß sie die durch den unbestimmten Tatvorwurf bewirkte inhaltliche Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses vom 9.12.1994 erkannte; dessen Aufhebung mit der Berufungsvorentscheidung vom 7.2.1995 erfolgte aus den genannten Gründen zu Recht.

Allerdings wurde dabei übersehen, daß der ausdrücklich zwar nur auf 'Aufhebung' lautende (und in der Folge rechtskräftig gewordene) Spruch der Berufungsvorentscheidung dennoch zugleich auch die Wirkung einer materiellen Einstellung des Strafverfahrens entfaltet hatte (vgl. das sinngemäß anwendbare Erk. VwGH 4.9.1992, 92/18/0353), u.zw. bezogen auf beide wesentlichen, jedoch unzulässig wahlweise (alternativ) angelasteten Tatelemente. Sowohl also der Vorwurf der verpönten "Lagerung" als auch jener der verpönten "Behandlung" (miterfaßt die "Ablagerung") verfiel der Einstellung. Von dieser Einstellungswirkung der Berufungsvorentscheidung wurde notwendigerweise auch der Tatvorwurf der nach der vorliegenden Berufung, jedoch noch vor der Berufungsvorentscheidung ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.1.1995 erfaßt. Davon abgesehen hätte diese - rechtswidrige - Verfolgungshandlung nicht mehr gesetzt werden dürfen, weil sie den Berufungswerber in derselben Sache trotz schon erlassenen Straferkenntnisses und trotz des hiezu erhobenen, jedoch noch nicht erledigten Berufungsantrages belangte.

Nach der Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates (vgl. das Erk. vom 11.4.1996, VwSen-103650) verbietet in Konstellationen wie hier das (sich nunmehr aus § 51 Abs.6 VStG idFd Novelle BGBl. Nr. 620/1995 ergebende) Verschlechterungsverbot auch, das Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung zum Nachteil des Berufungswerbers zum Zwecke der Korrektur von Spruchmängeln oder gar zur Nachholung tauglicher Verfolgungshandlungen einzusetzen (zum Verschlechterungsverbot iZhg mit Berufungsvorentscheidungen vgl. allgemein Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1995 (1995), 78). Deshalb durfte die belangte Behörde nach den Umständen auch dieses Falles die Berufungsvorentscheidung nur dazu benutzen, das Straferkenntnis vom 9.12.1994 aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen. Die Berufungsvorentscheidung vom 7.2.1995 ist daher gesetzeskonform dahin auszulegen, daß sie die rechtlich gebotene Einstellung des zugrundegelegenen Verfahrens impliziert. Trotz des gravierenden Spruchmangels des aufgehobenen Straferkenntnisses (wie auch des Tatvorwurfs in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.10.1994) steht im vorliegenden Fall die 'Sache' iSd § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG (nämlich durch Individualisierung der vom Tatvorwurf erfaßten Manipulation mit bestimmten Abfällen) außer Zweifel. Daraus folgt weiter, daß bezüglich dieser Sache res judicata eingetreten war (zu den Bescheidwirkungen vgl. allgemein Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 6.A 1995, Rz 451ff; insbes. Rz 462 zu "ne bis in idem").

Bei dieser Sach- und Rechtslage durfte die belangte Behörde nicht nochmals mittels Straferkenntnis gegen den Berufungswerber vorgehen. Da dem angefochtenen Straferkenntnis sohin das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache entgegenstand, war wie im Spruch zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis ist auf die übrigen Berufungsgründe, insbesondere auf das Vorbringen, welches die Beurteilung der vom Behandlungsauftrag vom 21.10.1994 erfaßt gewesenen LKW-Wracks als Abfälle iSd AWG in Zweifel zieht, nicht mehr einzugehen. Auf sich beruhen kann auch, ob der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses - bezogen auf den allein im zweiten Satz dieses Spruchs enthaltenen Vorwurf einer entgegen § 17 Abs.1 erster Satz AWG vorgenommenen Lagerung von Abfällen - überhaupt eine konkrete Tatzeit anlastet. So ist im Schuldspruch jedenfalls kein kalendermäßig eindeutig bestimmtes Ende der inkriminierten Lagerung - nach der ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates ein Dauerdelikt (vgl. Erkenntnisse vom 7.2.1996, VwSen- 310057; vom 26.1.1996, VwSen-310055, mit Vorjudikatur) - angegeben; dies ist schon deshalb bemerkenswert, weil aktenkundig die belangte Behörde selbst dem Berufungswerber das Ende der Lagerung ausdrücklich mit "11.11.1994" bestätigt hatte. Und schließlich braucht auch darauf nicht näher eingegangen zu werden, daß dem ersten Satz des angefochtenen Schuldspruchs erkennbar keine Norm-, sondern nur Einleitungsqualität zugedacht sein sollte und dabei aber dem "niederschriftlich festgehaltenen Auftrag vom 27.9.1994" offensichtlich Rechtsverbindlichkeit unterlegt wurde, obwohl nach der Aktenlage dieser "Auftrag" nicht als Bescheid gewertet werden kann und eine Rechtsverbindlichkeit daher auch nicht im § 32 Abs.1 AWG Abstützung fände.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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