TE Vfgh Beschluss 1998/9/29 A34/97

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Veröffentlicht am 29.09.1998
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
StVO 1960 §4 Abs5b

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage auf Rückerstattung einer für die Übermittlung eines Unfallberichtes der Gendarmerie entrichteten Gebühr trotz - allerdings erst später aufgetretener - Verletzung der Klägerin bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall; Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zum bescheidmäßigen Abspruch über die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühr

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Kläger hat am 24. Jänner 1997 die Gendarmerie zum Zwecke der Aufnahme eines Unfalls, an dem er beteiligt war, verständigt. In der Annahme, daß durch diesen Verkehrsunfall niemand verletzt wurde, entrichtete er eine Gebühr von S 500,- in Anwendung des §4 Abs5b der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden: StVO) idF des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. 201/1996. Zwei Tage nach diesem Unfall stellte sich jedoch heraus, daß anläßlich dieses Verkehrsunfalles die Insassin im PKW des Unfallgegners verletzt wurde.

2. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger, den Bund schuldig zu erkennen, ihm den Betrag von S 500,-

samt 4 % Zinsen seit 12. Juni 1997 sowie die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Dieser vermögensrechtliche Anspruch wird wie folgt begründet:

"Da sich also zwei Tage nach dem Unfallereignis herausstellte, daß anläßlich des oben angeführten Unfalles eine Person verletzt worden ist, habe ich an das Landesgendarmeriekommando Vorarlberg, Verkehrsabteilung, am 6.6.1997 einen schriftlichen Antrag gestellt, mir die eingezahlte Gebühr von S 500,- zu erstatten. Mit Schreiben des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg, Verkehrsabteilung, vom 12.6.1997, wurde mir mitgeteilt, daß eine Rückerstattung der von mir gezahlten Gebühr nicht möglich sei, da gem(äß) dem Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 10.2.1997, Zl. 94762/21-GD/97, 'in Fällen, bei denen sich erst nachträglich herausstellt, daß Personen verletzt wurden, die eingehobenen Unfallaufnahmegebühren nicht zurückzuerstatten sind.' Entscheidend für die Erstattung der Gebührenschuld sei 'der Sachverhalt, den der Gendarmeriebeamte insbesondere auch durch die Aussagen der Unfallbeteiligten, bei der Unfallaufnahme vor Ort vorfindet.' Anders sei die Situation nach dem zit(ierten) Erlaß des BMI dann, wenn der einschreitende Beamte bei ordnungsgemäßer Beurteilung der Sachlage am Unfallsort zu dem Ergebnis gelangen hätte müssen, daß keine Gebühr einzuheben ist. Nur solche zu Unrecht eingehobenen Gebühren seien nach dem Erlaß des BMI zurückzuerstatten."

Zur Klagslegitimation führt der Kläger aus:

"Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Art137 B-VG gegeben, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind, da mein Rückforderungsanspruch im öffentlichen Recht wurzelt, noch durch §4 Abs5b StVO ein Verwaltungsweg vorgesehen ist."

3. In seiner Gegenschrift bestreitet der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, die Aktivlegitimation des Klägers sowie das Zurechtbestehen des Klagsanspruches dem Grunde nach und beantragt die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Klage.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Der Anspruch gründet sich auf die StVO; er wurzelt im öffentlichen Recht. Es handelt sich also nicht um eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN. Eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber ist nicht gegeben (vgl. etwa VfSlg. 10266/1984, 11836/1988). Es ist aber zu prüfen, ob über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

3.1. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr führt aus, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Angelegenheit handle, die der Vollziehung der StVO zuzurechnen sei. Für die Vollziehung der StVO seien gemäß Art11 B-VG die Länder zuständig. Dies würde für die Bestimmung des §4 Abs5b StVO bedeuten, daß eine allenfalls erforderliche bescheidmäßige Vorschreibung der Gebühr durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu erfolgen hätte. Über eine eventuelle Berufung gegen einen solchen Bescheid hätte die Landesregierung in zweiter und letzter Instanz zu entscheiden. Dieselbe Zuständigkeitsverteilung müsse daher auch für den Fall der Rückforderung einer zu Unrecht eingehobenen Gebühr gemäß §4 Abs5b StVO gelten.

3.2. Dieser Auffassung pflichtet der Verfassungsgerichtshof bei.

Gemäß §4 Abs5b vorletzter Satz StVO sind die Gebühren, soferne sie nicht ohne weiteres entrichtet werden, von den Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser vorzuschreiben. Da der Kläger die Gebühr nicht "ohne weiteres" entrichtet hat, sondern - wenn auch nach der Entrichtung - die Leistungspflicht bestritten hat, hätte der Kläger seinen Anspruch bei der Bezirksverwaltungsbehörde geltend machen müssen, die zuständig gewesen wäre, bescheidmäßig über die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühr gemäß §4 Abs5b StVO abzusprechen.

Der Verfassungsgerichtshof ist sohin nicht zuständig, über das Klagebegehren zu entscheiden. Die Klage war wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes daher zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Verkehrsunfall, VfGH / Klagen, Gebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:A34.1997

Dokumentnummer

JFT_10019071_97A00034_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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