RS UVS Oberösterreich 1996/09/04 VwSen-103903/2/Sch/Rd

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Veröffentlicht am 04.09.1996
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VwSen-103655 v. 20.5.1996 Rechtssatz

Der Berufungswerber hat in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt, wobei er bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde.

Laut Verletzungsanzeige des LKH K/K vom 3.8.1995 wurden bei ihm eine Gehirnerschütterung sowie Rißquetschwunden am Kopf diagnostiziert.

Beim Meldungsleger war am Unfallort die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung deshalb entstanden, weil er Alkoholgeruch aus dem Mund des Berufungswerbers sowie gerötete Augenbindehäute festgestellt hat. In der Folge hat dieser Gendarmeriebeamte den Rechtsmittelwerber am 3.8.1995 um 23.00 Uhr im LKH K/K im Beisein eines weiteren Gendarmeriebeamten und des diensthabenden Arztes Dr. HK aufgefordert, sich zum Zwecke der Alkoholbestimmung Blut abnehmen zu lassen (von einer Atemluftuntersuchung wurde angesichts der Verletzungen des Berufungswerbers von vornherein Abstand genommen). Dieser Aufforderung ist der Berufungswerber nicht nachgekommen.

Dieser entscheidungswesentliche Sachverhalt erfüllt aber nicht den Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, denn zur Untersuchung nach § 5 Abs.5 StVO 1960 sind nur "im öffentlichen Sanitätsdienst stehende oder bei einer Bundespolizeidirektion tätige Ärzte" berechtigt. Wird daher etwa eine (bei einem Verkehrsunfall verletzte) Person, bei der die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken besteht, in ein öffentliches oder privates Spital eingeliefert, so dürfen nicht die dort tätigen Ärzte die Untersuchung vornehmen, sondern es muß ein im Gesetz genannter Arzt herbeigerufen werden (vgl. Stolzlechner in ZVR, Dezember 1994, Heft 12, S 356). Wird die ursprüngliche Vermutung infolge der amtsärztlichen Untersuchung nach Abs.5 Z2 zu einem Verdacht erhärtet, so ist bei der betreffenden Person die Blutabnahme zum Zweck der Alkoholbestimmung durchzuführen (vgl. Stolzlechner aaO).

In rechtlicher Hinsicht ist somit gegenständlich festzustellen, daß der Berufungswerber nicht zu einem Arzt gemäß Abs.5 Z2 gebracht wurde.

Der diensthabende Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt fällt nämlich nicht unter den Begriff eines im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden (oder eines bei einer Bundespolizeibehörde tätigen) Arztes (zu diesem Begriff siehe auch die Fußnote 17 zu § 5 Abs.5 StVO 1960 in Messiner, Straßenverkehrsordnung, 9.A 1995). Die dem § 5 StVO 1960 zugrundeliegende "Systematik der Arztbegriffe" muß dahingehend verstanden werden, daß zwischen dem "Vorführarzt" und dem "Blutabnahmearzt" zu unterscheiden ist, und zwar in dem Sinne, daß die Aufforderung zur Blutabnahme durch einen bloß zur Blutabnahme befugten Arzt ohne vorherige Einschaltung eines Arztes, der über die zur Vorführung erforderlichen Voraussetzungen verfügt, nämlich eines bei der Bundespolizeibehörde tätigen Arztes oder eines im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arztes, unzulässig ist.

Der Sinn dieser Differenzierung dürfte darin liegen, daß die Verpflichtung, sich Blut abnehmen zu lassen, nur dann besteht, wenn sich bei einer durchführbaren klinischen Untersuchung (auch die Frage, ob eine solche überhaupt möglich ist oder nicht, ist wohl vom Amtsarzt zu beurteilen) herausstellt, daß eine Blutabnahme erforderlich ist, um den Grad der Alkoholeinwirkung feststellen zu können, sodaß für den Regelfall die "Subsidiarität" bzw die "Wahl des gelindesten Mittels" auch im Verhältnis zwischen klinischer Untersuchung und Blutabnahme eingreift und der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß die klinische Untersuchung bzw der Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung nur von einem im bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder von einem öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorgenommen bzw. festgestellt werden darf.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, daß diese Rechtslage die Vollzugspraxis in einer ländlichen Gegend vor erhebliche Probleme stellt. Der Gesetzgeber hat jedoch diese offensichtlich bereits erkannt. Es wurde nämlich in einem Entwurf einer StVO-Novelle vorgesehen, daß auch diensthabende Ärzte in öffentlichen Krankenanstalten, sofern diese die Physikatsprüfung abgelegt haben, entsprechende Untersuchungen durchführen können. Zusammenfassend ist festzustellen, daß es im gegenständlichen Fall einer rechtlichen Voraussetzung für die verlangte Blutabnahme gemangelt hat, weshalb der Berufungswerber das ihm zur Last gelegte Tatbild nicht erfüllt hat (vgl. auch VwSen-103655/11/Br vom 20. Mai 1996).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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