RS UVS Oberösterreich 1996/09/11 VwSen-240210/2/Gf/Km

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Veröffentlicht am 11.09.1996
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Rechtssatz

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst nicht gegen die - ohnedies im Wege eines Sachverständigengutachtens belegte - Tatbestandsmäßigkeit im Hinblick auf die ihm zur Last gelegte Übertretung des § 74 Abs.2 Z1 LMG, sondern dagegen, daß ihn insoweit ein Verschulden trifft.

Damit ist er auch im Recht.

Soweit ihm überhaupt ein Verschulden zur Last gelegt werden könnte, käme nur fahrlässiges Verhalten in Betracht. Angesichts des Umstandes, daß die verfahrensgegenständliche Ware am 26.4.1995 vom tschechischen Landwirtschaftsministerium begutachtet und ausdrücklich für "von allen Infektionen befreit und für Menschenkonsum entsprechend" befunden und dem Unternehmen des Berufungswerbers am 13.7.1996, also etwa drei Monate später, geliefert wurde sowie - allseits unbestritten - die Mindesthaltbarkeitsfrist noch lange offen war (bei Käse üblicherweise 1 Jahr, im gegenständlichen Fall wohl jedenfalls bis zum 5.11.1995), hieße es die Sorgfaltspflichten des Unternehmers überspannen, wollte man tatsächlich fordern, daß dennoch jeder der 233 gelieferten 35-kg-Käselaibe nochmals einzeln auf seine Haltbarkeit untersucht hätte werden müssen. Hinzu kommt, daß - wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorhebt - diesbezüglich auch vom amtlichen Lebensmitteluntersuchungsorgan anläßlich seiner Untersuchung nichts beanstandet wurde (siehe das Probenbegleitschreiben vom 31.8.1995, Zl.). Zeigte sich diesbezüglich nun aber schon für einen Fachmann keine Auffälligkeit, so kann aber erst recht auch vom Berufungswerber nicht erwartet werden, eine "überhöhte Zahl der Hefen und Schimmelpilze" (vgl. das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 26.9.1995, Zl.) zu erkennen. Da er sohin die ihn treffenden Sorgfaltspflichten offenkundig nicht verletzt hat, kann ihm auch kein fahrlässiges Verhalten angelastet werden.

Gemäß § 49 Abs.2 letzter Satz VStG darf in jenem aufgrund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Die Übertretung des § 74 Abs.1 LMG (Falschbezeichnung) wurde dem Beschwerdeführer erstmals im angefochtenen Straferkenntnis angelastet. Damit hat die belangte Behörde zwar die Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs.6 LMG gewahrt, jedoch offenkundig das Gebot des § 49 Abs.2 letzter Satz VStG verletzt. Wenn nämlich - so der gebotene Größenschluß - in einem aufgrund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnis schon keine höhere Strafe als in der mit diesem angefochtenen Strafverfügung verhängt werden darf, dann darf erst recht keine über eine bloße Modifikation des Tatvorwurfes hinausgehende und in diesem Sinne zusätzliche Deliktsanlastung - schon gar nicht in der Form, daß dem Rechtsmittelwerber (wie im vorliegenden Fall) hiezu entgegen den §§ 40ff VStG jegliches Parteiengehör verwehrt wird - erfolgen. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich vielmehr ein eigenständiges Strafverfahren durchzuführen gehabt.

Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und zudem das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes a) gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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