RS UVS Oberösterreich 1997/03/10 VwSen-280317/8/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 10.03.1997
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Rechtssatz

Es steht fest, daß die gemäß § 26 Abs.1 AZG zu führenden Arbeitszeitaufzeichnungen über Verlangen dem AI sowohl nach § 26 Abs.6 AZG als auch nach § 8 Abs.1 ArbIG zur Einsicht vorzulegen und darüber hinaus gemäß § 8 Abs.3 ArbIG auf Verlangen dem AI zu übermitteln sind.

Aus der Anzeige des AI für den 6. Aufsichtsbezirk vom 27.9.1995 geht hervor, daß der gegenständliche Betrieb mit Schreiben vom 2.8.1995 aufgefordert wurde, die Arbeitszeitaufzeichnungen der näher angeführten Arbeitnehmerinnen für den Zeitraum von 1.6.1995 bis 31.7.1995 bis längstens zum 5.9.1995 zu übermitteln. Laut Anzeige wurden aber die verlangten Unterlagen nicht innerhalb der gesetzten Frist übermittelt.

Sowohl mit der Strafverfügung vom 7.11.1995 (als erster Verfolgungshandlung) als auch mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 6.12.1996 wurde dem Bw vorgeworfen, die vom AI für den 6. Aufsichtsbezirk näher bezeichneten Unterlagen nicht wie aufgefordert bis spätestens "zum 5.9.1995 diesem zur Einsichtnahme vorgelegt bzw. im Original oder in Kopie übermittelt" zu haben. Mit diesem Tatvorwurf ist aber die belangte Behörde nicht im Recht. Wurde nämlich die Übermittlung der Aufzeichnungen bis zum 5.9.1995 gefordert, so ist das Nichtvorliegen bis zu diesem Zeitpunkt strafrechtlich nicht von Relevanz. Vielmehr beginnt das vom AI für den 6. Aufsichtsbezirk angezeigte strafbare Verhalten mit Ablauf des 5.9.1995, also am 6.9.1995, wobei das strafbare Verhalten bis zur Erfüllung des Auftrages andauert. Für den genannten strafrechtlich relevanten Tatzeitraum jedoch ist gegen den Bw kein Tatvorwurf und keine Verfolgungshandlung ergangen.

Schon aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis, weil das vorgeworfene Tatverhalten keine Verwaltungsübertretung bildet, aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Der angefochtene Tatvorwurf erweist sich aber auch noch deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde dem Bw vorgeworfen hat, die besagten Aufzeichnungen "nicht zur Einsichtnahme vorgelegt bzw. im Original oder in Kopie übermittelt" zu haben. Damit übersieht sie aber, daß die Vorlage zur Einsichtnahme eine Pflicht nach § 8 Abs.1 ArbIG (im übrigen auch eine Pflicht nach § 26 Abs.6 AZG, welches die speziellere Norm darstellt) bildet, deren Nichtbefolgung eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 Z2 lit.c ArbIG bildet, während das Übermitteln von Original oder Kopie der Arbeitszeitaufzeichnungen eine Pflicht nach § 8 Abs.3 ArbIG darstellt, deren Nichteinhaltung eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG darstellt. Wenn daher die belangte Behörde dem Bw beide Pflichtverletzungen alternativ in einem Spruch vorwirft, so wird sie hiemit nicht den nach der ständigen Judikatur des VwGH erforderlichen Spruchanforderungen gemäß § 44a Z1 VStG gerecht. Mit dem rechtswidrigen Tatvorwurf ist nämlich nicht eindeutig erkennbar, welcher Tat nunmehr der Bw bezichtigt werden soll. Auch dieser Umstand stellt einen Aufhebungsgrund dar. Schließlich hat die belangte Behörde unberücksichtigt lassen, daß für die genannten Arbeitnehmerinnen tatsächlich keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt wurden, was ihr einerseits aufgrund schon vorausgegangener Verwaltungsstrafverfahren bekannt war und andererseits auch aus den Stellungnahmen des Bw unter Hinweis auf den Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs.2 Z8 AZG hervorgeht. Im Erkenntnis vom 29.7.1993, 91/19/0176, hat der VwGH dargelegt, daß die Übertretung nach § 26 Abs.2 zweiter Halbsatz AZG (alte Fassung, wonach nach dieser Bestimmung Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht zu geben ist) der Arbeitgeber begeht, der Aufzeichnungen iSd § 26 Abs.1 leg.cit. führt, der Arbeitsinspektion und deren Organen jedoch die Einsichtnahme in diese Aufzeichnungen verweigert. Nicht diese Übertretung, sondern jene nach § 26 Abs.1 leg.cit. wird begangen, wenn die dort genannten Aufzeichnungen nicht geführt werden. Geht daher weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Akteninhalt hervor, daß Aufzeichnungen iSd § 26 Abs.1 AZG von den Bf oder einem Bevollmächtigten überhaupt geführt wurden, sodaß auch kein Schluß darauf möglich ist, die Bf hätten die Einsichtnahme in (vorhandene) Aufzeichnungen verweigert, so wurde eine Übertretung nach § 26 Abs.2 zweiter Satz AZG nicht begangen.

Diese Rechtsprechung ist auch auf die nunmehr geltende Rechtslage nach dem AZG sowie die Pflichten nach dem § 8 ArbIG analog heranzuziehen, weshalb eine Übertretung nach § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG voraussetzt, daß Unterlagen (hier Arbeitszeitaufzeichnungen) überhaupt vorhanden sind. Wie aber aus dem Akt selbst sowie auch aus vorausgegangenen Verwaltungsstrafverfahren ersichtlich ist, wurden solche Aufzeichnungen hinsichtlich der betreffenden Arbeitnehmerinnen überhaupt nicht geführt, waren also nicht vorhanden, weshalb nicht eine Verwaltungsübertretung wegen des Nichtübermittelns der Unterlagen, sondern vielmehr wegen des Nichtführens der Arbeitsaufzeichnungen dem Bw vorzuwerfen gewesen wäre. Dies aber letztlich immer unter dem Aspekt, ob auch tatsächlich eine Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten bestanden hat.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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