RS UVS Wien 1997/04/08 07/S/01/76/96

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Rechtssatz

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß es für den Bereich des VStG in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung usw beziehen, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht auf den Ort ankommt, an dem das Unternehmen betrieben wird, also insbesondere nicht auf den Ort des Filialbetriebes (vgl VwGH 12.3.1990, Zl 90/19/0091, 0092, 0093). Der Tatort liegt vielmehr dort, wo die Dispositionen und Anweisungen (Vorsorgehandlungen) zur Vermeidung von Verstößen gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen hätten gesetzt werden müssen (vgl VwGH 25.3.1994, Zl 94/02/0026, VwGH 19.4.1994, Zl 94/11/0055).

Dies ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers, denn von dort aus wären in der Regel die gebotenen Vorsorgehandlungen zu setzen, um Verstöße gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen in den Filialen oder auf Baustellen zu vermeiden (vgl VwGH 12.3.1990, Zl 90/19/0091, 0092, 0093, VwGH 27.7.1994, Zlen 94/09/0064 bis 0070).

Wenn aber etwa für einen Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des zweiten Satzes des § 9 Abs 2 VStG bestellt ist, dann liegt der Tatort einer von diesem zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung. Der Ort, wo der verantwortliche beauftragte Filialleiter die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung von Verstößen hätte setzen müssen, ist eben der Standort dieser Filiale (vgl VwGH 19.4.1994, Zl 94/11/0055). Die Behörde ist solange nicht verhalten, von Amts wegen Ermittlungen darüber anzustellen, ob nicht etwa die tatsächliche Unternehmensleitung von einem anderen Ort als vom Firmensitz aus erfolgt wäre, solange nicht ein Umstand hervorkommt, der eine solche Annahme begründen würde. Als hervorgekommen ist ein solcher Umstand dann anzusehen, wenn er der Behörde zur Kenntnis gelangt ist, allenfalls in dem Zeitpunkt, in dem ihn die Behörde bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt hätte kennen müssen. Nur dann, wenn ein solcher Umstand nicht bis zur Fällung des Straferkenntnisses hervorkommt, ist die nach § 28 VStG vorläufig zuständige Behörde auch zur bescheidmäßigen Bestrafung zuständig (VwGH 27.7.1994, Zlen 94/09/0064 bis 0070).

Die Rolle der Arbeitsinspektorate in Ansehung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG ist darauf beschränkt, daß sie, sozusagen als Sammelstelle für mehrere Verwaltungsstrafbehörden, die Mitteilungen der Arbeitgeber (von Organen iSd § 9 Abs 1 VStG) entgegennehmen und ihr Wissen um die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten in die von ihnen erstatteten Anzeigen einfließen lassen. Ob aber eine konkrete Mitteilung die beabsichtigte Wirkung der Verschiebung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf eine bestimmte Person ausgelöst hat, muß immer von der Verwaltungsstrafbehörde entschieden werden (vgl VwGH 8.7.1994, Zl 94/02/0079). Der Magistrat der Stadt Wien hätte sich daher nicht mit dem Hinweis im Strafantrag, der Berufungswerber sei dem Arbeitsinspektorat Salzburg als strafrechtlich Verantwortlicher bekanntgegeben worden, begnügen dürfen. Die erstinstanzliche Behörde wäre vielmehr gehalten gewesen, den "Zustimmungsnachweis" nach § 9 Abs 4 VStG und die Mitteilung nach § 23 Abs 1 ArbIG anzufordern, weil es ihr nur dann möglich gewesen wäre, die Rechtswirksamkeit der Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu beurteilen. Im Hinblick auf die ausdrücklichen Anführungen im Zustimmungsnachweis und in der Mitteilung hätte es ihr dabei auch auffallen müssen, daß der Dienstort des (im übrigen auch nur für Salzburg zuständigen) Berufungswerbers und damit der Tatort nicht in Wien, sondern in Salzburg gelegen ist.

Da der Magistrat der Stadt Wien, offenbar in Verkennung der Rechtslage, diese Unterlagen jedoch nicht angefordert hat, hat er Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung er den Tatort der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung leicht hätte erkennen können. Da er nur auf Grund dieses Verfahrensmangels davon ausgegangen ist, daß der Tatort am Sitz der zentralen Unternehmensleitung in Wien liegt, war er auch nicht nach § 28 VStG als vorläufig zuständige Behörde zur bescheidmäßigen Bestrafung zuständig.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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