RS UVS Oberösterreich 1997/05/26 VwSen-280238/2/Kl/Bk

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Rechtssatz

Gemäß Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20.12.1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr darf die nachstehend "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden.

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 des Arbeitszeitgesetzes - AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. Nr. 446/1994, sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Art. 6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

Nach dem dem Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Tatvorwurf, hat er am 12. Jänner 1995 einen namentlich genannten Arbeitnehmer zu einer Lenkzeit von insgesamt elf Stunden herangezogen, "obwohl die Gesamtlenkzeit  zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen oder einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten darf und die Gesamtlenkzeit lediglich zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden darf".

Im Grunde dieses Tatvorwurfes ist aber weder aus dem Spruch des Straferkenntnisses noch aus der innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist mit gleichem Wortlaut ergangenen Verfolgungshandlung erkennbar, ob nun dem Bw die Heranziehung des Lenkers zu zwei ungesetzlichen Stunden oder einer ungesetzlichen Stunde (wegen Verlängerung der Gesamtlenkzeit auf zehn Stunden) vorgeworfen wird. Da dies einerseits im Hinblick auf das Verteidigungsrecht des Beschuldigten und andererseits im Hinblick auf das danach festzusetzende Strafausmaß von Entscheidungsrelevanz ist, Verfolgungsverjährung aber bereits eingetreten ist, mußte das Straferkenntnis mangels der erforderlichen Tatkonkretisierung in diesem Punkte wegen eingetretener Verfolgungsverjährung aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt werden.

Den zu diesem Punkt ergangenen Berufungsausführungen ist beizupflichten, daß zwar nach Art. 6 Abs.1  Unterabsatz 1 der EG-VO 3820/85 - wie der Bw zurecht erkannt hatte -  Pflichten des Lenkers ausgesprochen sind. Die Pflicht des Unternehmers, das "Umfeld entsprechend zu gestalten", indem ein Arbeitsplan für die Fahrer zur Einhaltung dieser Verordnung sowie der Verordnung Nr. 3821/85 zu erstellen sowie auch die Einhaltung der beiden Verordnungen regelmäßig zu überprüfen und bei Zuwiderhandlungen entsprechende Maßnahmen zu setzen sind, befindet sich erst im Art. 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85. Die Nichteinhaltung dieser Unternehmerpflichten wurde hingegen im AZG nicht unter Verwaltungsstrafe gestellt. Allerdings hat der Bw in seinen weiteren Ausführungen übersehen, daß sich eine Pflicht des Unternehmers nicht aus der zitierten Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, sondern vielmehr aus § 28 Abs.1a Z4 AZG dahingehend ergibt, daß er Lenker nicht über die in der zitierten Verordnung festgesetzten Lenkzeiten hinaus einsetzen darf. Es ist daher als Übertretungsnorm iSd § 44a Z2 VStG der § 28 Abs.1a Z4 AZG - weil hier der § 28 Abs.3 AZG nicht zum Tragen kommt - neben der entsprechenden Bestimmung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zu zitieren, wobei der Hinweis auf die genannte EG-VO lediglich die darin festgelegten Lenkzeiten ins nationale Recht rezipiert (argumentum "die gemäß Art. 6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit";  ein Verweis auf Pflichten in dieser Verordnung ist nicht zu entnehmen). Im Hinblick auf die weiteren Punkte des angefochtenen Straferkenntnisses wird auf die Judikatur des VwGH zur Rechtsfrage der Strafbarkeit des Unternehmers hingewiesen (VwGH vom 25.6.1996, Zl. 96/11/0062 bis 0065, vom 6.8.1996, Zl. 96/11/0113). Danach enthält Art. 15 Abs.5 der Verordnung EWG Nr. 3821/85 lediglich Verpflichtungen der Fahrer (der Arbeitnehmer); auch Art. 13 der Verordnung kann nicht als Bestimmung angesehen werden, die unmittelbar Verpflichtungen des Arbeitgebers auslöst, sondern Art. 13 hat demnach lediglich einen ankündigenden Charakter und stellt keinen Verwaltungsstraftatbestand dar. Hingegen ist die verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionierende Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung der Fahrer bei der Verwendung des Gerätes, also auch in Ansehung der Vornahme der gebotenen Eintragungen, nicht in Art. 13 der Verordnung EWG Nr. 3821/85 sondern offenbar in Art. 15 Abs.2 der Verordnung EWG Nr. 3820/85 zu finden, wonach das Unternehmen regelmäßig überprüft, ob diese beiden Verordnungen eingehalten worden sind und bei Zuwiderhandlungen die erforderlichen Maßnahmen ergreift, damit sie sich nicht wiederholen. Diese Bestimmung ist aber in § 28 Abs.1b Z2 AZG nicht zum Verwaltungsstraftatbestand erklärt worden.

Es war daher auch diesbezüglich mit Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen.

Den Berufungsausführungen zum Tatort ist entgegenzuhalten, daß sich die Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nur zu den in der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässigen Lenkzeiten einzusetzen, aus § 28 Abs.1a Z4 AZG ergibt, weshalb der Einsatz von Lenkern zu längeren Lenkzeiten vom Arbeitgeber im Unternehmenssitz in Österreich ausgeht. Der Unternehmenssitz ist der Ort, von wo aus der Lenker zu unzulässigen bzw ungesetzlichen Lenkzeiten eingesetzt wird. Damit ist der Tatort im Inland, nämlich am Unternehmenssitz, welcher auch im gegenständlichen Straferkenntnis benannt ist. Im übrigen ist auch noch anzumerken, daß die vom Bw angezogene Tatortjudikatur des VwGH zu Unterlassungsdelikten ergangen ist, während das gegenständliche Delikt ein Begehungsdelikt ist und daher der Tatort am Ort der Begehung liegt (vgl. "Einsetzen" in § 28 Abs.1a Z4 AZG). Einstellung.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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