RS UVS Oberösterreich 1997/06/05 VwSen-110055/2/Kl/Bk

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Veröffentlicht am 05.06.1997
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Rechtssatz

Gemäß Art.49 Abs.1 B-VG sind die Bundesgesetze und die im Art.50 bezeichneten Staatsverträge (das sind politische Staatsverträge, andere nur, sofern sie gesetzesändernden oder gesetzesergänzenden Inhalt haben und nicht unter Art.16 Abs.1 fallen) vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Gemäß Art.49 Abs.2 B-VG kann der Nationalrat anläßlich der Genehmigung von Staatsverträgen gemäß Art. 50 beschließen, daß der Staatsvertrag oder einzelne genau bezeichnete Teile des Staatsvertrages nicht im Bundesgesetzblatt, sondern in anderer zweckentsprechender Weise kundzumachen sind. Selbst für den Fall, daß es sich nicht um einen Staatsvertrag nach Art.50 B-VG handelt, ist nach § 2 Abs.1 lit.b des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985, BGBl. Nr. 200 (zum Tatzeitpunkt geltende und anzuwendende Rechtslage), das Bundesgesetzblatt bestimmt zur Verlautbarung  der Staatsverträge einschließlich ihrer Übersetzung in die deutsche Sprache unter Erklärung des Beitrittes zu Staatsverträgen sowie darauf bezüglicher Beschlüsse nach Art.49 Abs.2, nach Art.50 Abs.2 oder darauf bezüglicher Anordnungen nach Art.65 Abs.1 2. Satz B-VG, jedoch mit Ausnahme solcher Staatsverträge, die der Genehmigung des Nationalrates nicht bedürfen und sich ihrem Inhalt nach ausschließlich an Verwaltungsbehörden wenden.

Gemäß § 2 Abs.3 leg.cit. können außerdem die nach Abs.1 lit.b ausgenommenen Staatsverträge im Bundesgesetzblatt verlautbart werden.

Bei Staatsverträgen, die nicht nach Art.50 B-VG zu genehmigen sind, kann der Bundeskanzler durch Verordnung bestimmen, daß der Staatsvertrag oder einzelne genau bezeichnete Teile des Staatsvertrages nicht im Bundesgesetzblatt, sondern in anderer zweckentsprechender Weise, insbesondere durch Auflage bei geeigneten Stellen zur Einsicht während der Amtsstunden, kundzumachen sind. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn der Staatsvertrag oder einzelne Teile hievon bloß für einen beschränkten Kreis von Personen von Interesse sind und die Kundmachung im Bundesgesetzblatt im Hinblick auf den Umfang oder die technische Gestaltung einen wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand verursachen würde.

Unter der Voraussetzung, daß die genannte zwischenstaatliche Vereinbarung keinen nach Art.50 B-VG genehmigungspflichtigen Staatsvertrag darstellt, aber sehr wohl sich dem Inhalt nach nicht ausschließlich an Verwaltungsbehörden sondern auch an den individuellen Normadressaten richtet (dies ist anzunehmen, weil erst aus der genannten zwischenstaatlichen Vereinbarung zwischen Österreich und Ungarn ersichtlich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kontingenterlaubnis erforderlich ist, bzw welche Ausnahmen  anzuwenden sind, was auch die belangte Behörde ihrem Strafverfahren zugrundelegte, wäre daher die Vereinbarung im Bundesgesetzblatt kundzumachen gewesen, sofern nicht eine anderslautende Verordnung des Bundeskanzlers gemäß § 2 Abs.4 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985 erlassen worden ist. Eine solche Verordnung war dem O.ö. Verwaltungssenat nicht auffindbar. Schließlich liegt dem O.ö. Verwaltungssenat in weiteren anhängigen Berufungsverfahren eine  Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 27.6.1996, Zl.141.390/8-I/A-4/1996, vor, wonach zur oben angeführten Frage ua. ausgeführt wurde: "Das Abkommen normiert für den einzelnen Transportunternehmer keine subjektiven Rechte, es regelt, wie angeführt, nur die Beziehungen der Ministerien untereinander (Verwaltungsvereinbarung) eine Kundmachung dieses "Ressortübereinkommens" ist deshalb auch nicht erforderlich." Es liegt daher für den O.ö. Verwaltungssenat auf der Hand, daß eine Kundmachung nicht stattgefunden hat.

Es ist zwar richtig, daß mit Entschließung vom 31.12.1920, BGBl. Nr.1921/49, zum Abschluß von Staatsverträgen, die nicht unter Art.50 B-VG fallen, sofern sie weder als Staatsvertrag ausdrücklich bezeichnet sind, noch durch Austausch von Ratifikationsurkunden abgeschlossen werden, ermächtigt wird:

1. die Bundesregierung zum Abschluß von Regierungsübereinkommen,

2. der ressortmäßig zuständige BM im Einvernehmen mit dem BMA zu Ressortübereinkommen,

3. der ressortmäßig zuständige BM zu bloßen Verwaltungsübereinkommen (vgl.  Walter-Mayer, Grundriß des öst. Bundesverfassungsrechts, 8. A., RN 225).

Zweifelsohne handelt es sich auch beim gegenständlichen Übereinkommen im Sinn der obigen Ausführungen um einen Staatsvertrag, welcher aber auch Verpflichtungen für den Beförderungsunternehmer statuiert, weshalb er zumindest hinsichtlich dieser (außenwirkenden) Pflichten kundzumachen gewesen wäre.

Gemäß Art.89 Abs.1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze, Verordnungen und Staatsvertäge, soweit in diesem Artikel nicht anderes bestimmt wird, den Gerichten nicht zu. Gemäß Art. 129a Abs.3 B-VG gilt Art.89 sinngemäß auch für die unabhängigen Verwaltungssenate. Dies hat zur Folge, daß die Prüfung der Kundmachung durch die Gerichte selbst zu erfolgen hat und nicht gehörig kundgemachte Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge mangels gehöriger Kundmachung vom Gericht nicht anzuwenden sind. Es hat daher der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.6.1996, V2, 3, 60, 61/96, ausgesprochen: "nimmt ein Gericht eine fehlerhafte, daher rechtswidrige Kundmachung einer Verordnung an, so wird damit implizit die Anwendung der Verordnung durch das Gericht, damit aber weiter die Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art.89 Abs.2 B-VG und Art.139 Abs.1 B-VG ausgeschlossen".

Ist aber das genannte Abkommen mangels gehöriger Kundmachung nicht anwendbar, können daraus auch keine Ge- und Verbote für den Normunterworfenen abgeleitet und demzufolge auch keine Strafbarkeit des Normunterworfenen nach § 23 Abs.1 Z6 GütbefG  abgeleitet werden. Es hat daher der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Abschließend wäre daher die Folge der fehlenden Kundmachung und Nichtanwendung der zwischenstaatlichen Vereinbarung jene, daß nunmehr wieder eine Bewilligung des BM f. V. gemäß § 7 Abs.1 GütbefG erforderlich wäre, aber eine solche tatsächlich nicht vorliegt. Allein ein solchlautender Vorwurf wurde dem Bw zu keiner Zeit gemacht (danach wäre eine Übertretung nach § 23 Abs.1 Z3 GütbefG gegeben, wofür keine Mindeststrafe und nach § 24 GütbefG auch keine vorläufige Sicherheit vorgesehen ist).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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