RS UVS Oberösterreich 1997/12/15 VwSen-420159/7/Schi/Km

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Veröffentlicht am 15.12.1997
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Rechtssatz

Gemäß § 38a (Wegweisung und Rückkehrverbot bei Gewalt in Wohnungen) des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. Nr. 759/1996 ist aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und  deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen (Abs.1).

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind überdies ermächtigt, dem Betroffenen die Rückkehr in den nach Abs.1 bestimmten Bereich zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Rückkehrverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen (Abs.2).

Im Falle eines Rückkehrverbotes sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes verpflichtet vom Betroffenen die Bekanntgabe einer Abgabestelle für Zwecke der Zustellung einer Information über die Aufhebung des Rückkehrverbotes oder einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO zu verlangen. Unterläßt er dies, kann die Zustellung solcher Schriftstücke so lange durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch erfolgen, bis eine Bekanntgabe erfolgt; darauf ist der Betroffene hinzuweisen (Abs.3). Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind weiters verpflichtet, den Gefährdeten von der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO und von geeigneten Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs.2) zu informieren (Abs.4). Bei der Dokumentation der Anordnung eines Rückkehrverbotes ist nicht bloß auf die für das Einschreiten maßgeblichen Umstände, sondern auch auf jene Bedacht zu nehmen, die für ein Verfahren nach § 382b EO von Bedeutung sein können (Abs.5).

Die Anordnung eines Rückkehrverbotes ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich bekanntzugeben und von dieser binnen 48 Stunden zu überprüfen. Hiezu kann die Sicherheitsbehörde alle Einrichtungen und Stellen beiziehen, die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beitragen können. Die Bezirksverwaltungsbehörde als Sicherheitsbehörde kann überdies die im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Ärzte heranziehen. Sie hat, sobald sich ergibt, daß die Voraussetzungen für die Anordnung des Rückkehrverbotes nicht mehr bestehen, dieses aufzuheben und hievon den Betroffenen und den Gefährdeten unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die nach Abs.2 abgenommenen Schlüssel sind mit der Aufhebung des Rückkehrverbotes dem Betroffenen auszufolgen, im Falle eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO bei Gericht zu erlegen (Abs.6).

Das Rückkehrverbot endet mit Ablauf des siebenten Tages nach seiner Anordnung; es endet in Fällen, in denen das Gericht, die Sicherheitsbehörde von einem ohne unnötigen Aufschub eingebrachten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO in Kenntnis gesetzt hat, mit den vom Gericht bekanntgegebenen Tag der Entscheidung, spätestens jedoch nach 14 Tagen (Abs.7).

Gemäß § 87 SPG hat jedermann Anspruch darauf, daß ihm gegenüber sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur in den Fällen und derart ausgeübt werden, die dieses Bundesgesetz vorsieht. Nach § 88 Abs.2 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise (als durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt) durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist. Gemäß § 29 Abs.1 SPG darf, soweit sich ein Eingriff in Rechte von Menschen als erforderlich erweist, er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlaß und zum angestrebten Erfolg wahrt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Wegweisung bzw. das Rückkehrverbot am 11.8.1997 um 16.00 Uhr bei gleichzeitiger Aufhebung der um 15.15 Uhr erfolgten vorläufigen Festnahme gemäß § 177 Abs.1 iVm § 175 Abs.1 Z1 StPO ausgesprochen. Aufgrund der einstweiligen Verfügung des BG Linz zu AZ 2 C 111/97 gemäß § 382b EO, hat das von der Sicherheitsbehörde ausgesprochene Rückkehrverbot infolge der Anordnung des § 38a Abs.7 SPG am 13.8.1997 geendet. Es war im vorliegenden Fall daher der Ausspruch und die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes in der Zeit vom 11.8.1997, 16.00 Uhr bis 13.8.1997 als Beschwerdegegenstand zu prüfen.

Aufgrund des oben dargestellten maßgeblichen Sachverhaltes konnten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu Recht aufgrund der  geschilderten Umstände bestimmte Tatsachen annehmen, die die Wegweisung und das Rückkehrverbot im Sinne des § 38a Abs.1 SPG rechtfertigen. Auch die übrigen Voraussetzungen lagen vor: So wurde von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei ihrem Einschreiten das Verhältnismäßigkeitsgebot § 29 SPG gewahrt und dem Bf gestattet, weitere persönliche Sachen mitzunehmen; weiters wurde keinerlei Zwangsgewalt ausgeübt und auch vom Bf nicht behauptet (die vorläufige Festnahme um 15.15 Uhr gemäß § 177 iVm § 175 Abs.1 Z. 1 StPO erfolgte im Dienste der Strafjustiz und ist auch nicht angefochten worden); schließlich wurde ihm das Informationsblatt über die ausgesprochene Wegweisung und das Rückkehrverbot ausgehändigt, in welchem sich eine Aufzählung von Notschlafquartieren befindet. Der Bf hat zunächst die Bekanntgabe einer Abgabestelle für  Zwecke der Zustellung gemäß § 38a Abs.3 SPG verweigert; erst in der Beschwerde an den O.ö. Verwaltungssenat hat er die Adresse D, (bei L) angegeben. Weiters wurde das Rückkehrverbot eingehend dokumentiert und wegen der Abnahme der Wohnungsschlüssel eine Bestätigung ausgehändigt. Schließlich wurde entsprechend der Anordnung des § 38a Abs.6 SPG  die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes von der Sicherheitsbehörde (BPD Linz) bereits am 12.8.1997 überprüft.

Da sich auch sonst kein Anhaltspunkt einer Rechtswidrigkeit ergab und im übrigen das sicherheitsbehördliche Rückkehrverbot mit einstweiliger Verfügung des BG Linz vom 13.8.1997 gemäß § 382b EO durch ein gerichtliches Rückkehrverbot für die Dauer von drei Monaten ersetzt wurde, war die diesbezügliche Beschwerde des Bf als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Rückkehrverbot in Wohnung, Beschwerde, Kosten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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