RS UVS Oberösterreich 1998/05/28 VwSen-340013/8/Gf/Km

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Veröffentlicht am 28.05.1998
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Rechtssatz

Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 1.4.1998 durch Hinterlegung zugestellt. Mit diesem Tag - einem Mittwoch - begann die zweiwöchige Berufungsfrist des § 63 Abs.5 AVG zu laufen und endete daher gemäß § 32 Abs.2 AVG mit Ablauf des 15.4.1998. Nach dem auf dem im Akt erliegenden Kuvert befindlichen Poststempel scheint die vorliegende Berufung jedoch erst am 16.4.1998 zur Post gegeben worden zu sein.

In seiner zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung ergangenen Stellungnahme vom 18.5.1998 bringt der Rechtsmittelwerber vor, daß die Berufung von einem seiner Angestellten noch am 15.4.1998 zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr in den Postkasten geworfen worden und daher als rechtzeitig anzusehen sei.

Seitens des Postamtes L - Bahnhof wurde dazu grundsätzlich - und übereinstimmend mit dem Vorbringen des Berufungswerbers - festgestellt, daß es in dessen Rayon überwiegend sog. "normale" Briefkästen, die zwischen zwei- und viermal täglich geleert werden, gibt, wobei vom Abholer der Zeitpunkt der nächsten Entleerung jeweils manuell am Briefkasten eingestellt wird.

Vor dem Haupteingang des Postamtes L befindet sich ein Briefkasten, auf dem der Vermerk "Briefkastenleerung tägl. ab 10.00 alle 2 Stunden" angebracht ist. Wenn dieser Briefkasten gegen 22.00 Uhr entleert wird, stellt der Abholer manuell die Zahl "24" - gemeint:

24.00 Uhr - als Zeitpunkt der nächsten Entleerung ein. Zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr in diesen Briefkasten eingeworfene Briefe erhalten den Poststempel des nächsten Tages. Gleiches gilt für Postsendungen, die in einen der beiden sich im Inneren des Postamtes befindenden, mit "Briefe" gekennzeichneten Schlitze - denen kein Vermerk über Entleerungszeiten beigegeben ist - eingeworfen werden.

Daran, ob die Berufung entweder in den Briefkasten oder in einen der beiden Briefschlitze eingeworfen wurde, konnte sich der Angestellte des Rechtmittelwerbers nicht mehr erinnern; er hat aber dezidiert - und von der belangten Behörde unwidersprochen - angegeben, daß er die gegenständliche Berufung jedenfalls noch am 15.4.1998 zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr eingeworfen hat.

Gemäß § 24 VStG iVm § 32 Abs.2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen - wie jene für Berufungen nach § 63 Abs.5 AVG - mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat, wobei nach § 33 Abs.3 AVG die Tage des Postenlaufes in diese (prozeßrechtliche) Frist nicht eingerechnet werden.

Im vorliegenden Fall ist insoweit zwischen dem Rechtsmittelwerber und der belangten Behörde, die anläßlich der Berufungsvorlage die Frage einer allfälligen Verspätung releviert hat, allein strittig, ob die Zweiwochenfrist des § 63 Abs.5 AVG auch dann gewahrt ist, wenn die Berufung wohl vor dem Ende des letzten Tages der Berufungsfrist - nämlich zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr -, aber erst nach der letzten seitens der Postbehörde noch für diesen Tag intendierten Entleerung (22.00 Uhr) in den Briefkasten eingeworfen wurde.

Beginnend mit dem Erkenntnis VwSlg 6068 A/1963 und in der Folge in ständiger Rechtsprechung (vgl. beispielsweise VwGH v. 7.5.1982, 81/04/0136,0149 und jüngst v. 16.1.1996, 94/20/0224 sowie die weiteren Nachweise bei Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, Wien 1998, 460) vertritt der Verwaltungsgerichtshof hiezu grundsätzlich die Auffassung, daß für den - in die Frist nicht einzurechnenden - Beginn des Postenlaufes nur maßgeblich ist, wann das Schriftstück seitens der Post in Behandlung genommen, nämlich: wann der Briefkasten tatsächlich ausgehoben wird. Es muß daher das Schriftstück zumindest vor der letzten am Briefkasten vermerkten Aushebezeit in den Briefkasten eingeworfen werden, um als noch an diesem Tag und damit fristgerecht aufgegeben zu gelten.

Soweit ersichtlich, lag jedoch keiner dieser Entscheidungen eine solche Konstellation wie im gegenständlichen Fall zugrunde, wo seitens der Postbehörde als jeweils letzte Aushebezeit des Tages 22.00 Uhr intendiert ist - erkennbar daran, daß nach dieser Entleerung eingeworfene Briefe faktisch bereits den Poststempel des nächsten Tages erhalten -, sich jedoch jemandem, der zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr Briefe in diesen Kasten einwirft, der Vermerk "Briefkastenentleerung tägl. ab 10.00 alle 2 Stunden" in Verbindung mit der Zahl "24" darbietet.

Objektiv besehen und unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches kann darunter nämlich nur verstanden werden, daß dieser Briefkasten täglich um 10.00 Uhr, um 12.00 Uhr, usw, um 22.00 Uhr und um 24.00 Uhr entleert wird, wobei die Zeitangabe "24.00 Uhr" - im Gegensatz zu "00.00" Uhr - bedeutet, daß jener logisch identische Nullpunkt ("Mitternacht" iSd Art.3 Abs.1 des Europäischen Übereinkommens über die Berechnung von Fristen, BGBl. Nr. 254/1983), der sowohl das Ende des vergangenen als auch den Anfang des beginnenden Tages bezeichnet, noch dem bereits abgelaufenen - und eben nicht schon dem nächsten - Tag zuzurechnen ist (vgl. etwa die Zeitangaben im Österreichischen Amtskalender 1996/97, herausgegeben von A. Lütze - G. Rex, Wien 1996, wo für Mitternacht die Bezeichnung "-.-", für das Ende des Tages hingegen "24 Uhr" (siehe zB jeweils S 1024) und demgegenüber für den Beginn des Tages "0 Uhr" (siehe zB S 1036) verwendet wird).

Jene unter dem Erscheinungsbild "24" iVm dem Vermerk "Briefkastenleerung tägl. ab 10.00 alle 2 Stunden" vorgenommene Entleerung ist daher objektiv besehen - wenngleich von der Postbehörde nicht intendiert - jeweils noch dem abgelaufenen Tag zuzurechnen, sodaß sich gegenständlich die am 15.4.1998 zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr in diesen Briefkasten oder in einen der beiden sich im Inneren des Postamtes befindenden Schlitze eingeworfene Berufung als rechtzeitig erweist, obwohl sie den Poststempel "16.4.98" trägt, weil sie nicht nur tatsächlich, sondern auch im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am letzten Tag der Berufungsfrist noch vor der letzten für diesen Tag am Briefkasten vermerkten Aushebezeit eingeworfen wurde. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind, ist die vorliegende Berufung sohin zulässig.

Gemäß § 49 Abs.2 iVm § 49 Abs.1 Z19 und § 30 Abs.1 des Oö. Fischereigesetzes, LGBl. Nr. 60/1983, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 63/1997 (im folgenden: OöFischG), begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der es als Verfügungsberechtigter unterläßt, die Bewirtschafter der betroffenen Fischwässer von solchen Maßnahmen an Wasserkraft- und Stauanlagen, die eine Änderung der Wasserführung von Fischwässern bewirken können, nachweislich wenigstens zwei Wochen vorher, bei Gefahr in Verzug ohne unnötigen Aufschub, zu verständigen. Schon insoweit normiert die zitierte Vorschrift zwei unterschiedliche Delikte, nämlich die generelle Strafbarkeit der unterlassenen Verständigungspflicht und jene davon zu differenzierende bei Gefahr in Verzug. Dies ist im Hinblick darauf, daß sich der Rechtsmittelwerber schon in seiner Stellungnahme vom 7.1.1998 damit verantwortet hat, daß ein "Notfall" vorgelegen sei und somit von vornherein unterschiedliche Anforderungen insbesondere an die Nachweislichkeit der Verständigung zu stellen gewesen wären, von wesentlicher Bedeutung.

Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist nun aber nicht erkennbar, ob eine Bestrafung wegen des Grunddeliktes oder wegen des Spezialtabestandes erfolgte, weil dieser - in bloßer Anlehnung an den Gesetzestext - nur feststellt, daß der Bewirtschafter (welcher ?) nicht verständigt wurde.

Nach § 44a Z1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, muß die Tat im Spruch des Straferkenntnisses aber so eindeutig umschrieben sein, daß kein Zweifel daran besteht, wofür der Täter bestraft wurde (vgl zB VwSlg 11894 A/1985 - verst. Sen.); im übrigen ist dem Konkretisierungsgebot dieser Norm nur dann entsprochen, wenn alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale sachverhaltsbezogen individualisiert wurden, sodaß insbesondere die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes nicht hinreicht (vgl zB die Nachweise bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5.A 1996, 970). Diesem Anspruch vermag der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jedoch aus den bereits zuvor angeführten Gründen nicht gerecht zu werden.

Eine Spruchkorrektur durch den Oö. Verwaltungssenat kam schon im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung nicht in Betracht.

Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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