RS UVS Oberösterreich 1998/10/15 VwSen-240292/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 15.10.1998
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Rechtssatz

Die gegenständlich relevanten Gebotsnormen der §§ 3 und 4 LMKV 1993 betreffen erkennbar die bloße Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs.1 LMKV 1993). Sie haben ihre gesetzliche Grundlage im § 19 LMG 1975, der die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen regelt und eine Verordnungsermächtigung enthält. Hingegen ermächtigt der § 10 LMG 1975 den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz besondere Vorschriften für das Inverkehrbringen mit Verordnung zu erlassen, die zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten sind. Dabei geht es an sich nicht um bloße

Kennzeichnungsvorschriften. Beim Schutz des Verbrauchers vor Täuschung bestehen aber fließende Übergänge zur Kennzeichnung. Die LMKV 1993 gibt demnach auch den § 10 LMG 1975 als gesetzliche Grundlage an. Die gegenständlich maßgeblichen §§ 3 und 4 LMKV 1993 regeln die Kennzeichnung iSd § 19 LMG 1975, weshalb die belangte Behörde die Strafnorm des § 74 Abs.5 Z2 LMG 1975 und nicht die des § 74 Abs.5 Z1 leg.cit.

heranzuziehen hatte. Das Straferkenntnis war insofern zu korrigieren.

Nach dem § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs.1 LMKV 1993), sofern die §§ 5 bis 7 dieser Verordnung nichts anderes bestimmen, bestimmte Kennzeichnungselemente zu enthalten, die in mehreren Ziffern ausführlich beschrieben werden. Im vorliegenden Fall sind nachstehende Kennzeichnungselemente relevant:

§ 4 Z1 LMKV 1993 schreibt die Angabe der handelsüblichen Sachbezeichnung, § 4 Z2 LMKV 1993 die Angabe von Name (Firma oder Firmenschlagwort) und Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung und § 4 Z3 lit.a) LMKV 1993 die Angabe der Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Ware nach metrischem System vor. Nach § 3 Abs.1 lit.a LMKV 1993 müssen die Kennzeichnungselemente leicht verständlich sein und an gut sichtbarer Stelle deutlich lesbar und dauerhaft auf der Verpackung oder auf einem mit ihr verbundenen Etikett angebracht werden.

Im gegebenen Zusammenhang hätte die belangte Behörde daher auf die §§ 1 Abs.1, 4 Z1, Z2 und Z3 lit.a LMKV 1993 iVm § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften abstellen müssen.

Die Verletzung der oben angeführten Vorschriften der LMKV 1993 steht auf Grund des festgestellten Sachverhalts außer Frage. Der Bw hat dies auch nicht bestritten, sondern sinngemäß die Ansicht vertreten, mit seiner Kundschaft, dem O, Abweichungen vereinbaren zu dürfen. Die im Interesse aller Verbraucher vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Kennzeichnungsvorschriften sind aber nicht disponibel. Sie können durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht wirksam außer Kraft gesetzt werden. Auf die Beweggründe des Bw für die Mißachtung der Kennzeichnungsvorschriften kommt es nicht an. Da er für den Verbraucher bestimmte Lebensmittel hergestellt hat, hätte er die LMKV 1993 beachten und sich jedenfalls im Zweifel bei kompetenter Stelle informieren müssen. Die Einwände des Bw sind demgegenüber irrelevant. Sie zeigen nur, daß er eigenmächtig gehandelt hat. Für die Strafbarkeit wegen des gegenständlichen Ungehorsamsdelikts genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten, das dem Bw zumindest anzulasten ist. Seine Einlassung war nicht geeignet, ihn vom tatgegenständlichen Vorwurf zu entlasten.

§ 74 Abs.5 LMG 1975 sieht einen Strafrahmen bis zu S 25.000,-- vor. Mit der ausgesprochenen Strafe von S 300,-- hat die Strafbehörde diesen Strafrahmen lediglich mit 1,2 % ausgeschöpft. Auch die Ersatzfreiheitstrafe von 6 Stunden liegt unter 2 % des in Betracht kommenden Strafrahmens gemäß § 16 Abs.1 und 2 Satz 1 VStG von 2 Wochen. Die Geldstrafe wurde offenbar wegen ungünstiger Einkommens- und Vermögenssituation des Bw, auf die es bei Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht mehr ankommt, niedriger angesetzt. Diese milden Strafen bedürfen keiner weiteren Rechtfertigung.

Der von der Strafbehörde rechtsirrtümlich als Barauslage gemäß § 64 Abs.3 VStG und nicht nach der Sondervorschrift gemäß § 45 Abs.2 LMG 1975 zugesprochene Ersatz der von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung geltend gemachten Untersuchungskosten von pauschal S 850,-- war nicht zu bestätigen. Die eingereichte Probe "Bio-Ziegenkäse natur" sollte nach einem Vermerk des Lebensmittelaufsichtsorgans im Probenbegleitschreiben auf ihre Genußtauglichkeit untersucht werden. Insofern ergibt sich aus dem amtlichen Untersuchungszeugnis aber keinerlei Beanstandung. Die Darstellung im Befund nach sensorischer Prüfung und Bestimmung des pH-Wertes war offenbar neutral. Ein für den Schuldspruch relevantes Untersuchungsergebnis ist dem amtlichen Untersuchungszeugnis nicht zu entnehmen. Das im sog. Gutachten aufgezeigte Fehlen von Kennzeichnungselementen nach dem § 4 der LMKV 1993 war von der durchgeführten Untersuchung unabhängig und betraf in Wahrheit nur die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes, der auch ohne technische Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Lebensmittelchemie oder verwandter Gebiete erkennbar war. Die zuständigen Organe der belangten Behörde, denen die LMKV 1993 geläufig sein mußte, hätten daher auch ohne Befund und Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt ein Strafverfahren gegen den Bw einleiten müssen. Diese war zwar aufgrund der wahrgenommenen Verletzung von Kennzeichnungsvorschriften zur Anzeige an die zuständige Behörde gemäß § 44 LMG 1975 verpflichtet, konnte dafür aber keine Untersuchungskosten ansprechen, weil es um eine ausschließliche Rechtsfrage ging, deren Lösung keine technische Untersuchung erforderte.

Die Kostentragungspflicht nach § 45 Abs.2 LMG 1975 hängt erkennbar vom Schuldspruch wegen einer bestimmten strafbaren Handlung nach dem LMG 1975 ab, für den die amtliche Untersuchung durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt den Beweis lieferte. Sie kann sinnvoll nur so verstanden werden, daß der Ersatz der Kosten von ergebnisrelevanten Untersuchungen gemeint ist. Dies kann im gegenständlichen Fall gerade nicht behauptet werden, weshalb die von der belangten Behörde unkritisch ausgesprochene Verpflichtung des Bw zum Ersatz der Untersuchungskosten für das amtliche Untersuchungszeugnis zu UZ: /1997 aufzuheben war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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