TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/27 2001/07/0087

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Veröffentlicht am 27.07.2001
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
23/04 Exekutionsordnung;
80/06 Bodenreform;

Norm

EO §183;
FlVfGG §50 Abs2;
FlVfLG NÖ 1975 §42;
FlVfLG NÖ 1975 §43 Abs1 Z1;
FlVfLG NÖ 1975 §43 Abs1 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des J K in S, vertreten durch Dr. Michl Münzker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landskrongasse 5 (Tuchlauben 20), gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Mai 2001, Zl. LF6-F-6/2, betreffend Feststellung einer Flurbereinigungsmaßnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Dem mit der Beschwerde vorgelegten, von dieser in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht bestrittenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer beantragte am 3. Oktober 2000 bei der NÖ Agrarbezirksbehörde (ABB) unter Vorlage einer Ausfertigung des Beschlusses des Bezirksgerichtes K vom 26. Mai 2000, Zl. 4 E 3572/99 g - 38, mit dem an ihn eine näher bezeichnete Liegenschaft zugeschlagen worden war, mit der Begründung, eine Grunderwerbsteuerbefreiung erlangen zu wollen, "die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Wege einer Flurbereinigung" (offensichtlich gemeint: mit Bescheid festzustellen, dass der mit dem genannten Beschluss vom 26. Mai 2000 erfolgte Zuschlag zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich sei). Mit Bescheid vom 23. Oktober 2000 habe die ABB diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass weder ein verbücherungsfähiger Vertrag noch ein vor der Agrarbehörde abgeschlossenes Übereinkommen vorliege. Einem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren fehlte die für Verträge wesentliche Willensübereinstimmung, und es finde außerdem der Rechtserwerb konstitutiv, also nicht vom Recht jener Person ausgehend, der das Recht vordem zugekommen sei, statt. Eine Zuschlagserteilung sei einem Vertrag keinesfalls gleichzuhalten.

Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorgebracht, dass die Aufzählung der Erwerbsarten "Vertrag oder Übereinkommen" im FLG nicht taxativ wäre und die Zuschlagserteilung von diesen Erwerbsarten nicht ausgenommen wäre.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der NÖ Landesregierung (der belangten Behörde) wurde die Berufung gemäß §§ 40 und 42 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650/4 (FLG), iVm § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes der §§ 40 und 42 FLG aus, dass für die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 42 leg. cit. nur zwei Arten von Rechtsgeschäften, nämlich Verträge oder Übereinkommen, in Betracht kämen. Der Beschwerdeführer habe die dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Liegenschaften im Weg der Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren erworben. Während Verträge und Übereinkommen als zweiseitige Rechtsgeschäfte zu charakterisieren seien, weil an deren Abschluss mindestens zwei Personen beteiligt seien, fehle das Kriterium der Willensübereinstimmung zweier Personen bei einem Grunderwerb im Verlauf eines Zwangsversteigerungsverfahrens. In diesem Fall komme es weder zu einem Vertrag mit dem bisherigen grundbücherlichen Eigentümer, noch werde ein von der Agrarbehörde niederschriftlich protokolliertes Übereinkommen zwischen grundbücherlichem Eigentümer und Erwerber abgeschlossen. Der Eigentumserwerb durch gerichtliche Zuschlagserteilung sei von § 42 FLG mangels gesetzlicher Determinierung nicht umfasst, und es bleibe, weil die zitierten gesetzlichen Bestimmungen primär wörtlich auszulegen seien, für die vom Beschwerdeführer geforderte extensive Interpretation kein Raum.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 FLG sind dem Flurbereinigungsverfahren Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen), zu Grunde zu legen, wenn die Voraussetzungen der §§ 1 und 43 vorliegen und die Behörde mit Bescheid feststellt, dass die Verträge oder Übereinkommen zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind; in einem solchen Fall kann von der Erlassung des Einleitungsbescheides und des Flurbereinigungsplanes Abstand genommen werden. Nach § 43 Abs. 1 leg. cit. sind Voraussetzungen im Sinn des § 42, dass (Z. 1) im Fall eines Grundtausches sich durch diesen für mindestens einen Tauschpartner eine Verbesserung der Betriebsverhältnisse ergibt; (Z. 2) im Fall des Grunderwerbes auf eine andere Art, insbesondere durch Kauf, Schenkung oder gegen Leibrente, das Eigentum an den Grundstücken nicht an einen Verwandten in gerader Linie, den Ehegatten, ein Stiefkind, Wahlkind, Schwiegerkind oder ein in Erziehung genommenes Kind übertragen wird, die erworbene Grundfläche an eine Grundfläche des Erwerbers angrenzt und hiedurch (lit. a) die gemeinsame Bearbeitung beider Flächen ermöglicht wird oder (lit. b) sonstige Vorteile für deren Bewirtschaftung entstehen.

Die Beschwerde bringt vor, § 43 Abs. 1 Z. 2 FLG enthalte eine demonstrative Aufzählung von Arten des Grunderwerbs und es bestehe kein Grund, den Grunderwerb im Zug einer Exekution von den vorzitierten Regelungen auszunehmen. Auch seien die Begriffe "gerichtliche Exekution" und "freiwillige Feilbietung" unter dem Oberbegriff "öffentliche Versteigerung" zusammengefasst, wobei "letztere aber gewiss stark rechtsgeschäftlichen Charakter hat".

Entgegen der Beschwerdeansicht lässt § 42 FLG keinen Raum für einen Feststellungsbescheid, der den Eigentumserwerb im Weg des Zuschlags im Rahmen einer gerichtlichen Zwangsversteigerung zum Gegenstand hat. Vielmehr ergibt sich aus dem klaren Wortlaut dieser - vom Landesgesetzgeber in Ausführung des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 - erlassenen Gesetzesbestimmung in eindeutiger Weise, dass von dieser Regelung (nur) Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen), erfasst werden. Ebenso ist aus § 43 Abs. 1 Z. 2 FLG nichts für den Standpunkt des Beschwerdeführers zu gewinnen, handelt es sich doch bei den in dieser Bestimmung aufgezählten Erwerbstiteln - ebenso wie bei jenem des Tausches nach § 43 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. - um Verträge, somit rechtsgeschäftliche Willenseinigungen zweier oder mehrerer Personen im Rahmen der Privatautonomie, wozu der hoheitliche Akt der Zuschlagserteilung im Sinn des § 183 der Exekutionsordnung nicht zählt. Schließlich kann auch dahingestellt bleiben, ob eine freiwillige Feilbietung - die Beschwerde bezieht sich hiebei offensichtlich auf die Regelungen der §§ 267 ff Außerstreitgesetz -

auf Grund des "stark rechtsgeschäftlichen Charakters" von § 42 FLG umfasst ist. Denn eine Zuschlagserteilung im Rahmen eines gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahrens - und nur um eine solche geht es im vorliegenden Fall - weist jedenfalls keine einem Vertrag oder einem Übereinkommen im Sinn des § 42 leg. cit. ähnliche Merkmale auf, kommt es doch für die Zuschlagserteilung im Zwangsversteigerungsverfahren und den damit verbundenen Eigentumserwerb nicht auf eine Willensübereinstimmung zwischen dem Eigentümer der zwangsversteigerten Liegenschaft und dem Erwerber, dem diese zugeschlagen wird, an.

Die vom Beschwerdeführer geforderte Auslegung des § 42 FLG ginge daher über den eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung hinaus und verließe den Boden gesetzeskonformer Rechtsanwendung.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Juli 2001

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001070087.X00

Im RIS seit

17.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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