RS UVS Oberösterreich 1999/01/22 VwSen-600010/5/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 22.01.1999
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Rechtssatz

Gemäß § 58 Abs.2 Oö. Vergabegesetz entscheidet die Oö. Landesregierung als Nachprüfungsbehörde über einen Antrag eines Unternehmers, der ein Interesse am Abschluß eines diesem Landesgesetz unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber behauptet, und die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragt, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Gegen ihre Entscheidungen ist die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zulässig. Soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, gilt für das Nachprüfungsverfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 58 Abs.3 Oö. Vergabegesetz). Über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers ist in erster Instanz spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen des Antrages zu entscheiden, sofern nicht bereits die Zuschlagserteilung erfolgt ist. Gemäß § 73 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Gemäß Art. 1 Z47 des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 geändert wird, tritt die Bestimmung des § 73 mit 1.1.1999 in Kraft und es treten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von ua § 73 Abs.2 idFd Bundesgesetzes BGBl.I.Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des 31.12.1998 außer Kraft.

Aus dem vorgelegten Nachprüfungsakt geht hervor, daß die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 22.12.1997, bei ihr eingelangt am 30.12.1997, Kenntnis erlangte, daß der Zuschlag im eingangs genannten Vergabeverfahren an die E W AG erging. Der Nachprüfungsantrag vom 13.1.1998, bei der Nachprüfungsbehörde eingelangt am 14.1.1998, erging daher rechtzeitig und es begann daher die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 73 AVG iVm § 61 Abs.3 Oö. Vergabegesetz - weil bereits ein Zuschlag erteilt wurde - zu laufen und endete daher mit 14.7.1998. Der Devolutionsantrag ist daher zulässig. Er ist aber nicht begründet.

Gemäß § 73 Abs.2 letzter Satz AVG idF BGBl.I.Nr. 158/1998 ist nämlich ein Devolutionsantrag abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß der ständigen Judikatur des VwGH ist die Verzögerung der Entscheidung dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (alte Rechtslage zu § 73 Abs.2 AVG) zurückzuführen, wenn diese Verzögerung, von gesetzlichen Hindernissen abgesehen, weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr.

Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, E 57a und b und 58 zu § 73 mN). Ein ausschließliches Verschulden der Behörde an der Verzögerung kann nicht angenommen werden, wenn im Hinblick auf den Abspruchsgegenstand (Betriebsanlagenverfahren) und die damit im Zusammenhang durchzuführenden Erhebungen sowie unter Bedachtnahme auf die Verpflichtung der Behörde zur Einräumung des Parteiengehörs die Erforderlichkeit eines über die Dauer der Entscheidungsfrist des § 73 Abs.1 AVG hinausgehenden Ermittlungsverfahrens gegeben ist, ein Umstand, der aber die Behörde nicht ihrer Verpflichtung zu einer fallbezogenen, der Bestimmung des § 60 AVG entsprechenden Begründung der Entscheidung über einen Devolutionsantrag enthebt. Der Begriff des Verschuldens ist nicht im Sinn eines Verschuldens von Organwaltern, sondern insofern objektiv zu verstehen, als ein solches Verschulden dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war. Zu den dem Einflußbereich der Behörde entzogenen Hindernissen zählt ua auch die Notwendigkeit eines für die Entscheidung erforderlichen länger dauernden Ermittlungsverfahrens, sofern die Behörde das Verfahren auch durchgehend zügig betreibt und nicht etwa grundlos zuwartet oder überflüssige (nicht die konkrete Verwaltungssache betreffende) Verfahrenshandlungen setzt (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E 303 und 310 zu § 73 AVG mN).

Aufgrund dieser weiterhin sinngemäß anzuwendenden Judikatur konnte anhand der vorliegenden Aktenlage von einem überwiegenden Verschulden der Behörde nicht gesprochen werden. Der Nachprüfungsantrag stützt sich einerseits auf die Behauptung, daß die Preise des den Zuschlag erhaltenden Bestbieters unter Berücksichtigung aller Umstände nicht angemessen bzw nicht plausibel erklärbar und unter den Gestehungskosten seien, weshalb eine vertiefte Angebotsprüfung stattfinden hätte müssen, und daß die zum Zug gekommene Bieterin eine 100 %ige Tochter der Auftraggeberin der Stadt Wels sei und daher von der Vergabe auszuschließen gewesen sei. Von diesem Nachprüfungsantrag wurde einerseits unverzüglich die Auftraggeberin von der Nachprüfungsbehörde in Kenntnis gesetzt und es wurde auch die Antragstellerin mit Schreiben vom 23.1.1998 darauf hingewiesen, daß eine endgültige Entscheidung wegen der durchzuführenden ergänzenden Ermittlungen noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Nach Einholung einer diesbezüglichen Stellungnahme der Auftraggeberin wurde zu den Nachprüfungsbehauptungen eine Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt und ist auch diese zügig erfolgt. Das Ergebnis wurde der Antragstellerin mit Schreiben vom 17.3.1998 zur Kenntnis gebracht. Auch wurde im Hinblick auf eine durchgeführte Kostenschätzung im Auftrag der Auftraggeberin und in bezug auf eine vertiefte Angebotsprüfung eine Stellungnahme der Auftraggeberin eingeholt. In einer Stellungnahme vom 20.4.1998 hat die Antragstellerin die Unangemessenheit der Kostenschätzung behauptet und dargelegt und nachträgliche händische Korrekturen im Leistungsverzeichnis der zum Zug gekommenen Bieterin bemängelt. Im Hinblick auf die diesbezüglichen Erweiterungen der Nachprüfungsgründe wurde von der Nachprüfungsbehörde unverzüglich ein Sachverständigengutachten zur Preisgestaltung und zur Kostenschätzung, veranlaßt und auch mehrmals eingemahnt. Auch wurden weitere Stellungnahmen der Auftraggeberin und detailliertere Unterlagen eingeholt. Das Gutachten wurde am 3.8.1998 erstellt und sowohl der Auftraggeberin als auch der Antragstellerin umgehend zur Kenntnis gebracht. In einer weiteren Stellungnahme der Antragstellerin vom 2.9.1998 wurde auf die Verrechnung von Regiestundensätzen unter 10 S und auf Korrekturen nach der Angebotsabgabe aufmerksam gemacht und eine Beurteilung dieser Umstände beantragt. Es war daher erforderlich, daß die Nachprüfungsbehörde Originalunterlagen anforderte, das Parteiengehör bei der Auftraggeberin wahrte und eine Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen zu den behaupteten Unkorrektheiten einholte. Letztere erfolgte am 2.12.1998, also bereits nach Einbringung des Devolutionsantrages.

Im Grunde dieses Verfahrensganges ist der Nachprüfungsbehörde zuzustimmen, daß länger dauernde Ermittlungen erforderlich waren, insbesondere aber auch aufgrund der später eingebrachten Schriftsätze der Antragstellerin. Die Nachprüfungsbehörde hat das Verfahren zügig betrieben und auch zu keiner Zeit grundlos zugewartet. Überdies ist im Hinblick auf das Mehrparteienverfahren auch zur Wahrung des jeweiligen Parteiengehörs die erforderliche Zeit aufzuwenden. Die konkrete Verwaltungssache nicht betreffende Verfahrenshandlungen wurden nicht gesetzt, sodaß Verzögerungen nicht der Behörde anzulasten waren. Es konnte daher von unüberwindbaren Hindernissen gesprochen werden. Schließlich bewirkt aber der Abspruchgegenstand, nämlich ein Nachprüfungsverfahren nach Zuschlag, an sich umfangreiche Ermittlungen und eine intensive Auseinandersetzung mit Ausschreibungs- und Angebotsunterlagen, welche in der Regel sehr umfangreich sind. Ein grundloses Zuwarten mit notwendigen Verfahrensschritten war zu keiner Zeit festzustellen. Aus all den angeführten Gründen war daher ein überwiegendes Verschulden der Behörde im Hinblick auf die Verzögerung der Entscheidung nicht festzustellen und es war daher spruchgemäß der Devolutionsantrag abzuweisen.

Schlagworte
kein überwiegendes Verschulden der Behörde, umfangreiche Ermittlungen im Nachprüfungsverfahren
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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