TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/27 2000/08/0122

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Veröffentlicht am 27.07.2001
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §16a Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 24. September 1998, Zl. 121.034/3-7/98, betreffend Selbstversicherung gemäß § 16a ASVG (mitbeteiligte Partei: E in W, vertreten durch Dr. Ingeborg Reuterer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Friedrichstraße 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Mitbeteiligte ab 1. Mai 1993 bis laufend gemäß § 16a ASVG zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt sei. Zwischen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt war im Verfahren strittig, ob in Ansehung des Beschwerdeführers der Ausschließungsgrund des § 16a Abs. 2 Z. 2 ASVG vorlag, nämlich, ob der Mitbeteiligte einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung nach einem Sozialhilfegesetz der Länder hatte. Die belangte Behörde hat diese Frage im angefochtenen Bescheid mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer habe zwar im Zeitraum vom 19. April 1993 bis 13. Oktober 1998 durchlaufend Geldleistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Wiener Sozialhilfegesetz bezogen, jedoch seien diese Geldleistungen Monat für Monat mit Bescheiden zuerkannt worden, sodass in Ermangelung einer Dauerleistung das Element einer "monatlich wiederkehrenden Leistung" in § 16a Abs. 2 Z. 2 ASVG nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Aus Anlass der Behandlung dieser Beschwerde sind beim erkennenden Senat Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wendung "oder nach einem Sozialhilfegesetz der Länder" in § 16a Abs. 2 Z. 2 ASVG in der Fassung des Art. I Z. 1a der 50. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 676/1991, entstanden. Mit Beschluss vom 16. März 1999 stellte der Gerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG den Antrag, die genannte Wendung als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2000, G 59/99-13, hat der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der durch die 50. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 676/1991, eingeführte § 16a ASVG lautet im hier interessierenden

Zusammenhang auszugsweise:

"Selbstversicherung in der Pensionsversicherung

§ 16a. (1) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und nicht in einer gesetzlichen Pensionsversicherung pflicht- oder weiterversichert oder die nicht im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, angeführt sind, können sich, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist, in der Pensionsversicherung selbstversichern.

(2) Von der Selbstversicherung sind Personen für die Zeit ausgeschlossen, während der sie

1. zu einer Weiterversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt sind oder gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 berechtigt wären,

2. einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung oder nach einem Sozialhilfegesetz der Länder haben oder

3. in einem öffentlich-rechtlichen oder unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder zu von solchen Körperschaften verwalteten Betrieben, Anstalten, Stiftungen und Fonds stehen, wenn ihnen aus ihrem Dienstverhältnis die Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenuss zusteht oder die auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe(Versorgungs)genuss beziehen, der den Leistungen der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz gleichwertig ist (§ 6).

(3) Die Selbstversicherung beginnt, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs. 1 Z 3, mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. War der Antragsteller in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz

1. bereits versichert, so ist der Antrag bei dem Träger der Pensionsversicherung einzubringen, bei dem er zuletzt versichert war; war er zuletzt in mehreren Pensionsversicherungen nach diesem Bundesgesetz versichert, steht es ihm frei, für welche der in Betracht kommenden Pensionsversicherungen er sich entscheidet;

2. nicht versichert oder in der Pensionsversicherung nach einem anderen Bundesgesetz versichert, so ist der Antrag bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einzubringen."

(Durch die Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 - Art. 7 Z. 31 ASRÄG 1997 - wurde zwar in der Folge im ersten Absatz die Wendung "§ 2 Abs 1" durch "§ 2" ersetzt; dies berührt jedoch nicht die Rechtslage im hier maßgebenden Zusammenhang)

Die Auffassungsunterschiede zwischen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt bestehen im Folgenden:

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass ein "bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung ... nach einem Sozialhilfegesetz der Länder" nur im Falle einer unbefristet zuerkannten, monatlich wiederkehrenden Geldleistung (im Sinne des Wiener Sozialhilfegesetzes: einer Dauerleistung) vorliege; die dazu von der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt vertretene Gegenposition geht dahin, dass die tatsächliche monatliche Wiederkehr des (je mit Bescheid erfolgten) Gewährens einer Geldleistung genüge, wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt habe: der Mitbeteiligte hat vom 22. April 1993 bis 13. Oktober 1998 im Wesentlichen durchlaufend aufgrund monatlicher Anträge monatlich wiederkehrende Geldleistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Wiener Sozialhilfegesetz bezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hält an seiner bereits im Vorlagebeschluss vom 16. März 1999 geäußerten Rechtsauffassung fest:

Die Auslegung, die § 16a Abs. 2 Z. 2 ASVG durch die belangte Behörde erfährt, läuft letztlich darauf hinaus, dass zwischen befristeten (monatlich zuerkannten) und unbefristet zuerkannten Leistungen dieser Art für die Berechtigung zur Selbstversicherung differenziert würde. Dies findet nicht nur im (wenn auch auslegungsbedürftigen) Wortlaut der angefochtenen Norm keine zwingende Stütze, eine solche Auslegung dürfte insoweit, als eine Differenzierung ungeachtet gleicher Höhe und monatlicher Wiederkehr derselben Leistung vorgenommen wird, mit dem Gleichheitssatz im Widerspruch stehen und überdies keine für alle Bundesländer gleichmäßige Vollziehung des § 16a ASVG erlauben (zur Zulässigkeit einer befristeten Zuerkennung von Geldleistungen und zum Teil länderweise unterschiedlichen Praxis, aber auch Rechtslage vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 429 f - mit Hinweisen auf den Begriff des (nur unter bestimmten, gesetzlichen Voraussetzungen mit einer unbefristet zuerkannten Geldleistung ausgestatteten) "Dauerunterstützten" nach den Sozialhilfegesetzen des Burgenlandes, Kärntens und Wiens - sowie 449).

Der Verwaltungsgerichtshof tritt daher der Auffassung der Beschwerdeführerin bei, wonach der Begriff "wiederkehrende Geldleistung" in § 16a Abs. 2 Z. 2 ASVG nicht mit jenem der Dauerleistung, wie etwa nach dem Wiener Sozialhilfegesetz gleichgesetzt werden darf. Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung (und damit der Einstieg in das System der gesetzlichen Pensionsversicherung für Personen, die zur freiwilligen Weiterversicherung nicht berechtigt sind) ist vielmehr für jeden Monat ausgeschlossen, für den eine Geldleistung nach einem Sozialhilfegesetz eines Landes als Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt worden ist, mögen diese Leistungen auch über einen längeren Zeitraum Monat für Monat zuerkannt werden.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juli 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000080122.X00

Im RIS seit

28.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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