RS UVS Oberösterreich 1999/05/05 VwSen-280439/5/Ga/Fb

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Veröffentlicht am 05.05.1999
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Rechtssatz

Wie schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde bestreitet der Berufungswerber die objektive Tatseite auch in seinem Rechtsmittel nicht. Der maßgebende Sachverhalt wurde von der belangten Behörde in einem die Verteidigungsrechte des Beschuldigten wahrenden Verfahren vollständig ermittelt; in der rechtlichen Beurteilung wurde die Tatbestandsmäßigkeit zutreffend angenommen. Der Sachverhaltsfeststellung durch die belangte Behörde und - im Ergebnis - der rechtlichen Beurteilung schließt sich der Oö. Verwaltungssenat an. Danach steht fest, daß vorliegend unter den im Schuldspruch näher angeführten, hinsichtlich der Beschaffenheit der Künette auf Faktum

1. des angefochtenen Straferkenntnisses verweisenden Umständen der Arbeitnehmer in eben dieser Künette zur Verrichtung bestimmter Arbeiten sich befunden hatte und dadurch der dort bestandenen Einsturzgefahr ausgesetzt gewesen ist und dennoch eine geeignete Ausstiegshilfe zum schnellen und sicheren Verlassen dieses gefahrvollen Arbeitsplatzes nicht vorgekehrt worden ist. In der rechtlichen Beurteilung unstrittig ist dabei die Bewertung der ungesichert gewesenen, dem Betretungsverbot gemäß § 48 Abs.7 BauV daher unterworfenen, dennoch zur Verrichtung bestimmter Arbeiten betretenen Künette als ?Arbeitsplatz? im Sinne BauV/ASchG, sodaß auch aus diesem Blickwinkel keine Bedenken gegen die Erfüllung der objektiven Tatbestandsmäßigkeit zu hegen waren.

Der Berufungswerber bestreitet auch nicht seine verwaltungsstrafrechtliche Haftung als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG verantwortlicher Beauftragter.

Er bringt jedoch vor, daß ihm in diesem Fall kein persönlicher Schuldvorwurf gemacht werden dürfe, weil im Bereich der Baustelle, wenngleich nicht im Bereich der Künette, mehrere Leitern gelagert und die Arbeitnehmer über die Verfügbarkeit der Leitern auch entsprechend informiert gewesen seien. Darüber, daß er unter Umständen die Künette rasch verlassen können muß, sei sich der Arbeitnehmer im Klaren gewesen. Er habe sich jedoch darüber vergewissert bzw darauf vertraut, daß er die Künette über einen in der Längsrichtung bei einer Schräge abgestellt gewesenen Bagger ohne Schwierigkeiten werde verlassen können. Weil aber der Arbeitnehmer die Künette trotz Verbotes betreten hatte, habe den Berufungswerber auch nicht die Pflicht getroffen, für genügend Ausstiegshilfen aus der Künette Sorge zu tragen.

Mit diesem Vorbringen verhilft der Berufungswerber seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Er übersieht, daß die im § 6 Abs.6 BauV niedergelegte Sorgepflicht nicht unter dem Vorbehalt des rechtmäßigen Betretens solcher gefahrengeneigter Arbeitsplätze steht. Konnte nach den Umständen dieses Falles schon nicht ausgeschlossen werden, daß Arbeitnehmer entgegen allgemeinen Anweisungen und in Kenntnis der aktuell bestehenden Gefahr dennoch in die Künette hinabsteigen, um dort auftragsgemäße Arbeiten zu verrichten (konkret hier: Rohrverlege- bzw Betonierarbeiten), so mußte der dadurch gegebene Arbeitsplatz mit geeigneten, dh schnellen und sicheren Ausstiegshilfen fürsorglich, dh schon zugleich mit der Herstellung der Künette, versehen werden. Der nach den diesbezüglich unpräzisen Angaben des Arbeitnehmers "in Längsrichtung" (wo genau?) abgestellt gewesene Bagger ist keine von dieser Schutzvorschrift gemeinte Ausstiegshilfe.

All dies zugrunde legend aber ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auch für dieses Faktum die Erfüllung der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit angenommen hat. Indem nämlich die belangte Behörde hiezu im wesentlichen ausführte, daß mit den vom Berufungswerber erwähnten Sicherheitsunterweisungen und der Erteilung von Anordnungen allein noch nicht die - im übrigen von der Rechtsprechung auf ein durchaus strenges, freilich auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit stehendes Niveau gehobenen - Überwachungspflichten des Arbeitgebers bzw des für ihn einstehenden Organs erfüllt sind und, davon abgesehen, vorliegend das Vorhandensein eines tauglichen, dh im betrieblichen Alltag auch wirksam gehandhabten Instruktions- und Kontrollsystems zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vom Berufungswerber in keiner Weise initiativ dargelegt worden sei, so ist ihr darin nicht entgegenzutreten. Auch der Berufungsschriftsatz enthält derartige Darlegungen, mit denen dieses Kontrollsystem in allen maßgeblichen Einzelheiten behauptet und wenigstens bescheinigt werden müßte, nicht.

Im Ergebnis war somit auch die subjektive Tatbestandsmäßigkeit anzunehmen und aus allen diesen Gründen der Schuldspruch zu bestätigen.

Der vom angefochtenen Schuldspruch so formulierte Tatvorwurf, wonach der namentlich genannte Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle keinen Schutzhelm trug, umschreibt für sich allein noch kein iSd § 130 Abs.5 Z1 ASchG strafbares Zuwiderhandeln des Arbeitgebers gegen eine ihn verpflichtende Arbeitnehmerschutzvorschrift. Strafbar wäre das Nichttragen des Schutzhelmes durch den Arbeitnehmer für den Arbeitgeber - sachverhaltsbezogen - nur unter der einen Voraussetzung, daß er einen geeigneten solchen Schutzhelm dem Arbeitnehmer entgegen § 27 Abs.1 schon nicht zur Verfügung gestellt hat, oder unter der anderen Voraussetzung, daß er als Arbeitgeber den Schutzhelm (zum gebotenen Gebrauch durch den Arbeitnehmer) zwar zur Verfügung gestellt, jedoch entgegen § 22 Abs.1 BauV die tatsächliche Verwendung des Helms durch den Arbeitnehmer nicht bzw nicht (im Sinne der Judikatur) ausreichend überwacht hat.

Ein den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG genügender Tatvorwurf hätte (schon mit der ersten Verfolgungshandlung, das ist hier die AzR vom 13. März 1998), anknüpfend an das Faktum des Nichttragens des Schutzhelmes, sich für den bestimmten Vorwurf der Verletzung der einen Pflicht oder der anderen Pflicht entscheiden müssen. Vorliegend aber wurde, noch dazu in bloß abstrakter Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, gleichwertig die Verletzung beider Pflichten undifferenziert angelastet. Mit der dadurch einhergehenden Unbestimmtheit vermochte dieser Vorwurf die Verjährungsfrist jedoch nicht zu unterbrechen, sodaß, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist, dieser Schuldspruch aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen war.

Diese, vom Oö. Verwaltungssenat amtswegig aufzugreifen gewesene Unbestimmtheit des Tatvorwurfs war auch nicht etwa dadurch als saniert zu werten, daß der Berufungswerber nach der Aktenlage sich dahin verantwortet hatte, daß der Schutzhelm dem Arbeitnehmer sehr wohl zur Verfügung gestellt gewesen und dieser Umstand auch durch den zeugenschaftlich vernommenen Arbeitnehmer nicht bestritten worden sei.

Schlagworte
Arbeitsplatz; Künette; Betretungsverbot; Sorgetragungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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