RS UVS Vorarlberg 1999/09/09 1-0655/98

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 09.09.1999
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VG zu betrachten und damit verfassungswidrig. Rechtssatz

Der Beschuldigte hat nach einem Unfall die Durchführung eines Alkomattests abgelehnt. Auf eine nachfolgende Aufforderung zur Einwilligung für die Durchführung einer Blutabnahme reagierte er nicht. Da er nach Auffassung der Gendarmeriebeamtin das Fehlen der Wahrnehmungsfähigkeit nur simulierte, sicherte sie die sterilen Binden, die an der Unfallstelle von der Rettung beim Beschuldigten verwendet worden waren. Diese wurden in der Folge in ein Reagenzglas ausgepresst. Das diesbezügliche Alkohol-Untersuchungsgutachten ergab einen mittleren Alkoholgehalt von 0,936 Promille. Die Frage, ob die durch den oben geschilderten Vorgang erhaltene Blutprobe als Beweismittel verwendet werden darf oder nicht, muss insbesondere im Lichte des Art90 Abs2 B-VG, der für das Strafverfahren den Grundsatz des "Anklageprozesses" normiert, und dem daraus abgeleiteten "Verbot des Zwanges zur Selbstbeschuldigung" geprüft werden. Ein Grundrecht, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, ist weiters auch dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK zu entnehmen. Auch im Zusammenhang mit der Bestimmung des §5 Abs6 StVO hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, jeder gegen einen Beschuldigten gerichtete behördliche  Eingriff, der diesen unter Strafsanktion verpflichte, an der Wahrheitsfindung durch ein mündliches Geständnis oder dergestalt mitzuwirken, dass er seinen Körper für medizinische Eingriffe, mit anderen Worten als Beweismittel (gegen sich selbst) zur Verfügung stelle, widerspreche dem Anklageprinzip (VfSlg 11.923). Mit Rücksicht auf diesen verfassungsrechtlichen Grundsatz des Anklageprinzips hatte der Gesetzgeber den §5 Abs6 StVO als Verfassungsbestimmung zu beschließen, um damit zum Zwecke der erleichterten strafrechtlichen Verfolgung von bestimmten Verkehrsdelikten eine Ausnahmebestimmung zu schaffen. Die Bestimmungen des §5 Abs6 StVO sind jedoch auf Grund ihrers Ausnahmecharakters restriktiv auszulegen. Nach Auffassung des UVS Vorarlberg käme die Verwertung der gegenständlichen Blutprobe einer Umgehung des §5 Abs6 iVm §99 Abs 1 litc StVO gleich und wäre mit dem Ausnahmecharakter der Bestimmung nicht zu vereinbaren. Jede Vorgangsweise zur Erlangung einer Blutprobe zur Feststellung einer Alkoholisierung, die in den Bestimmungen des §5 StVO keine Deckung findet, ist als im Widerspruch zu Art90 Abs2

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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