RS UVS Oberösterreich 2001/01/22 VwSen-107378/5/Br/Bk

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 22.01.2001
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gleichlautende Entscheidung zu VwSen-107379/3/Br/Bk und 107380/3/Br/Bk vom 22. Jänner 2001; Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anhängig Rechtssatz

Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f (für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen...)). Der Absatz 1 leg.cit. normiert, dass an Straßen außerhalb von Ortsgebieten diverse Ankündigungen nur mit in der StVO normierten Hinweiszeichen erfolgen dürfen.

Die Behörde erster Instanz scheint weiterhin beharrlich die aus h. Sicht unzutreffende Rechtsauffassung zu vertreten, dass sich gegenständliches Verbot nicht nur auf außerhalb des Ortsgebietes an Straßen innerhalb von 100 m vom Fahrbahnrand angebrachte Werbungen erstreckt, sondern auch auf solche, die wohl an Straßen im Ortsgebiet, aber weniger als 100 m vom Rand einer Freilandstraße entfernt positioniert sind, erstreckt!

Auch mit dem Hinweis auf ein, als der gegenständlichen Rechtsansicht entgegenstehend interpretierbares Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 19.10.2000, VwSen- 107147/6/Sch/Rd, ist für die Behörde erster Instanz nichts zu gewinnen, weil diesem Erkenntnis eine - wenn auch durchaus nachvollziehbare - Interpretation des VwGH-Erk v. 6.6.1984, 84/03/0016 zu Grunde liegt, ohne aber das Gesetz als solches vergleichbar zu interpretieren. Aus diesem Grunde besteht selbst trotz der zwischenzeitig beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gemachten Amtsbeschwerde vorläufig keine Veranlassung von der hier dargelegten, aus verfassungsrechtlicher Sicht überzeugenderen Rechtsauffassung abzugehen. Auch ein Aussetzen des h. Verfahrens scheint angesichts der nicht absehbaren Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Blick auf das Recht auf möglichst rasche Entscheidung iSd Art. 6 MRK und die gesetzliche Entscheidungsfrist nach § 51 Abs.7 VStG nicht geboten.

Wenn die Behörde erster Instanz im Rahmen ihrer Berufungsverhandlung abermals auf das o.a. Erkenntnis verwies, wobei darin der angefochtene Bescheid unter Anwendung des § 44a lit.a (jetzt Z1) VStG jedoch zu einer Aufhebung führte, stellte auch dieses Erkenntnis offenbar auf ein zumindest teilweises Anbringen "AN" einer nicht zum Ortsgebiet gehörenden Straße ab, sodass die darin zum Ausdruck gelangende Rechtsauffassung zumindest in dieser generalisierenden Form auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar ist. Noch weniger ist eine Reduktion des Regelungsziels auf die bloße Sichtbarkeit zulässig. Dies lässt sich, wie bereits mehrfach dargetan, aus dem Gesetzeswortlaut nicht ableiten, sodass eine Interpretation dahingehend der Regelung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen würde.

Dem Wortlaut des § 84 Abs.2 StVO 1960 folgend, ist das Anbringen von Werbungen und Ankündigungen an Straßen, die zu einem Straßennetz gehören, das außerhalb eines von den genannten Hinweiszeichen umschlossenen Gebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand liegt, verboten.

Dem allgemeinen Sprachempfinden nach sind demnach im Ortsgebiet angebrachte Werbungen vom Verbot eben nicht umfasst. In diesem Sinn auch UVS-Tirol v. 21.10.1996, Zl:

18/53-2/1996, der als Tatbestandsmerkmal dieser Übertretung einerseits den Begriff "außerhalb von Ortsgebieten" und zudem "innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand," erblickt.

Der Ausgangspunkt der hier der Behörde erster Instanz und auch der Bf scheinbar unterlaufenden Fehlinterpretation könnte in einem bloß oberflächlichen Studium des VwGH-Erkenntnisses vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0181, vermutet werden. Dort wird auf Seite 7 (oben) wörtlich ausgeführt:

"Entscheidend dafür, dass Werbungen bzw. Ankündigungen vom Verbot des § 84 Abs.2 StVO umfasst sind, ist daher deren Anbringung an Straßen, die zu einem Straßennetz gehören, das außerhalb eines von den genannten Hinweiszeichen umschlossenen Gebietes liegt, innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand, unabhängig davon, ob der Anbringungsort geografisch noch zum Stadtgebiet gehört."

Gemeint ist damit offenkundig, dass die Werbung eben nicht außerhalb eines von § 2 Abs.1 Z15 StVO definierten Bereiches liegen darf, es sei denn, sie befindet sich ohnedies mehr als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt. Offenbar wird in Auslegung dieses Erkenntnisses kein Unterschied zwischen dem geografischen Ortsgebiet und dem Ortsgebiet iSd § 2 Abs.1 Z15 StVO gemacht.

Bereits im nächsten Satz des zuletzt genannten Erkenntnisses wird nämlich ausgeführt, "dass keine Rede davon sein kann, dass bei der Auslegung des Begriffes Ortsgebiet im Sinne des § 2 Abs.1 Z15 StVO bereits 100 m innerhalb des Ortsgebietes keine Werbungen mehr angebracht werden dürften, da diese Konsequenz nur bei der - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - unrichtigen Annahme, die 100 m-Entfernung sei auch entlang der Straße zu messen, eintreten würde." Schließlich fügte der Verwaltungsgerichtshof seinen Ausführungen noch hinzu, "die fallbezogenen Werbungen hätten sich hier "innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand nach dem Hinweiszeichen "Ortsende" befunden. Auch das Höchstgericht stellt in diesem Erkenntnis offenbar ganz klar auf die Position der angebrachten Werbung - nämlich, ob innerhalb oder außerhalb des Ortsgebietes (im Sinne des § 2 Abs.1 Z15 StVO) - und lediglich nicht ob geografisch noch zum (politischen) Stadt- oder Ortsgebiet gehörend - ab. Auch mit diesem Erkenntnis gelangt man zu der hier vertretenen Rechtsauffassung.

Daher darf abschließend nochmals hervorgehoben werden, dass es die Funktion des Verwaltungsrechts ist, das Handeln der Verwaltung an das Gesetz zu binden, um damit dem Prinzip der Gewaltentrennung folgend, das Gesetz der Disposition durch die ihm unterworfenen Organe möglichst zu entziehen. Dem wurde hier seitens der Behörde erster Instanz wohl entgegen agiert, wenn hinsichtlich der seit Jahren durch Anbringen von Werbungen bewirtschafteten Plakatwänden plötzlich Strafverfahren eingeleitet wurden. Die Motive hierfür können in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Wie oben schon erwähnt, lässt sich das Erkenntnis des VwGH vom 6.6.1984, 84/03/0016, auf welches sich die Behörde erster Instanz hier überwiegend zu stützen scheint, für diese spezifischen Falllagerungen nicht gleichsam analog anwenden. Dieses interpretiert wohl das Ziel des Gesetzeswortlautes und den Gesetzeszweck dahingehend, dass hierbei "jeweils auf alle Straßen, in deren Blickfeld, den der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus gerechnet festgelegt habe, die Werbung oder Ankündigung fällt, abzustellen ist." Es wird in diesem Erkenntnis erklärend schließlich auf das Erkenntnis vom 27. Juni 1978, Z 101/78 verwiesen, worin ausgesprochen wurde, dass 'eine Werbung oder Ankündigung' (gemeint wohl die Ankündigung als technisches Gebilde), die von zwei Straßen (was dort der Fall gewesen wäre) deutlich zu erkennen gewesen sei und "die sich hinsichtlich der einen 'in einem Bereich befunden habe', der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet (§ 2 Abs.1 Z15) gehörte und daher dem Verbot des § 84 Abs.2 StVO nicht unterlegen gewesen sei, hinsichtlich der zweiten aber 'in einem Bereich', der nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet iS des § 2 Abs.1 Z15 StVO festgelegt gewesen sei, unter das Verbot des § 84 Abs.2 StVO fiele." Auch dieses Erkenntnis lässt nach h. Auffassung erkennen oder lässt sich zumindest noch dahingehend auslegen, dass es wohl nur auf die Lage der Werbung ankommen kann und nicht auf deren weithin unbestimmbare und sich gegebenenfalls ändernde Sichtbarkeit. Im damaligen Fall handelte es sich offenbar um eine Werbung, die so knapp am Ortsgebiet aufgestellt war, dass sie offenbar in ihren Ausmaßen den definierten Bereich des Ortsgebietes (noch) überragte und damit - weil sie (auch zusätzlich noch) weniger als 100 m von einer außerhalb des Ortsgebietes liegenden Straße lag und von dort (auch) sichtbar war, vom Verbot erfasst wurde. Auf die Sichtbarkeit alleine kann der Gesetzgeber schon deshalb nicht abgestellt haben, weil diese jahreszeitbedingt durch die Vegetation starken Veränderungen unterworfen ist. Daher ist nach h. Auffassung ausschließlich auf die Positionierung (gänzlich) im oder außerhalb des Ortsgebietes abzustellen. Dafür ist schließlich auch noch die Textierung des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286/1971, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 182/1999 ins Treffen zu führen, worin - von Bewilligungsmöglichkeiten abgesehen - Werbungen und Ankündigungen dezidiert in einer Entfernung von 100 m entlang der Bundesautobahnen (§ 21 Abs. 4) nicht errichtet werden dürfen. Zu dieser Formulierung hätte der Gesetzgeber wohl auch gegriffen, hätte er auch bei Werbungen in Ortsgebieten die 100 m-Grenze zu außerhalb desselben liegenden Straßen hinsichtlich des Verbotsumfanges im Auge gehabt.

Als unerlässlich wird es vor allem auch vom Verfassungsgerichtshof erachtet, dass der Tatbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit eine Verbotsnorm kennzeichnet; dass ferner, wenn der strafbare Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm besteht, der Unrechtsgehalt eines Unterlassens eindeutig erkennbar ist; dass schließlich der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muss, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag (VfSlg 12947 mit Hinweis auf umfangreiche Vorjudikatur).

Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle auch bleiben, dass mit der Sicht des Bf gleichsam bei jedem Straßenzug, der nicht Ortsgebiet iSd § 2 Abs.1 Z15 StVO ist, (etwa Überführungen) gleichsam ein "werbefreier" Korridor von beidseitig 100 m zu einem solchen Straßenzug bestehen müsste, um damit der hier vorgeblichen Rechtsauffassung Rechnung zu tragen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die Plakatwerbung auf den Ortskern beschränkt bliebe und somit diesem Segment der Werbung weitgehend der wirtschaftliche Boden entzogen wäre. Dass der Verbotsumfang offenbar nicht so weit auszulegen ist, belegt offenbar nicht zuletzt auch die landesweit gänzlich andere Realität.

Der Gesetzgeber umschreibt in einem Gesetz mit Blick auf Art. 18 B-VG den Regelungsinhalt, in dessen wesentlichen Zügen derart bzw. grenzt es in solcher Weise ein, dass ein auf eine Regelung gestütztes Verhalten der Behörde vom Normadressaten noch vorhersehbar erscheinen lässt (VfSlg 11499). Dieser gesetzlichen Bestimmung einen über den weitgehend eindeutigen sprachlichen Kontext hinausreichenden

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einschränkenderen - Inhalt (hier durch Ausdehnung des Verbotsumfanges) zuzuordnen, würde einerseits den durch das Bestimmtheitsgebot gezogenen Rahmen sprengen und andererseits auch dem im Strafrecht geltenden Analogieverbot entgegenstehen. Mit der von der Behörde erster Instanz den eigentlichen Wortsinn überschießenden und damit den Rahmen der Strafbarkeit ausdehnenden Auslegung, würden letztlich in die Verfassungssphäre reichende Belange nachteilig berührt. Es ist aber selbst sachlich nur schwer argumentierbar, bereits in einer bloß theoretischen Wahrnehmbarkeit einer Werbung von einer Freilandstraße innerhalb des fraglichen 100 m Bereiches - die sich theoretisch allenfalls für den einzelnen Verkehrsteilnehmer auf Sekundenbereiche beschränkt

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den Schluss auf eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ziehen und damit eine extensive Auslegung rechtfertigen zu wollen, wie dies von der Behörde erster Instanz intendiert scheint (VwGH 21.9.1994, 94/03/0082). Da somit das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten nicht dem Tatbestand nach § 84 Abs.2 StVO subsumierbar ist, waren auch diese Straferkenntnisse zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Schlagworte
Verbotsumfang, Werbung, Ortsgebiet
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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