RS UVS Oberösterreich 2002/02/12 VwSen-500095/2/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 12.02.2002
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Rechtssatz

Bereits mit Eingabe vom 22.4.1999 beantragte der Bw die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis zur Ausübung des Taxi-Gewerbes und begründete diesen Antrag im Wesentlichen mit seiner Tätigkeit als Taxilenker zwischen 1995 und 1998 und seinem Lebensalter (geb. am 14.2.1947). Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24.9.1999abgewiesen und der Bescheid mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 20.1.2000, VwSen-500079/16/Kl/Rd, vollinhaltlich im Grunde der §§ 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 und 5 Abs.5 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 bestätigt. Eine hinreichende tatsächliche Befähigung gemäß § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 wurde auch im Grunde der vorgelegten Nachweise über die Ausübung der unselbständigen Tätigkeit als Taxilenker, der Beschäftigung als selbständiger Handelsagent, der ausgeübten Tätigkeit als Tankstellenpächter aufgrund eines Gewerbescheins für den Betrieb von Tankstellen sowie der Berufstätigkeit als Fahrlehrer nicht angenommen, weil im Wesentlichen eine Befähigung im unternehmerisch-betriebswirtschaftlichen Bereich (einschließlich der Bewältigung der Abgabenverpflichtungen des Unternehmers) und als möglicher Arbeitgeber in der Beschäftigung von Taxilenkern nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen werden konnte.

Gemäß § 68 Abs.1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs.2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Diese Bestimmung will die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache verhindern. Anbringen, die offenbar eine solche Aufrollung bezwecken, wären daher wegen res judicata abzuweisen (richtig: zurückzuweisen), wenn auch das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Anbringen, in denen ein behaupteter Rechtsanspruch auf neuerliche Entscheidung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache geltend gemacht wird und solchen, in denen die Erlassung einer neuen Entscheidung (in Handhabung des Aufsichtsrechts) bloß angeregt wird. Die Zurückweisung eines Anbringens wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs.1 AVG durch einen förmlichen Bescheid hat nur dann stattzufinden, wenn eine Partei einen rechtlichen Anspruch auf neuerliche Entscheidung in der selben Sache - sei es unter Vorbringung von angeblich einen neuen Sachverhalt begründenden Tatsachen, sei es unter einfacher Hinwegsetzung über den bereits vorliegenden rechtskräftigen Bescheid - geltend macht (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, Band I, S. 391, Anm.4 und 5). Wenn gegen den Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht (mehr) zulässig, dieser also formell rechtskräftig ist, soll über die mit ihm entschiedene Sache - grundsätzlich - nicht neuerlich entschieden werden (ne bis in idem), es liegt entschiedene Sache, res judicata, vor. Der formell rechtskräftige Bescheid ist damit - grundsätzlich - unabänderlich; die getroffene Entscheidung unwiederholbar. Wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten (in der maßgebenden Sachlage) und/oder in den die Entscheidung tragenden Normen (in der maßgebenden Rechtslage) nach Erlassung des Bescheides wesentliche, dh die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten, verliert die Sache ihre ursprüngliche Identität. Sie wird dann zu einer anderen Sache, über die sehr wohl bescheidförmig abgesprochen werden kann. Allerdings ändert anders als die nachträgliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts (nova causa superveniens) das nachträgliche Hervorkommen schon vor der Bescheiderlassung bestandener, aber bisher unbekannt gebliebener relevanter Tatsachen (nova reperta) für sich allein noch nichts an der grundsätzlichen Unabänderlichkeit des Bescheides (vgl. Walter-Thienel, S. 1393f).

Ausgehend von dem in § 68 Abs.1 AVG manifestierten Grundsatz der Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit von Bescheiden war daher die bereits rechtskräftig getroffene Entscheidung der Ablehnung der tatsächlichen Befähigung bzw Nachsichtserteilung wegen hinreichender tatsächlicher Befähigung ein Hindernis für eine nochmalige Entscheidung in dieser Angelegenheit. Der Bw hat nämlich seinem verfahrenseinleitenden Antrag keinen neuen wesentlichen Sachverhalt hinzugefügt. Er hat lediglich seine antragsbegründenden Ausführungen dahingehend ergänzt, dass er hinsichtlich der Tätigkeit bei der Fahrschule M eine Bestätigung der genannten Fahrschule und des betreuenden Wirtschaftstreuhänders beibrachte, dass seine dortige Beschäftigung auch die Lohnverrechnung, Buchführung, Preiskalkulation und Rechtsberatung in sozial- und steuerrechtlichen Angelegenheiten umfasse.

Aus der vorzitierten Literatur ist aber ersichtlich, dass das nachträgliche Hervorkommen schon vor der Bescheiderlassung bestandener - aber bisher unbekannt gebliebener - Tatsachen für sich allein noch nichts an der grundsätzlichen Unabänderlichkeit des Bescheides bewirken kann, weil keine nachträgliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes (nova causa superveniens) vorliegt. Neu hervor gekommene Tatsachen können unter den Voraussetzungen des § 69 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens ermöglichen.

Auch die anzuwendende Rechtslage hat sich hinsichtlich der anspruchbegründenden Voraussetzungen nicht geändert. Es muss daher der angefochtene Bescheid in Anwendung des § 66 Abs.4 AVG, wonach die Rechtsmittelinstanz den angefochtenen Bescheid in jede Richtung abändern kann, im Spruch auf Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache abgeändert werden.

Im Übrigen wird aber ergänzend mitgeteilt, dass der angefochtenen Sachentscheidung über das Vorhandensein einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung nicht entgegengetreten werden kann. Die belangte Behörde hat sich zu Recht auf die höchstgerichtliche Judikatur und den danach geforderten Sachverständigenbeweis im Zuge des Ermittlungsverfahrens gestützt. Der eingeholte Sachverständigenbeweis durch informative Befragung am 26.11.2001 hat in eindeutiger Weise ergeben, dass die unternehmerisch-betriebswirtschaftlichen Kenntnisse beim Bw nicht vorhanden sind. Es wurden in der dazu aufgenommenen Niederschrift sämtliche Fragen und Antworten aufgezeichnet. Die belangte Behörde hat im Bescheid das Ergebnis des Sachverständigenbeweises, also das Gutachten über die nicht ausreichenden Kenntnisse auch in der Bescheidbegründung angeführt und mit der nicht ausreichenden Beantwortung sämtlicher Fragen begründet. Es hätte daher auch aus dieser Sicht die Berufung keinen Erfolg gehabt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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