RS UVS Oberösterreich 2002/07/30 VwSen-240439/2/Gf/Stu

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.07.2002
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Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anhängig Rechtssatz

Gemäß § 74 Abs.5 LMG iVm § 4 Z.5 LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der verpackte Waren nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum kennzeichnet.

Anders als in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dargestellt ergibt sich die Festsetzung, dass für frische Seefische nur eine Verbrauchsfrist von einem Tag gilt, nicht aus dem ÖLMB selbst, sondern aus einem auf den §§ 53 und 54 LMG fußenden Gutachten des Ständigen Hygieneausschusses der Codexkommission (vgl. den dementsprechenden Erlass des BKA, Zl. 32035/6-VI/B/1b/97). Rechtssystematisch betrachtet ergibt sich daraus jedoch insofern keine Konsequenz, als nach § 51 LMG auch das ÖLMB (nicht etwa Verordnungsqualität aufweist, sondern - offenkundig aus Flexibilitätsgründen -) bloß als ein Sachverständigengutachten konzipiert ist (vgl. zB. W. Barfuß ua. (Hrsg.), Österreichisches Lebensmittelrecht, 2. A., Loseblattausgabe seit 1991, Kommentar zum VII. Abschnitt und zu § 51, 3 ff, m.w.N.).

Für den Beschwerdeführer bedeutet dies allerdings, dass derartige Festsetzungen nicht schon mit bloßen Behauptungen konträren Inhalts in Frage gestellt oder entkräftet werden könnten; vielmehr hätte er diesen auf gleicher fachlicher Ebene - nämlich im Wege eines entsprechenden Gegengutachtens - entgegentreten müssen (vgl. allgemein die zahlreichen Judikaturnachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A., 374 f; s. im Besonderen zu den Gutachten des Ständigen Hygieneausschusses z. B. VwSen-240314 v. 17. März 1999). Sein Antrag auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zum Zweck der Aufnahme entsprechender Sachverständigenbeweise zum Beleg für die Tauglichkeit seiner Verpackungstechnik läuft hingegen vielmehr auf die Einholung unzulässiger (vgl. Hauer-Leukauf aaO., 889 f) Erkundungsbeweise hinaus. Indem es der Rechtsmittelwerber aber insgesamt besehen gänzlich unterlassen hat, derartige Gegengutachten oder vergleichbare Fachreferenzen zur Unterstützung seines Standpunktes vorzulegen, ist sohin davon auszugehen, dass die Festsetzung des Ständigen Hygieneausschusses, wonach von "frischem Seefisch" lediglich dann gesprochen werden kann, wenn als Haltbarkeitsdatum allein der Verpackungstag angeführt ist, auch für den gegenständlichen Fall maßgeblich bleibt. Dass er aber in sämtlichen ihm angelasteten Vorfällen längere Haltbarkeitsfristen (zwischen 2 und 5 Tagen) angegeben hat, wird von ihm selbst gar nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer hat daher tatbestandsmäßig gehandelt. Auf der Ebene des Verschuldens kann der Vorinstanz grundsätzlich nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einem vorsätzlichen Handeln mit Fortsetzungszusammenhang ausgegangen ist; auch der Rechtsmittelwerber bringt diesbezüglich keine Einwendungen vor.

Allerdings erhebt sich die Frage, weshalb die belangte Behörde das strafwürdige Verhalten des Beschwerdeführers über einen derart langen, nämlich nahezu 1 Jahr währenden Zeitraum bloß beobachtet hat, ohne selbst aktiv Gegenmaßnahmen - wie zB. die Erlassung eines abgesonderten Straferkenntnisses schon zu einem früheren Zeitpunkt - zu ergreifen.

Hätte nämlich die Tat des Rechtsmittelwerbers wirklich jene gravierende Interessenschädigung der Konsumenten zur Folge gehabt, wie dies von der belangten Behörde zur Begründung des Strafausmaßes angenommen wurde, dann wäre ihr langes untätiges Zuwarten selbst als rechtswidrig zu beurteilen. Tatsächlich liegt aber eine derart massive Interessensbeeinträchtigung gar nicht vor, wurden zu den verschiedenen Tatzeitpunkten doch nicht etwa ganze Produktchargen, sondern lediglich einzelne (1 bis 3) Packungen beanstandet. Außerdem wurde lediglich die eintägige Verbrauchsfrist auf zwischen zwei und fünf Tagen erweitert, sodass im Ergebnis allenfalls lediglich ein Irrtum über die Eigenschaft als "frisch" entstehen konnte, ohne dass deshalb auch eine Beeinträchtigung der Genusstauglichkeit o.ä. festgestellt worden wäre.

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 93 1/3 Stunden herabzusetzen.

Die Verpflichtung zum Ersatz der Untersuchungskosten gemäß § 45 Abs. 2 LMG setzt denknotwendig voraus, dass die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises überhaupt erforderlich war. Dies trifft jedoch nicht zu, wenn es zur Klärung von Sachfragen - wie hier - keines besonderen Fachwissens (mehr) bedarf.

Die Beurteilung, dass die vom Ständigen Hygieneausschuss für frische Seefische festgelegte eintägige Haltbarkeitsfrist im gegenständlichen Fall dadurch missachtet wurde, dass auf der Verpackung eine solche zwischen zwei und fünf Tagen deklariert war, hätte aber die belangte Behörde offenkundig schon unschwer aus Eigenem vornehmen können.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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