RS UVS Oberösterreich 2002/09/15 VwSen-300478/2/Gf/An

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Veröffentlicht am 15.09.2002
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Rechtssatz

Gemäß § 10 Abs.1 Z.3 und Abs.2 iVm § 3 Abs.1 Z.4 Oö. SpielapparateG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 2.000 bis 20.000 Euro zu bestrafen, der als Verfügungsberechtigter über einen Aufstellungsort das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung duldet.

Nach § 10 Abs.1 Z.8 und Abs.2 iVm § 7 Abs.1 Oö. SpielapparateG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 2.000 bis 20.000 Euro zu bestrafen, der die Überprüfung von Spielapparaten dahingehend, ob bei ihrer Aufstellung oder ihrem Betrieb die Bestimmungen des Oö. SpielapparateG und des Bewilligungsbescheides eingehalten werden, behindert. Soweit es zunächst den Vorwurf der Behinderung der Durchführung der Überprüfung gemäß § 7 Oö. SpielapparateG angeht, ist die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass dem Gesetz keine Verpflichtung eines Verfügungsberechtigten über den Aufstellungsort dahin entnehmbar ist, dass dieser dem Kontrollorgan "sämtliche erforderliche Unterlagen und Daten wie Geräte-, Erzeuger- oder Seriennummern ..., die aktuelle und vollständige Unbenklichkeitserklärung mit Spielbeschreibung aller verwendeten Spielprogramme vollinhaltlich aushändigen" müsste.

Aus der Sicht des Verfügungsberechtigten normiert diese Bestimmung vielmehr nur die konkrete (passive) Pflicht, den Zutritt zu jenen Räumlichkeiten, in denen Spielapparate aufgestellt sind, zu ermöglichen und dort alle Handlungen zu unterlassen, die die Durchführung der Kontrolle durch den Sachverständigen faktisch beeinträchtigen könnten.

Ob das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten hingegen den Tatbestand einer anderen Strafnorm erfüllt, hatte der Oö. Verwaltungssenat schon mangels eines in diese Richtung zielenden Tatvorwurfes nicht zu prüfen; vielmehr war die Anlastung zu lit.b) des angefochtenen Straferkenntnisses in Ermangelung einer diesbezüglichen Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit nach § 45 Abs.1 Z.1 VStG einzustellen.

Zu lit.a) wird dem Rechtsmittelwerber konkret angelastet, am "19.2.2002" mit der bewilligungslosen Aufstellung eines Spielapparates einen Verstoß gegen § 3 Oö. SpielapparateG geduldet zu haben.

Wenngleich in diesem Zusammenhang die Annahme nahe liegt, dass dieser Spielapparat nicht nur an diesem einen Tag, sondern wohl auch davor und danach in dieser Betriebsstätte aufgestellt gewesen sein wird, ist der Oö. Verwaltungssenat dennoch - im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung iVm § 44a Z.1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat - an die dezidierte spruchmäßige Anlastung der Verwaltungsübertretung gebunden. Isoliert betrachtet geht es daher im gegenständlichen Fall darum, die Strafbarkeit der Aufstellung eines Spielapparates in einem Lokal, das am Tattag geschlossen war (diesem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rechtsmittelschriftsatz ist die belangte Behörde anlässlich der Berufungsvorlage nicht entgegengetreten), zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang ist der belangten Behörde zunächst darin beizupflichten, dass sich die Verpflichtung zur Einholung der erforderlichen behördlichen Bewilligung vor der Aufstellung des Spielapparates (von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen) bereits unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergibt. Der Einwand des Rechtsmittelwerbers, dass die Betriebskontrolle bereits vor dem Ablauf der Frist zur Behebung von Mängeln des Bewilligungsantrages durchgeführt worden sei, bildet daher verwaltungsstrafrechtlich besehen von vornherein keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund, weil die behördliche Aufforderung (Erinnerung) zur Stellung eines gesetzlich erforderlichen Antrages das verbotswidrige Verhalten für den Zeitraum des Bewilligungsverfahrens nicht suspendiert.

Die Strafbarkeit des Beschwerdeführers, der die Tat objektiv grundsätzlich auch nicht bestreitet, ist daher gegeben. Durch das Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. Nr. I 65/2002, wurde in § 21 VStG u.a. folgender Abs. 1a eingefügt, der gemäß § 66b Abs.11 VStG am 20. April 2002 in Kraft getreten und somit auch für das vorliegende Verfahren maßgeblich ist:

"Die Behörde kann von der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens absehen, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht."

In den Erläuterungen (vgl.772 BlgNR, 21.GP, 44) heißt es hiezu:

"Das Offizialprinzip wird nach der bestehenden Rechtslage ... in Einzelfällen durch das Opportunitätsprinzip eingeschränkt (vgl. insbesondere §§ 21 und 34 VStG). Durch die vorliegende Novelle soll das Opportunitätsprinzip im Sinne der auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis ausgedehnt werden."

Davon ausgehend sowie angesichts des Umstandes, dass diese Bestimmung normsystematisch besehen gerade im Gefüge des § 21 VStG geregelt wurde - der nach allgemein herrschender Auffassung der Behörde kein Ermessen einräumt, sondern zu Gunsten des Bürgers eine Rechtsentscheidung statuiert, wenn die entsprechenden tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vorliegen (vgl. zB. Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5.A., 861, m.w.N.)-, hatte daher der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall zu prüfen, ob nicht gemäß § 21 Abs.1a VStG von der (weiteren) Durchführung des Verfahrens abzusehen ist. Im Sinne des § 21 Abs.1a zweite Alternative VStG war daher zu untersuchen, ob im gegenständlichen Fall der für die Strafverfolgung erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad einerseits und zur Bedeutung andererseits der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.

Bezüglich dieser beiden Determinanten wird in den Erläuterungen nur darauf verwiesen, dass diese Regelung "jener des § 34 VStG nachgeschaltet" ist, "der es schon bisher unter ähnlichen Voraussetzungen ermöglicht, von der Ausforschung des Täters abzusehen"; eine nähere Spezifizierung dieser Kriterien ist jedoch unterblieben und ist bislang auch in der Judikatur zu § 34 VStG nicht erfolgt.

Geht man daher vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, wird man unter dem "Grad" wohl die subjektive Komponente (Spezialprävention), unter der "Bedeutung" hingegen wohl die objektiven Aspekte der Tatbegehung, also die Frage künftiger Beispielswirkungen (Generalprävention) zu verstehen haben. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer den Spielapparat auf Grund einer ihm von der Gemeinde S bis zum 30. November 2001 befristet erteilten Bewilligung betrieben. Infolge einer Änderung (Neuerlassung) des Oö. SpielapparateG verlor diese Bewilligung ab dem 1. Dezember 2001 ihre Gültigkeit (vgl. § 13 Abs.2 Oö. SpielapparateG) und bedurfte der Rechtsmittelwerber seither einer Bewilligung durch die Bezirksverwaltungsbehörde (vgl. § 4 iVm § 9 Abs.1 Oö. SpielapparateG). Er wurde daher seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 dazu aufgefordert "unverzüglich mittels beiliegendem Antragsformular ?BH? einen Antrag auf Spielapparatebewilligung ... einzubringen"; dieser hat er auch entsprochen, wobei die BH W auf seinen Antrag vom 24. Jänner 2002 hin mit Schreiben vom 11. Februar 2002 einen bis zum 25. Februar 2002 befristeten Verbesserungsauftrag erteilt hat.

Unter derartigen Begleitumständen kann aber unter Zugrundelegung des Sorgfaltsmaßstabes eines objektiven Durchschnittsbürgers keine gravierendere Verschuldensform als leichte Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers konstatiert werden, ließ sich doch aus dem Verhalten der Behörde u.U. auch schließen, dass sie sein grundsätzlich objektiv rechtswidriges Verhalten, sich während der ohnehin langen Legisvakanz des neuen Oö. SpielapparateG (über zwei Jahre) nicht zeitgerecht um die erforderliche Verlängerung der Bewilligung gekümmert zu haben, gleichsam zumindest bis zum 25. Februar 2002 generell "pardoniert" hat.

In Bezug auf das Merkmal der Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden öffentlichen Interessen ist hier wiederum daran zu erinnern, dass dem Beschwerdeführer als Tatzeit nicht etwa eine länger währende Periode, sondern ausschließlich der 19. Februar 2002 vorgeworfen wurde; an diesem Tag war jedoch das verfahrensgegenständliche Lokal geschlossen.

Dieser Umstand nimmt der Betriebsstätte des Rechtsmittelwerbers zwar nicht grundsätzlich ihre Eigenschaft als "öffentlicher Ort" iSd § 4 Abs.1 iVm § 2 Abs.6 Oö. SpielapparateG; doch war an diesem Tag der gerade mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck, nämlich: Schutz der Jugendlichen und labiler Personen vor Vermögensverlust, aus faktischen Gründen obsolet, konnte doch in Folge des Sperrtages das Gasthaus von niemandem betreten werden. Dem Aspekt der Verletzung öffentlicher Interessen kommt daher im gegenständlichen Fall keine Bedeutung zu.

In diesem Zusammenhang verfängt zudem auch der naheliegende Einwand, dass der Gesetzgeber durch die Festlegung einer relativ hohen Mindestgeldstrafe (2.000 Euro) bereits hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, dass jede Missachtung des Bewilligungsgebotes für Spielapparate schon per se eine gravierende Verletzung öffentlicher Interessen bedeutet, nicht. Vielmehr wäre - wie dies auch der Beschwerdeführer zutreffend releviert - zu überlegen, ob eine derartige Strafdrohung, die der Behörde in echten Grenzfällen (wie dem hier vorliegenden) nur die Wahl zwischen der Verhängung dieser hohen Mindeststrafe oder einem Vorgehen gemäß § 21 VStG lässt, überhaupt dem Sachlichkeitsgebot des Art.2 StGG bzw. Art.7 B-VG entspricht.

Sowohl der Grad als auch die Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen ist im gegenständlichen Fall sehr gering. Dem gegenüber wäre vergleichsweise schon der zeitliche und finanzielle Aufwand deshalb unverhältnismäßig hoch, weil - obwohl der entscheidungswesentliche Sachverhalt an sich unstrittig ist - eine öffentliche Verhandlung zum einen deshalb durchgeführt werden müsste, weil die belangte Behörde eine den Betrag von 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt hat (vgl. § 51e Abs.3 Z.3 VStG), zum anderen aber auch deshalb, weil der Beschwerdeführer eine solche ausdrücklich beantragt hat (vgl. jüngst zB. VwGH v. 17. Mai 2002, 2001/02/0239).

Somit liegen hier die Voraussetzungen des § 21 Abs.1a VStG vor, weshalb von der - weiteren - Durchführung des Strafverfahrens abzusehen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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