RS UVS Wien 2003/04/11 03/P/36/3522/2002

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Veröffentlicht am 11.04.2003
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Rechtssatz

Die Bestimmung des § 34 Abs 2 StPO beinhaltet eine Durchbrechung des an sich gemäß § 34 Abs 1 StPO

vorherrschenden Legalitätsprinzips und erteilt den Strafverfolgungsbehörden nur eine rein interne Ermächtigung, in gewissen, in den in der bezogenen Gesetzesstelle vorgesehenen Fällen von der Verfolgung strafbarer Handlungen abzusehen (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO, 3. Auflage, Anmerkung 1 zu § 34). Der Staatsanwalt kann, wenn dem Beschuldigten mehrere Taten zur Last liegen, von der Verfolgung einzelner Taten absehen, wenn sich das auf die Strafe, Maßnahmen und Rechtsfolgen, die der Beschuldigte wegen anderer Taten zu erwarten hat, nicht wesentlich auswirken wird (§ 34 Abs 2 Z 1 StPO). § 34 Abs 2 StPO stellt eine Zweckmäßigkeitsvorschrift zur Förderung der Raschheit von Strafverfahren dar. Neben einem schweren Delikt fallen ein leichtes oder mehrere leichte und neben zahlreichen Delikten einige mehr nicht ins Gewicht. Ihre Aufklärung und Aburteilung soll das übrige Verfahren nicht verzögern (vgl. Foregger/Fabrizy, StPO, 8. Auflage, S 73f).

Entgegen der Auffassung der Erstbehörde kann aus einer Zurücklegung der Anzeige aus dem Grunde des § 34 Abs 2 StPO daher keineswegs der Schluss gezogen werden, dass der Beschuldigte die Tat nicht begangen habe oder auch nur, dass der Verdacht nicht bestätigt habe werden können (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 13.5.1998, Zl. 97/01/0933). Eine Zurückziehung des Strafantrages aus dem Grunde des § 34 Abs 2 StPO ist auch nicht mit einer Verfügung des Staatsanwaltes nach § 90 StPO vergleichbar, die an ihn gelangte Anzeige zurückzulegen, kommt es doch dazu dann, wenn der Staatsanwalt ? von vornherein oder nach Durchführung von Vorerhebungen ? erkennt, dass die Anzeige haltlos, die angezeigte Tat nicht strafbar oder nicht verfolgbar ist (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 23.11.2001, Zl. 98/02/0287).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die dem Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tat von der gerichtlich nach §§ 88 Abs 1 und Abs 3 (iVm § 81 Z 2 StGB) strafbaren und mit Freiheitsstrafe bedrohten Tat umfasst wird. Mit Rücksicht auf § 81 Z 2 StGB bildete das Lenken des Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auch in der im Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien umschriebenen Tatanlastung ein bedeutsames tatbestandliches Qualifikationskriterium (vgl. zum Ganzen auch das Erkenntnis des VfGH vom 5.12.1996, Zlen. G 9/96 u.a.).

Da § 99 Abs 6 lit c StVO 1960 nur darauf abstellt, dass eine Tat nach diesem Bundesgesetz (etwa nach § 5 Abs 1 StVO 1960) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht, liegt daher entgegen der Auffassung der Erstbehörde auch dann, wenn es zu keiner gerichtlichen Verurteilung kommt, weil z.B. die Anzeige aus dem Grunde des § 34 Abs 2 StPO zurückgelegt worden ist, keine von der Verwaltungsstrafbehörde zu ahndende Verwaltungsübertretung vor.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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