TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/4 2001/05/0346

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Veröffentlicht am 04.09.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH in Wien, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Wipplingerstraße 23, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 11. Juli 2001, Zl. 02/04-262-2001, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Edith Pflamitzer und Hans-Jürgen Pflamitzer in Deutsch-Jahrndorf, Untere Hauptstraße 15), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 30. August 2000 bei der Gemeinde Deutsch-Jahrndorf eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Sende- und Empfangsanlage für das Mobilfunknetz auf dem Grundstück Nr. 300/1, EZ 994, KG Deutsch-Jahrndorf. Über dieses Baugesuch wurde am 17. Jänner 2001 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Mitbeteiligten als Anrainer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen worden sind. In der Verhandlung sprachen sich die Mitbeteiligten gegen die Errichtung der Anlage aus, dies mit dem Hinweis, dass die Erstmitbeteiligte ein fremdes Herz und einen Schrittmacher habe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Deutsch-Jahrndorf vom 7. Februar 2001 wurde der Beschwerdeführerin die beantragte Baubewilligung erteilt. Die Erledigung ist unterfertigt mit: "Der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz"; es folgt eine unleserliche Unterschrift ohne Beifügung des Namens des Genehmigenden.

Gegen diesen Bescheid haben die Mitbeteiligten Berufung erhoben, in der sie nochmals auf die gesundheitlichen Probleme der Erstmitbeteiligten hinwiesen, und außerdem ausführten, die Höhe des Sendemastes störe das Ortsbild und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei Gewittern eine indirekte Beeinträchtigung der Umgebung durch Überspannung eintrete.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2001 hat der Gemeinderat der Gemeinde Deutsch-Jahrndorf die Berufung der Mitbeteiligten als unzulässig zurückgewiesen und den Bescheid des Bürgermeisters bestätigt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die in der Berufung eingebrachten Einwendungen, die bereits in der Niederschrift über die Bauverhandlung vom 17. Jänner 2001 aufgenommen worden seien, könnten gemäß § 21 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 im gegenständlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, die erstinstanzliche Erledigung sei kein Bescheid, weil gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1991 alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten müssten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein müssten, der die Erledigung genehmigt habe. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden könne die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der nach Abs. 2 genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimme. Da die erstinstanzliche Erledigung keine leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden enthalte, handle es sich um keinen Bescheid, weshalb ein Nicht-Rechtsakt vorliege. Der Gemeinderat als Baubehörde zweiter Instanz hätte daher die Berufung der Mitbeteiligten im Hinblick auf das Fehlen eines mit Berufung bekämpfbaren Verwaltungsaktes zurückweisen müssen, bzw. werde dies jetzt seine Aufgabe sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Beschwerdegegenständlich ist die Frage, ob die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen ist, dass die Erledigung des Bürgermeisters vom 7. Februar 2001 keinen Bescheid darstelle, weil die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates ausschließlich auf diesen Grund gestützt war. Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0304, mwN).

Bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 99/12/0291, hat der Verwaltungsgerichtshof zu der ab dem 1. Jänner 1999 geltenden Fassung des § 18 Abs. 4 AVG, BGBl. I Nr. 158/98, ausgeführt, dass dann, wenn auch ohne ausdrückliche Namensnennung in der Erledigung der dem § 18 Abs. 4 AVG zu Grunde liegenden Forderung des Gesetzgebers, dass für die Parteien eines Verwaltungsverfahrens die Identität des Genehmigenden erkennbar sein müsse, dennoch entsprochen wird, wenn (wie im damaligen Beschwerdefall) ein oberstes Staatsorgan (Minister) als zuständige oberste Verwaltungsbehörde die Erledigung persönlich - wenngleich unleserlich - fertige, weil es nur einen (damals) Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr gebe und dessen Identität als notorisch zu gelten habe.

In seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0162, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei einer Erledigung des Bürgermeisters einer Gemeinde, die im Kopf die Bezeichnung "Marktgemeinde G...-St.V..." enthält, da es nur einen Bürgermeister der Gemeinde gibt, offenkundig ist, wem diese Erledigung zuzurechnen ist, dies auch dann, wenn die Unterschrift des Bürgermeisters nicht leserlich ist. Dasselbe gilt für den vorliegenden Fall. Auch im vorliegenden Fall erfolgte die Erledigung des Bürgermeisters vom 7. Februar 2001 auf einem Formular, das im Kopf die Bezeichnung "Großgemeinde Deutsch-Jahrndorf" enthält. Die Unterfertigung enthält neben der unleserlichen Unterfertigung die Klausel "Der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz". Im Sinne der hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2000 und 24. Oktober 2000 ist daher auch im Beschwerdefall davon auszugehen, dass auch ohne ausdrückliche Namensnennung in der Erledigung offenkundig ist, wem diese Erledigung zuzurechnen ist.

Da die mangelnde Beifügung des Namens des Bürgermeisters als Genehmigendem im Beschwerdefall daher die Bescheidqualität der behördlichen Erledigung nicht verhindert hat und die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Bescheides gegeben waren, hat der Gemeinderat der Gemeinde Deutsch-Jahrndorf mit Recht die Berufung der Mitbeteiligten nicht mangels Verliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

Da die belangte Behörde zu Unrecht von der unzutreffenden Rechtsansicht ausgegangen ist, dass die erstinstanzliche Erledigung keinen Bescheid darstellte, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Logisches Prius ist aber die Frage, ob den Vorstellungswerbern im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zugekommen ist, weil die Vorstellungsbehörde nur auf Grund einer Vorstellung von Parteien im Baubewilligungsverfahren berechtigt ist, den Bescheid des Gemeinderates aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückzuverweisen. Mit der Frage der Parteistellung der Vorstellungswerber hat sich die belangte Behörde nicht ausdrücklich auseinander gesetzt, sie ist aber offensichtlich davon ausgegangen, dass den Vorstellungswerbern Parteistellung zugekommen ist, ohne dies zu begründen. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher zunächst zu prüfen haben, ob den Vorstellungswerbern Parteistellung zugekommen ist (auf Grund der Aktenlage ist nicht einmal geklärt, ob die Mitbeteiligten Eigentümer eines an das zu bebauende Grundstück angrenzenden Grundstückes sind, oder nicht) und inwieweit den Mitbeteiligten auf Grund ihrer in der Verhandlung vom 17. Jänner 2001 erhobenen Einwendungen ein Mitspracherecht zukommt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden. Wien, am 4. September 2001

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001050346.X00

Im RIS seit

01.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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