TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/11 2000/21/0164

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.2001
beobachten
merken

Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BBetrG 1991 §1 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 12. April 1982 geborenen P in Wien, vertreten durch Dr. Angelika Truntschnig, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Polgarstraße 30, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 16. Juni 2000, Fr 264/2000, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger des Sudan, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung dieses Bescheides traf die belangte Behörde im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Beschwerdeführer sei am 23. Jänner 2000 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist und sei nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes. Am selben Tag sei über ihn die Schubhaft verhängt worden. Am 24. Jänner 2000 habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Februar 2000 (richtig: 30. März 2000) gemäß § 6 Z 3 des Asylgesetzes 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei. Dieser Bescheid sei "am 9. März 2000" in Rechtskraft erwachsen. Das Verfahren über einen diesbezüglichen Wiedereinsetzungsantrag sei noch offen. Der Beschwerdeführer haben nie über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG verfügt.

Der Beschwerdeführer sei in Österreich unrechtmäßig aufhältig. Er verfüge über "keinerlei Einkommensquelle" und er habe auch nicht die Möglichkeit eines legalen Erwerbs der Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes. Wovon der Beschwerdeführer in Zukunft leben wolle, ohne einer legalen Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, sei "vollkommen schleierhaft und in keinster Weise rational nachvollziehbar". Die Behörde komme daher zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer als mittellose Person zu betrachten sei. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren auch keine Beweise beigebracht, die diese Annahme widerlegen könnten.

Rechtlich führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, bei mittellosen Personen sei zu befürchten, dass sie sich ihren Lebensunterhalt mangels Möglichkeit zu einer legalen Erwerbstätigkeit auf illegalem Weg verschaffen. Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Sachverhalts (Mittellosigkeit, illegaler Aufenthalt) sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und vor allem im Hinblick auf jene Gefahren, die von mittellosen Personen ausgingen, gefährden würde. Die belangte Behörde sehe sich "unter Berücksichtigung sämtlicher Sachverhaltselemente trotz Kannbestimmung des § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997" außer Stande, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen. Da keine familiären oder privaten Interessen des Beschwerdeführers (an einem Weiterverbleib in Österreich) festzustellen seien, sei nicht zu prüfen, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten erscheine, und es sei auch keine Abwägung nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen. Unter Bedachtnahme auf § 39 FrG sei ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein werde. Im vorliegenden Fall wäre - so die belangte Behörde abschließend - auch ein Aufenthaltsverbot von zehn Jahren möglich gewesen, weshalb ein solches von fünf Jahren ab Durchsetzbarkeit (rechtskräftiger Abschluss des Asylverfahrens) durchaus notwendig und auch gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 36 Abs. 2 Z 7 FrG - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Nach ständiger - entgegen der Beschwerdeansicht auch zum Fremdengesetz 1997 wiederholt ergangener - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint (vgl. jüngst etwa die Erkenntnisse vom 20. März 2001, Zl. 98/21/0344, und vom 1. März 2001, Zl. 98/18/0157, je mwN).

Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden sei. Vielmehr bleibt die auf die erwähnte Verpflichtung des Beschwerdeführers Bezug nehmende Feststellung, dass er im gesamten Verfahren keine Beweise beigebracht habe, welche die Annahme seiner Mittellosigkeit widerlegen könnten, in der Beschwerde unbekämpft. Diese rügt in diesem Zusammenhang allerdings, die belangte Behörde sei ihrer Belehrungspflicht gemäß § 13a AVG nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer hätte ausdrücklich über die rechtlichen Konsequenzen einer Mittellosigkeit aufgeklärt und aufgefordert werden müssen, Angaben darüber zu machen, wie er seinen Lebensunterhalt in Österreich finanzieren könne.

Abgesehen davon, dass sich die Belehrungspflicht nicht auf inhaltliches Vorbringen bezieht (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 8 ff zu § 13a AVG), zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, in welchen Zeiträumen und in welchem Umfang er mit Einkünften rechnen könne und inwieweit diese gesichert seien. Der in diesem Zusammenhang stehende Einwand, der Beschwerdeführer habe - seine Mittellosigkeit unterstellt - als Asylwerber einen Anspruch auf Betreuung durch den Bund, entbehrt schon im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Bundesbetreuungsgesetz, BGBl. Nr. 405/1991, wonach auf die Bundesbetreuung kein Rechtsanspruch besteht, jeder Grundlage (vgl. das zur mit § 36 Abs. 2 Z 7 FrG inhaltsgleichen Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 7 FrG 1993 ergangene Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0518, mwN). Im übrigen wird nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer die (sonstigen) Voraussetzungen (vgl. § 2 leg. cit) erfülle, geschweige denn dass er sich tatsächlich in Bundesbetreuung befinde. Die Feststellungen der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer illegal eingereist und über ihn die Schubhaft verhängt worden sei und dass er in Österreich keiner erlaubten Beschäftigung nachgehen könne, bleiben in der Beschwerde unbestritten. Damit in Einklang stehen die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Niederschrift im erstinstanzlichen Verfahren, wonach er über keinerlei Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge. Der von der Behörde gezogene Schluss, der Beschwerdeführer sei "als mittellose Person zu betrachten", ist unter diesen Voraussetzungen aber nicht zu beanstanden und es bestehen daher gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG verwirklicht sei, keine Bedenken.

Im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa nur die oben zitierten Erkenntnisse) aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr strafbarer Handlungen und/oder einer finanziellen Belastung der Republik Österreich ist es - entgegen den Beschwerdeausführungen - auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtete. Diese Annahme ist auch im vorliegenden Fall gerechtfertigt, zumal es auch der Beschwerde nicht gelingt, konkret darzutun, inwieweit dem Beschwerdeführer die Verschaffung der notwendigen Mittel durch eine erlaubte Beschäftigung für die Dauer seines beabsichtigten Aufenthalts möglich sein soll. Diese Annahme wird darüber hinaus noch dadurch verstärkt, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhält. Der Auffassung in der Beschwerde, dem Beschwerdeführer hätte eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 2 AsylG zuerkannt werden müssen, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war allerdings nicht - wie festgestellt - das Verfahren über die Berufung gegen einen Wiedereinsetzungsantrag anhängig, sondern -  nach Ausweis der Verwaltungsakten - jenes über die Berufung gegen den den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. März 2000. Das ändert aber nichts daran, dass die belangte Behörde (bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 3. Juli 2000) zutreffend feststellte, dem Beschwerdeführer sei nie eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen, und dass dem Beschwerdeführer - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 2 AsylG zu erteilen gewesen wäre. Mit dem Hinweis auf das Asylverfahren ist daher für den Beschwerdeführer (weder unter dem Gesichtspunkt des § 21 Abs. 1 AsylG noch in Ansehung der Ermessensübung bei Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes) etwas zu gewinnen.

Wegen der Kürze des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (von nicht einmal sechs Monaten) und des Fehlens von familiären und privaten Bindungen im Inland ist ein im Sinn des § 37 FrG relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers nicht zu erkennen. Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Belehrungspflicht durch die belangte Behörde geltend macht, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil der Beschwerde keine maßgeblichen Inlandsbeziehungen des Beschwerdeführers zu entnehmen sind; hiefür bestehen nach der Aktenlage aber auch keine Anhaltspunkte. Zu Recht hat die belangte Behörde daher eine Beurteilung, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei, und eine Abwägung der persönlichen mit den öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall für entbehrlich gehalten.

Soweit die Beschwerde schließlich auf eine (angebliche) Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland verweist, hat dazu bereits die belangte Behörde zutreffend erwidert, dass diesem Einwand im Verfahren betreffend ein Aufenthaltsverbot keine Relevanz zukommt und er daher auch nicht zu prüfen ist (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 1. März 2001, Zl. 98/18/0157).

Die Beschwerde war demnach gemäß 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000210164.X00

Im RIS seit

19.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten