TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/12 96/13/0125

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Veröffentlicht am 12.09.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde

1. des Mag. EG, 2. der Mag. EGund EM Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, beide in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich

H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien XII, Meidlinger Hauptstraße 28, und

3. der EM in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 19. Juni 1996, Zl. 16-95/3421/04, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer (Mag. E.G.) und die Drittbeschwerdeführerin (E.M., früher E.G., früher E.B.), die gemeinsam die als "Zweitbeschwerdeführerin" einschreitende GesbR bilden, hatten gemeinsam im Jahr 1989 von der P-GesmbH eine Liegenschaft mit einem Mietwohnhaus in der R-Gasse in Wien XI gekauft und verfügten auch über anderen gemeinsamen Liegenschaftsbesitz. Der am 7. Dezember 1989 vom Erstbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin unterzeichnete Kaufvertrag über die Liegenschaft in der R-Gasse in Wien XI enthielt folgende Bestimmungen:

"...

III. Der einvernehmlich bestimmte Kaufpreis für die lastenfreie Übergabe dieser Liegenschaft beträgt S 1,650.000,--. Der Kaufpreis ist bei Vertragsunterfertigung Zug um Zug gegen Übergabe eines Rangordnungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung sowie einer Löschungsquittung für die Löschung der Pfandrechte C-LNR 1 und C-LNR 2 an die Verkäuferin auszuzahlen. Die Verkäuferin bestätigt mit ihrer Unterschrift unter diesen Vertrag den Erhalt des Kaufpreises.

...

V. ... Die tatsächliche Übergabe der Liegenschaft erfolgt am Tage der Vertragsunterfertigung durch Begehung der Liegenschaft in der Absicht der Besitznahme, Beziehung der Verwaltungsakte und Erträgnisse und Übernahme der Haus- und Wohnungsschlüssel ...

...

Punkte 3 und 5 werden abgeändert:

Der Kaufpreis wird auf das Konto der P-GesmbH bei der A-Bank Nr. 0000 einbezahlt. Somit erfolgt die tatsächliche Übergabe der Liegenschaft bei vollständiger Bezahlung des Kaufpreises. Die A-Bank ist beauftragt Zug um Zug nach Erhalt des Kaufpreises die Löschungsquittung auszufolgen."

Die GesbR hatte als (weiteren) Kaufpreis(teil) mit 6. Februar 1990 den Betrag von S 1,120.000,-- als nachträgliche Anschaffungskosten aktiviert.

Auf Grund der Erklärungen der Zweitbeschwerdeführerin wurden mit den Bescheiden des Finanzamtes für den 3. und 11. Bezirk in Wien vom 22. August 1991 bzw. vom 11. Dezember 1992 die Einkünfte mit S -212.513,-- für 1990 und S -390.019,-- für 1991 gemäß § 188 BAO feststellt.

Im Zuge einer bei der Zweitbeschwerdeführerin durchgeführten Prüfung der Aufzeichnungen (§ 151 Abs. 1 BAO) waren keine Unterlagen über den Betrag von S 1,120.000,-- vorgelegt worden. Das Finanzamt versagte daher die Anerkennung der für die Jahre 1990 und 1991 geltend gemachten Werbungskosten in Höhe der auf die (nachträglichen) Anschaffungskosten entfallenden AfA für das Gebäude. Mit Bescheiden vom 30. Dezember 1994 wurden die Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und die Einkünfte mit S 195.713,-- für 1990 und mit S 373.303,-- für 1991 festgestellt.

Auf Grund dagegen erhobener Berufung erließ das Finanzamt eine Berufungsvorentscheidung vom 29. September 1995, mit der die Einkünfte (nur richtigstellend) mit S -195.713,-- für 1990 und mit S -373.303,-- für 1991 festgestellt wurden.

Über den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde der Berufung teilweise stattgegeben und die Einkünfte wie in der Berufungsvorentscheidung festgestellt, im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Die belangte Behörde stützt sich bei ihrer Feststellung, der strittige Betrag von S 1,120.000,-- sei als nachträgliche Anschaffungskosten nicht an die P-GesmbH bzw. deren Geschäftsführerin A.S. bezahlt worden, auf folgende Umstände:

     -        Der schriftliche Kaufvertrag lasse keinen Platz für

die Vorgangsweise, das Objekt erst wirklich "restlos" nach

Übergabe des strittigen Betrages zu übergeben.

     -        Die als Zeugen einvernommene (ehemalige)

Geschäftsführerin der P-GmbH, A.S., und deren Sohn, H.S., hätten eine solche Vorgangsweise entschieden bestritten.

-

Die Angaben des Erstbeschwerdeführers - ohne Bezahlung des strittigen Betrages wären der Erstbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin nicht ins Grundbuch gekommen; die Rangordnung wurde nicht mit dem Kaufvertrag übergeben, sondern wesentlich später; ein Teilbetrag war daher als Druckmittel gedacht bzw. dass er für die Bezahlung des Streitbetrages - das ist wesentlich - die Rangordnung erhalten habe - stünden im Widerspruch zum Antragsschreiben vom 24. Jänner 1990 an das Bezirksgericht Favoriten, Grundbuch, woraus hervorginge, dass der Erstbeschwerdeführer bereits über den Rangordnungsbeschluss - den er laut seinem Berufungsvorbringen gegen Bezahlung des Streitbetrages am 6. Februar 1990 erhalten habe - verfügt habe.

-

Die Angaben des Erstbeschwerdeführers, der Streitbetrag sei erst nach Abschluss des Kaufvertrages eingefordert worden, es sei mit freien Wohnungen gelockt worden, für die noch Zusatzzahlungen verlangt worden seien, wofür nach Abwicklung ein Betrag übrig geblieben sei, stünden im Widerspruch zu Angaben der Drittbeschwerdeführerin, wonach der Streitbetrag bereits vor Vertragsabschluss eingefordert und die Bedingung, vom Kaufpreis von insgesamt S 2,700.000,-- etwa S 1,600.000,-- offiziell und den Rest ohne Rechnung zu erhalten, zu einem Zeitpunkt gestellt worden sei "als die Verkäufer schon unser Interesse feststellen konnten", also zu einem Zeitpunkt, der vor Vertragsabschluss liege.

     -        Schließlich habe die Zeugin A.S. ausgesagt, dass

sich das Haus in einem desolaten Zustand, in einem Zustand mit

feuchten Mauern befunden hätte und auch die Hausbesorgerwohnung

verschimmelt gewesen sei.

     -        Letztlich sei ein Inserat in der Tageszeitung Kurier

festgestellt worden, womit ein "Mittelzinshaus in Simmering,

S 1,9 Mio." am 4. November 1989, also relativ kurz vor Abschluss

des Kaufvertrages, von der P-GesmbH in Auftrag gegeben worden war.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist ausschließlich, ob nachträgliche Anschaffungskosten der Zweitbeschwerdeführerin für die oben erwähnte Liegenschaft in Höhe von S 1,120.000,-- im Jahr 1990 angefallen sind.

Die Beschwerde weist zutreffend darauf hin, dass die Aussagen des Erstbeschwerdeführers, wie sie in der Niederschrift vom 1. Dezember 1995 festgehalten und im angefochtenen Bescheid (Seite 6) wiedergegeben sind, die daraus von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung nicht zulassen. Der Erstbeschwerdeführer hatte angegeben: "... Die Schlüsseln der freien Wohnungen und die Übergabe der gesamten Verwaltungsakten des Hauses und - das ist wesentlich - die Rangordnung. Ich habe ca. Anfang bis Mitte Jänner 1990 die Rangordnung bekommen sowie die sonstigen Unterlagen bei der Geldübergabe bekommen." Daraus ergibt sich nicht der von der belangten Behörde gesehene Widerspruch, dass der Erstbeschwerdeführer über die Rangordnung im Zeitpunkt des Antragsschreibens an das Bezirksgericht F vom 24. Jänner 1990 verfügt haben müsse, während er angegeben habe, die Rangordnung für die Bezahlung (sc. erst am 6. Februar 1990) erhalten zu haben. Nach den tatsächlichen Aussagen des Erstbeschwerdeführers habe er aber die Rangordnung Anfang bis Mitte Jänner 1990 erhalten (also vor dem Antragsschreiben an das Bezirksgericht am 24. Jänner 1990) und bei Übergabe des Streitbetrages am 6. Februar 1990 "die sonstigen Unterlagen". Somit erweist sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde in diesem Punkt als unschlüssig.

Weiters rügt die Beschwerde zu Recht, dass im angefochtenen Bescheid "Zuzahlungsbeträge" der G-Bank unberücksichtigt geblieben seien. Aus diesen "Zuzahlungsbeträgen" sei ersichtlich, dass "ein weit höherer Betrag ausbezahlt worden sei als der offizielle Kaufpreis". Tatsächlich sind in den vorgelegten Verwaltungsakten Belege der G-Bank enthalten, welche eine Darlehenszuzählung am 4. Dezember 1989 von S 2,800.000,-- abzüglich Bankkosten, allerdings nur an den Erstbeschwerdeführer, ausweisen. Weiters enthalten die vorgelegten Verwaltungsakten Belege der L-Bank, wonach der (um die Bankkosten verminderte) zugezählte Darlehensbetrag auf ein von einem Rechtsanwalt eröffnetes, allerdings nicht auf den Erstbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin lautendes, Anderkonto überwiesen wurde. Schließlich enthalten die vorgelegten Verwaltungsakten Belege der R-Bank, wonach am 6. Februar 1990 vom Erstbeschwerdeführer S 1,270.000,-- auf ein auf den Erstbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin lautendes Konto bar einbezahlt worden ist (mit der Angabe des Verwendungszweckes "vom RA Anderkonto", und am selben Tag der Streitbetrag von diesem Konto der R-Bank bar behoben worden ist. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, dass sie also unterstelle, dass dieser Betrag zwar vom Firmenkonto behoben, aber nicht für das Betriebsobjekt verwendet worden wäre. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit diesem im Arbeitsbogen über die Prüfung der Aufzeichnungen nicht auseinandergesetzt, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass die belangte Behörde bei deren Berücksichtigung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus den dargelegten Gründen hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betrifft die Barauslagen, welche über den zur Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwand an Stempelmarken der Gebühren für drei Beschwerdeausfertigungen und eine als Beilage angeschlossene Bescheidausfertigung hinausgehen.

Wien, am 12. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996130125.X00

Im RIS seit

25.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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