TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/13 2000/12/0031

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Veröffentlicht am 13.09.2001
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

BO Wr 1994 §9 Abs1;
GehG 1956 §13a Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakkusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in Wien IV, Prinz-Eugen-Straße 4, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. Dezember 1999, Zl. MA 2/270/99, betreffend Übergenuss, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand von April 1986 bis 4. März 1999 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien; er war als Werkmeister bei der MA 31 - Wasserwerke eingesetzt.

Zur Vermeidung von entbehrlichen Wiederholungen wird zur "Vorgeschichte" auf das die Auflösung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers betreffende hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2001, Zl. 99/12/0238, verwiesen.

Mit Bescheiden der Dienstbehörde erster Instanz (Personalamt - MA 2) vom 1. und vom 9. Dezember 1997, beide nach den bei den Akten befindlichen Zustellnachweisen am 11. Dezember 1997 vom Beschwerdeführer übernommen, war ausgesprochen worden, dass der Beschwerdeführer wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst (keine Meldung seiner Dienstverhinderung) in der Zeit vom 4. bis 5. August und vom 1. September bis 8. Oktober 1997 bzw. vom 11. November 1997 bis auf weiteres den Anspruch auf Diensteinkommen verloren habe. Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

Bereits vor den dem vorliegenden Übergenussverfahren zu Grunde liegenden vorher genannten Bescheiden vom 1. bzw. 9. Dezember 1997 war der Beschwerdeführer auf Grund gleichartiger Dienstpflichtverletzungen (mehrfacher ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst) des Anspruches auf Bezüge für verlustig erklärt worden.

Am 21. Jänner 1999 ist der Beschwerdeführer im Amtsblatt der Stadt Wien gemäß § 33 Abs. 1 der Dienstordnung 1994 (DO 1994) bei sonstiger Auflösung seines Dienstverhältnisses nach sechs Wochen zur Rückkehr in den Dienst bis längstens 4. März 1999 aufgefordert worden. Mangels entsprechender Reaktion des Beschwerdeführers endete sein Dienstverhältnis kraft Gesetzes mit dem angegebenen Datum. Der darüber ergangene Feststellungsbescheid vom 9. März 1999 wurde vom Beschwerdeführer im Instanzenzug und letztlich beim Verwaltungsgerichtshof erfolglos bekämpft (siehe das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2001).

Mit Bescheid vom 12. Mai 1999 sprach die Dienstbehörde erster Instanz in der Frage des Übergenusses wie folgt ab:

"Sie haben gemäß § 9 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) den Übergenuss im Betrag von 69.351,70 ATS (entspricht 5.039,98 EUR) binnen drei Monaten nach Zustellung dieses Bescheides der Stadt Wien zu ersetzen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit 1. Juni 1999 folgende Berufung:

"Der Bescheid über die Beendigung des Dienstverhältnisses ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen, da gegen diesen Bescheid eine Berufung eingebracht wurde.

Das Dienstverhältnis ist daher derzeit noch als aufrecht anzusehen.

Im Jahre 97, 98 und 99 wurde durch Erkrankungen das Dienstverhältnis fortgesetzt, wodurch auch eine Gehaltszahlung fällig geworden ist.

Es wäre daher eine Aufstellung zu übermitteln wie sich die 69.351,70 zusammensetzen, da durch die Krankenstandszeiträume im Jahre 98 u 99 ebenfalls ein entsprechender Gehalt zu bezahlen ist."

Am 15. September 1999 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen eines Parteiengehörs die detaillierte Aufstellung der Höhe des Übergenusses für die angegebenen Zeiten zur Kenntnis gebracht.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer nichts vor.

     Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des

Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

     Zur Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes

und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen weiter ausgeführt, der Einwand des Beschwerdeführers, sein Rechtsverhältnis sei nach wie vor als aufrecht anzusehen, weil der Bescheid über dessen Beendigung noch nicht rechtskräftig sei, gehe ins Leere, weil die Frage des Rückersatzes während aufrechten Dienstverhältnisses zu Unrecht bezogenen Übergenusses getrennt von der Frage des Fortbestehens des Dienstverhältnisses zu beurteilen sei. Der Ausgang des Verfahrens über die Beendigung seines Dienstverhältnisses sei somit ohne jeden Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Rückforderungsanspruches. Geltend gemacht würden vom Beschwerdeführer in den genannten Zeiträumen zu Unrecht empfangene Leistungen. Feststehe, dass das Dienstverhältnis in diesen Zeiträumen aufrecht gewesen sei. Eine Leistung, die während eines aufrechten Dienstverhältnisses zu Unrecht entrichtet worden sei, könne - soweit sie gemäß § 9 BO 1994 nicht im guten Glauben empfangen worden sei - sowohl während aufrechtem Dienstverhältnis als auch nach dessen Beendigung innerhalb der Verjährungsfristen zurückgefordert werden. Da der Anspruch auf Rückersatz noch nicht verjährt sei, habe der Rückersatz - unabhängig vom Fortbestehen des Dienstverhältnisses - vorgeschrieben werden können.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, der Bescheid über die Beendigung seines Dienstverhältnisses sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen, sei der Vollständigkeit halber zu bemerken, dass der Berufungsbescheid vom 22. Juni 1999 (Anm.: Feststellung der Beendigung seines Dienstverhältnisses) mit Zustellung an den Beschwerdeführer rechtskräftig geworden sei; die Tatsache der Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde könne an der Rechtskraft dieses Berufungsbescheides nichts ändern.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass in den Jahren 1997, 1998 und 1999 sein Dienstverhältnis durch Erkrankung fortgesetzt worden sei und dadurch Gehaltszahlungen fällig geworden seien, gehe ins Leere, weil auf Grund der rechtskräftigen Bescheide der Dienstbehörde erster Instanz vom 1. Dezember und vom 9. Dezember 1997 feststehe, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf sein Diensteinkommen in den genannten Zeiträumen verloren habe. Die ziffernmäßige Richtigkeit des im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Betrages sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden; auch die belangte Behörde habe die Angaben für richtig befunden. Dass der Beschwerdeführer die Übergenüsse im guten Glauben empfangen hätte, sei von ihm weder behauptet worden noch hätten sich diesbezüglich irgendwelche Anhaltspunkte aus dem Akt ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem sinngemäß zu verstehenden Beschwerdepunkt sieht sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht nach § 9 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), nicht einen Übergenuss von S 69.351,70 rückzahlen zu müssen, verletzt.

Er räumt ein, dass die beiden Bescheide der Dienstbehörde erster Instanz vom 1. bzw. 9. Dezember 1997, mit denen der dem Übergenuss zu Grunde liegende Bezugsentfall ausgesprochen worden war, in Rechtskraft erwachsen sind. Weiters, dass die im angefochtenen Bescheid genannten Beträge unbestritten sind. Er meint aber, dass sein Dienstverhältnis in dem Zeitraum, für den die Gehaltszahlungen rückgefordert werden, aufrecht gewesen sei, ihm daher Gehaltsanspruch zugestanden wäre bzw. er davon hätte ausgehen können, Gehalt zu erhalten. Jedenfalls habe er die ausbezahlten Geldbeträge im guten Glauben empfangen und verbraucht. Die beiden Bescheide (über den Anspruchsverlust) seien ihm erst am "15.12.1997" (nach der unbedenklichen Aktenlage richtig am 11. Dezember 1997) zugestellt worden; erst mit Rechtskraft allenfalls der Zustellung dieser Bescheide dürfe der Standpunkt vertreten werden, dass es ihm am guten Glauben gefehlt habe, sodass er alle Leistungen für 1997 gutgläubig erhalten habe. Aber auch den Jännerbezug 1998 habe er gutgläubig erhalten, weil die Unkenntnis der für die Auszahlung zuständigen Stelle des Magistrates dem Dienstgeber in dem Sinne zuzurechnen sei, dass er eben seine Rechtsansicht geändert habe. Weiters habe ihn die belangte Behörde auch zur Frage des guten Glaubens nicht einvernommen.

Gemäß § 9 Abs. 1 BO 1994, LGBl. Nr. 55, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, der Stadt Wien zu ersetzen.

Zur Frage des guten Glaubens beim Empfang von Übergenüssen hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes zur Bundesrechtslage im Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Slg. N. F. Nr. 6736/A, ausführlich Stellung genommen; er hat darin, abgehend von der früheren Rechtsprechung, wonach es bei der Beurteilung der Redlichkeit des Empfängers eines Übergenusses auf die subjektive Gesetzeskenntnis des Bediensteten anzukommen hatte, ausgesprochen, dass die Redlichkeit des Empfängers eines nicht geschuldeten Bezuges nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen ist. Objektiv erkennbar ist der Irrtum, wenn er in der offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm besteht.

In Weiterführung dieser Rechtsprechung nach Inkrafttreten des dem § 9 BO 1994 vergleichbaren § 13a GG 1956 hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 16. Juni 1977, Slg. N. F. Nr. 9349/A, zur Frage der Gutgläubigkeit hinsichtlich der empfangenen Leistungen ausgeführt, dass davon auszugehen ist, dass guter Glaube im Sinn des § 13a Abs. 1 leg. cit. schon dann nicht anzunehmen ist, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen.

In mehreren Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass für die maßgebende Frage der Gutgläubigkeit eines Beschwerdeführers im Sinn der Theorie der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle nicht entscheidend ist, ob der Beschwerdeführer in Besoldungsfragen gebildet ist oder nicht (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1991, Zl. 90/12/0324).

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 20. April 1989, Zl. 87/12/0086, ausgesprochen, dass selbst die ausdrückliche Mitteilung der auszahlenden Stelle bzw. der Dienstbehörde, es gebühre eine bestimmte Leistung, den Beamten nicht schlechthin von der Verpflichtung der Nachprüfung der Richtigkeit dieser Mitteilung und der Rechtmäßigkeit der auf Grund einer solchen Mitteilung geleisteten Zahlungen befreit.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt vor diesem Hintergrund keine Berechtigung zu.

Beim Verwaltungsgerichtshof bestehen ausgehend von der vorher dargestellten ständigen Rechtsprechung zur objektiven Erkennbarkeit aber auch unter Berücksichtigung der subjektiven Kenntnis des Beschwerdeführers auf Grund der schon früher ihn betreffenden einschlägigen Verfahren kein Zweifel an der Erkennbarkeit des Übergenusses für ihn, und zwar weder objektiv noch subjektiv gesehen. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich die Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Verfahrensmangel schon wegen der nicht gegebenen Relevanz für das Ergebnis.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000120031.X00

Im RIS seit

29.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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