TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/13 97/12/0397

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Veröffentlicht am 13.09.2001
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde der U in E, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 6. Oktober 1997, Zl. 116.574/12-III/15/97, betreffend Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1943 geborene Beschwerdeführerin steht als Obererzieherin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war das Bundesinstitut für Gehörlosenbildung (im Folgenden: BIG) .

Unbestritten ist, dass sich die Beschwerdeführerin im Schuljahr 1996/97 vom 22. September 1996 bis 27. September 1996, am 10. Oktober 1996, vom 7. November 1996 bis 8. November 1996, vom 17. November 1996 bis 4. Dezember 1996, vom 9. Dezember 1996 bis 20. Dezember 1996, vom 10. Jänner 1997 bis 12. Jänner 1997, vom 16. Jänner 1997 bis 11. Februar 1997, vom 4. März 1997 bis 21. März 1997 und vom 2. April 1997 bis zum Ende des Unterrichtsjahres 1996/97 sowie seit Beginn des Schuljahres 1997/98 im "Krankenstand" befunden hat.

Wegen dieser "Krankenstände" wurde die Beschwerdeführerin mehrfach zwecks Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit amtsärztlich untersucht. Die Sachverständigen gelangten hiebei unter Berücksichtigung der jeweils angeführten Zusatzbefunde zu nachstehenden Beurteilungen:

-

bezüglich der Untersuchung am 17. Jänner 1997 (orthop., psychiatr. und psycholog. Befunde vom 22. Jänner, 5. und 6. Februar 1997)

"Diagnose: Rezid. Lendenwirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlung in das re. Bein, Labiler Bluthochdruck, Zyklisches Glaukom li. (grüner Star li.);

Gutachten: "Auf Grund der aktuellen Befundlage (ha. klinischer, orthopädischer, psychiatrischer und psychologischer Befund) ist Frau K. in ihrem derzeitigen Einsatzbereich als Obererzieherin voll einsatzfähig"

- bezüglich der Untersuchung vom 10. März 1997 (orthop. Befund vom 12. März 1997)

Diagnose: gleich lautend wie bei der Untersuchung

am 17. Jänner 1997;

Gutachten: "Auf Grund der aktuellen Befundlage ist Frau K. als Obererzieherin dienstfähig, sofern die Gewichtsbeschränkung von 5 kg beim Heben und Tragen von Lasten eingehalten wird. Außerdem sind Arbeiten in überwiegend gebeugter Haltung zu vermeiden. Den Befund einer Röntgenuntersuchung (Computertomografie der Lendenwirbelsäule) wird Frau K. noch beibringen. Eine entsprechende ergänzende Stellungnahme zu diesem Gutachten wird dann übermittelt werden. Dienstantritt wurde für 13. März 1997 vereinbart",

- bezüglich der Untersuchung vom 14. März 1997 (orthop.

Befund vom 19. März 1997, LWS- CT vom 17. März 1997)

     Diagnose: gleich lautend wie bei der Untersuchung am 17.

Jänner 1997, Bandscheibenvorfall L4/5;

     Gutachten: "Auf Grund der aktuellen Befundlage ist Frau K.

als Obererzieherin dienstfähig, sofern die Gewichtsbeschränkung von 5 kg beim Heben und Tragen von Lasten eingehalten wird. Außerdem sind Arbeiten in gebückter Haltung zu vermeiden. Der bisherige Krankenstand seit 14. März 1997 ist insofern gerechtfertigt, als eine diagnostische Abklärung der Beschwerden (LWS-CT am 17. März 1997) durchgeführt worden ist. Ab sofort besteht wiederum Dienstfähigkeit entsprechend obigem Leistungskalkül. Dienstantritt wurde noch für den heutigen Tag aufgetragen.",

- bezüglich der Untersuchung vom 20. März 1997 (keine Zusatzbefunde)

Diagnose: wie bei der Untersuchung am 14. März 1997

Gutachten: "Bei der heutigen h.a. Untersuchung findet sich ein völlig unveränderter Befund gegenüber dem Vorbefund am 19. März 1997. Es sind in der Zwischenzeit keine zusätzlichen Erkrankungen oder Verletzungen aufgetreten, es werden auch keine neuen Beschwerden angegeben. Das im Gutachten vom 19. März 1997 beschriebene Leistungskalkül bleibt daher voll aufrecht. Die aktuelle Dienstverhinderung (seit 19. März 1997) ist daher aus medizinischer Sicht nicht gerechtfertigt. Frau K. wurde wiederum über ihr Leistungskalkül informiert. Außerdem wurde ihr der sofortige Dienstantritt aufgetragen",

- bezüglich der Untersuchung vom 6. Mai 1997 (Bestätigung des KH Eggenburg vom 6. Mai 1997, psycholog. Gutachten vom 2. Juni 1997, psychiatr. Gutachten vom 4. Juni 1997)

Diagnose: Rezidivierende Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in das rechte Bein bei Bandscheibenvorfall L4 /L5, Labiler Bluthochdruck, Grüner Star links (Zyklisches Glaukom)

Gutachten:

              "1.              Frau K. war auf Grund der vorliegenden Befunde gerechtfertigt im Krankenstand.

              2.              Seit 2. Juni 1997 ist Frau K. auf Grund der aktuellen Befundlage als Obererzieherin dienstfähig unter strikter Einhaltung einer Begrenzung der Hebe- und Trageleistung bis 5 kg.

              3.              Der Hinweis von Dr. P. (zur Klarstellung: es handelt sich hiebei offensichtlich um den orthop. Zusatzbefund ) vom 19. März 1997 lautet: Auf Grund der Bandscheidenvorfalls ist das Heben und Tragen bereits von Lasten über 5 kg striktest zu vermeiden ... (wird weiter ausgeführt).

Dieser Umstand wurde im Gutachten vom 19. März 1997 voll berücksichtigt mit dem Satz: Auf Grund der aktuellen Befundlage ist Frau K. als Obererzieherin dienstfähig, sofern die Gewichtsbeschränkung von 5 kg beim Heben und Tragen von Lasten eingehalten wird.

              4.              Die am 24. Jänner und 25. Jänner 1997 und am 24. November und 25. November 1996 angeführte Dienstverhinderung ist medizinischerseits nicht gerechtfertigt, da der Besuch von Fortbildungsveranstaltungen in dem geschilderten Umfang einen Gesundheitszustand voraussetzt, der auch zur Ausübung der Dienstpflichten einer Obererzieherin notwendig ist."

Mit Schreiben vom 23. März 1997 an den Stadtschulrat für Wien (im Folgenden: SSR) ersuchte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ihren Gesundheitszustand um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

              "1.              Können Sie bei der Tätigkeit als Erzieherin mit mehrfach behinderten Kindern, die mit natürlichen Verhaltensweisen auf erlebte Traumatisierung und Diskriminierung reagieren, eine aus orthopädischer Sicht dem Tragen und Heben entsprechende Belastung ausschließen?

              2.              Wer trägt die Verantwortung, wenn eine solche Belastung unvermutet entsteht und eine weitere Verschlechterung meines Gesundheitszustandes die Folge ist?"

Dieses Schreiben übermittelte die Beschwerdeführerin auch an die zuständige Personalvertreterin am BIG, die sich in ihrer Stellungnahme zu Punkt 1. der obigen Frage dahingehend äusserte, dass grundsätzlich Heben und Tragen im Erzieherberuf erforderlich, also demnach keinesfalls auszuschließen sei. (Einige dieser im Erzieheralltag anfallenden Tätigkeiten werden weiter dargestellt.)

Mit einem weiteren Schreiben vom 6. April 1997 an die Direktion des BIG beantragte die Beschwerdeführerin ihre "Beschäftigung als Zweitlehrer" unter Hinweis auf ihre Qualifikationen (Lehrerin für textiles und technisches Werken, Erzieherin, Sondererzieherin - u.a. Ausbildung in Gehörlosenpädagogik durch Fachlehrkräfte) und die derzeit von ihr absolvierte "Montessori-Ausbildung".

Anlässlich einer Niederschrift beim SSR am 21. April 1997 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, es werde bei Fortdauer der langen "Krankenstände" ein Ansuchen um Pensionierung von Amts wegen gestellt werden. Die Beschwerdeführerin ersuchte um "Bearbeitung ihres Ansuchens um Verwendungsänderung".

Mit Schreiben vom 2. Juli 1997 beantragte der SSR bei der belangten Behörde die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 iVm Abs. 3 BDG 1979. Nach Ansicht des SSR sei die Beschwerdeführerin dauernd dienstunfähig (wird näher dargelegt).

Die belangte Behörde äußerte sich mit Schreiben vom 28. Juli 1997 an den SSR dahingehend, dass unter Bedachtnahme auf die vorgelegten amtsärztlichen Gutachten "und die übrigen Unterlagen" die Auffassung vertreten werde, dass eine Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin gerechtfertigt sei. Der Beschwerdeführerin sei nochmals Parteiengehör zu gewähren und hiebei auf das Ergebnis der vom SSR durchgeführten Ermittlungen und die Rechtsansicht der belangten Behörde hinzuweisen. Soferne die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand stelle, nehme die belangte Behörde in Aussicht, diesem stattzugeben. Sollte jedoch die Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin bis zum Beginn des Schuljahres 1997/98 wieder hergestellt werden, hätte sie ihren Dienst anzutreten. Aus dem Antrag und den angeschlossenen Unterlagen gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin immer wieder ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzt habe (wird näher ausgeführt).

Am 26. August 1997 gab die Beschwerdeführerin beim SSR niederschriftlich auf die Frage, welche Vorstellungen sie von ihrer zukünftigen Beschäftigung habe, an, sie wolle vor Abgabe einer Stellungnahme Einsicht in die amtsärztlichen Subgutachten nehmen. Sie wurde darüber informiert, dass die von ihr absolvierte Montessori-Ausbildung im öffentlichen Dienst nicht verwertbar sei. Es wurde vereinbart, die Subgutachten von der MA 15 anzufordern und der Beschwerdeführerin Einsicht zu gewähren. Weiters hielt der die Amtshandlung leitende Organwalter fest, dass auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens Belastungen zu vermeiden seien, was aber im Erzieherdienst nicht möglich wäre. Auch müsse auf Beschwerden der Schule reagiert werden. Letztlich wurde ein weiterer Besprechungstermin für den 5. September 1997 vereinbart, bei dem die Beschwerdeführerin angab, "dass sie nach Beratung und Einsicht in die amtsärztlichen Gutachten kein Ansuchen auf Pensionierung stellt" (dieser Niederschrift sind ein psychiatrisches sowie ein psychologisches Gutachten vom 4. Juni bzw. 2. Juni 1997 angeschlossen).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 1997 sprach die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 30. November 1997 in den Ruhestand versetzt werde. Wegen Bemessung und Anweisung des Ruhegenusses werde unter einem durch den Stadtschulrat für Wien das Erforderliche veranlasst. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 und Darstellung der eingangs wiedergegebenen "Krankenstände" aus, es werde festgestellt, die Beschwerdeführerin sei auch in den Schuljahren vorher aus gesundheitlichen Gründen verhindert gewesen, ordnungsgemäß Dienst zu leisten; eine regelmäßige Dienstleistung liege schon seit dem Schuljahr 1989/90 nicht mehr vor. Im amtsärztlichen Gutachten vom 6. Mai 1997 werde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin unter strikter Einhaltung einer Begrenzung der Hebe- und Trageleistung bis 5 kg dienstfähig sei. Im Gutachten vom 23. Juni 1997 werde die Dienstfähigkeit mit der Einschränkung festgestellt, dass das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg zu vermeiden sei, da es dadurch zu neurologischen Ausfällen kommen könne. Hiezu werde festgestellt, dass der Aufgabenbereich einer Erzieherin - insbesondere bei der Betreuung körperlich behinderter Kinder - derartige Tätigkeiten jedenfalls umfasse. Auf Grund der Verantwortung des Dienstgebers gegenüber seinen Bediensteten müssten diese Leistungen daher untersagt werden, was jedenfalls zu einer Einschränkung der Dienstfähigkeit führe. Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin durch ihre Erkrankung an einer ordnungsgemäßen Dienstleistung verhindert sei und dass eine weitere Dienstleistung für sie ein objektiv unzumutbares Unbild darstellen würde. Nach Auffassung der belangten Behörde liege bei der Beschwerdeführerin daher Dienstunfähigkeit vor. Es könne ihr im Wirkungsbereich des Stadtschulrates für Wien auch kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden. Auf Grund ihrer Ausbildung wäre für die Beschwerdeführerin ausschließlich eine Beschäftigung als Erzieherin möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem sich aus § 14 BDG 1979 ergebenden Recht, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen gemäß dieser Norm amtswegig in den Ruhestand versetzt zu werden, durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschrift über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt sie vor, im angefochtenen Bescheid werde ausgeführt, sie sei sowohl nach einem amtsärztlichen Gutachten vom 6. Mai 1997 als auch nach einem Gutachten vom 23. Juni 1997 bei Einhaltung einer Begrenzung der Hebe- und Trageleistung bis 5 kg dienstfähig. Anschließend daran werde ausgeführt, dass die Aufgabe einer Erzieherin - insbesondere bei der Betreuung körperlich behinderter Kinder - derartige Tätigkeiten (gemeint offensichtlich Tätigkeiten, bei welchen Heben und Tragen von mehr als 5 kg erforderlich sei) jedenfalls umfasse, "was jedenfalls zu einer Einschränkung der Dienstfähigkeit" führe. Die mangelnde Schlüssigkeit dieser Begründung sei unmittelbar ersichtlich. Was die Frage der Möglichkeit entsprechender Rücksichtnahme im Rahmen des Erzieherdienstes der Beschwerdeführerin betreffe, sei zumindest nicht ohne nähere Feststellungen nachvollziehbar, weshalb diese an ihrer früheren Dienststelle nicht gegeben sein solle. Zwar sei für die dort zu unterrichtenden und zu erziehenden Kinder zweifellos der von der belangten Behörde verwendete Begriff "körperlich behindert" anwendbar, die Art der körperlichen Behinderung lasse jedoch keine Schlussfolgerung darauf zu, dass jede Erzieherin größere (5 kg übersteigende) Hebe- bzw. Trageleistungen unbedingt erbringen müsse.

Was die Möglichkeit des Einsatzes der Beschwerdeführerin in Werkerziehung bzw. Handarbeiten betreffe, hätte die belangte Behörde darauf schon von sich aus Rücksicht nehmen müssen. Die einschlägige Ausbildung sei aus ihrem Personalakt ersichtlich. Zudem sei ihr vor Bescheiderlassung kein Parteiengehör gewährt worden, sodass sie ihrerseits nicht die Gelegenheit gehabt habe, auf diese alternative Verwendungsmöglichkeit hinzuweisen. Andernfalls hätte sie das getan und es hätte sich herausgestellt, dass ihr eine entsprechende Ersatzverwendungsmöglichkeit im Sinn des § 14 Abs. 3 BDG 1979 hätte zugewiesen werden können. Weiters hätte die Beschwerdeführerin bei Gewährung des Parteiengehörs selbstverständlich die Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit entsprechend den obigen Ausführungen geltend gemacht. Sie sei zwar einmal zum Stadtschulrat vorgeladen worden, dort sei aber im Wesentlichen nur auf sie eingeredet worden; es sei ihr sogar die Einsichtnahme in Subgutachten ausdrücklich verweigert worden; außerdem sei dies zu einem Zeitpunkt gewesen, als die Behandlung und Rehabilitation mit dem Endergebnis der dargestellten Verbesserung ihres Gesundheitszustandes noch nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen wäre die belangte Behörde auch von Amts wegen verpflichtet gewesen, vor Bescheiderlassung den aktuellen gesundheitlichen Zustand zu erheben. Das entscheidende orthopädische Gutachten, welches auch späteren Begutachtungen (insbesondere jener vom 12. Juni 1997) mit der Behauptung der Beschränkung der Hebe- und Tragefähigkeit der Beschwerdeführerin auf 5 kg zu Grunde gelegt worden sei, datiere bereits vom 19. März 1997 und enthalte keine Angabe über die Dauer des diagnostizierten Zustandes und der daraus resultierten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Dies gelte auch für die Begutachtung vom 12. Juni 1997, sodass es insgesamt an einer Beweislage mangle, auf Grund welcher die dauernde Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin als erwiesen hätte angenommen werden können. Schließlich leide die Bescheidbegründung auch daran, dass der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin überhaupt nicht näher dargestellt werde. Ohne eine diesbezügliche Beschreibung und Auseinandersetzung mit den einschlägigen Beweismitteln (Gutachten) fehle die Basis für eine Nachprüfung der rechtlichen Schlussfolgerungen, also für die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung ihrer Dienstfähigkeit.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die wesentlichen Aussagen der Bescheidbegründung (wie den Ausführungen zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu entnehmen sei) auch zeigen, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt habe. Nach dieser genüge nicht eine "Einschränkung der Dienstfähigkeit", sondern es sei Dienstunfähigkeit erforderlich. Eine solche sei bei der Beschwerdeführerin selbst nach den behördlichen Feststellungen nicht gegeben, weil diese entsprechend den obigen Ausführungen die Annahme nicht deckten, dass sie bei einer Beschränkung ihrer Hebe- und Trageleistung auf maximal 5 kg keinen Erzieherdienst oder nicht wenigstens den Dienst auf einem anderen gleichwertigen Arbeitsplatz im Sinn des § 14 Abs. 3 BDG 1979 verrichten könnte.

Nach § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung BGBl. Nr. 820/1995, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Der Beamte ist nach Abs. 3 der genannten Bestimmung (Stammfassung) dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

In § 14 BDG 1979 bzw. in anderen Bestimmungen des BDG 1979 in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung sind für die Ruhestandsversetzung keine besonderen Verfahrensbestimmungen vorgesehen. Auf das Ruhestandsversetzungsverfahren findet daher das AVG mit den durch das DVG gegebenen Abweichungen Anwendung. Im Rahmen der geltenden Bestimmungen des DVG ist insbesondere auf § 8 Abs. 1 hinzuweisen, nach dem die Behörde im Dienstrechtsverfahren die zum Vorteil und Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen hat.

Wie der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1997, Zl. 96/12/0242, dargelegt hat, hat die mit der Novelle BGBl. Nr. 820/1995 verfügte Änderung des § 14 BDG 1979 (Wegfall der Verpflichtung der Behörde zur Pensionierung des Beamten bei Dienstunfähigkeit und seiner mehr als einjährigen Abwesenheit vom Dienst infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens) nichts am Inhalt des weiterhin verwendeten Begriffes der "Dienstunfähigkeit" geändert, weshalb zur Bestimmung des Inhaltes des Begriffes der Dienstunfähigkeit nach § 14 daher weiterhin die bisherige Rechtsprechung herangezogen werden kann.

Nach dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe auch dazu das vorzitierte Erkenntnis vom 26. Februar 1997, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) ist die "Dienstunfähigkeit" ein Rechtsbegriff. Die Beurteilung obliegt der Dienstbehörde insbesondere auf Grund von ärztlichen Sachverständigengutachten. Der Schluss auf die Dienstunfähigkeit ist aber nicht nur auf Grund ärztlicher Feststellungen, sondern - insbesondere bei habituellen Charaktereigenschaften bzw. bestimmten offenkundigen geistigen Mängeln - auch aus der Art der Dienstleistung selbst zulässig. Ausgehend von ärztlichen Sachverständigengutachten hat die Dienstbehörde die Frage der Ruhestandsversetzung nach der Rechtsprechung wie folgt zu beurteilen:

Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann (medizinischer Aspekt) und kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz im Bereich seiner Dienstbehörde vorhanden ist, dessen Aufgabe der Beamte erfüllen kann und dessen Ausübung ihm billigerweise zugemutet werden kann (Vergleichsaspekt). Die Frage der Dienstunfähigkeit ist demnach unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben am Arbeitsplatz bzw. die Möglichkeit der Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes zu lösen.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde hinsichtlich des medizinischen Aspektes von den beiden angeführten amtsärztlichen Gutachten vom 6. Mai und 23. Juni 1997 aus, denen zufolge (im Wesentlichen gleich lautend) die Beschwerdeführerin unter strikter Einhaltung einer Begrenzung der Hebe- und Trageleistung bis 5 kg "dienstfähig" sei. Ausgehend von der weiteren Behauptung, dass der Aufgabenbereich einer Erzieherin "insbesondere bei der Betreuung körperlich behinderter Kinder" derartige Tätigkeiten "jedenfalls" umfasse, zog die belangte Behörde die Schlussfolgerung, "diese" müssten der Beschwerdeführerin untersagt werden, "was jedenfalls zu einer Einschränkung der Dienstfähigkeit führt".

Ausgehend von der Gewichtsbeschränkung in den Gutachten und dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren (siehe dazu insbesondere das eingangs wiedergegebene Schreiben vom 23. März 1997 an den SSR), erscheint die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin könne bei dem in den Gutachten gegebenen Gesundheitskalkül ihren bisherigen Arbeitsplatz nicht ausfüllen, als frei von Rechtsirrtum.

Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.

Abgesehen von der Prüfung der (gesundheitlichen) Eignung der Beschwerdeführerin besteht - worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird - auch die Notwendigkeit einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der in § 14 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehenen "Verweisungsmöglichkeit". Die belangte Behörde hat dazu im angefochtenen Bescheid lediglich festgestellt, dass für die Beschwerdeführerin "auf Grund ihrer Ausbildung ausschließlich eine Beschäftigung als Erzieherin" möglich sei und ihr im Wirkungsbereich des Stadtschulrates für Wien kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne.

Da die belangte Behörde in der Frage des Verweisungsarbeitsplatzes keine entsprechenden Erhebungen und Feststellungen vorgenommen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997120397.X00

Im RIS seit

13.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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