TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/13 97/12/0344

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Veröffentlicht am 13.09.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
72/13 Studienförderung;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140;
B-VG Art7 Abs1;
EStG 1988 §41 Abs1;
StGG Art2;
StudFG 1992 §11 Abs1 idF 1994/619;
StudFG 1992 §11 Abs1 Z1 idF 1994/619;
StudFG 1992 §11 Abs2 idF 1994/619;
StudFG 1992 §12 idF 1994/619;
StudFG 1992 §7 Abs2 idF 1994/619;
StudFG 1992 §8 Abs2 idF 1994/619;
StudFG 1992 §9 Z2 idF 1994/619;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana und Dr. Gabriele Vana - Kowarzik, Rechtsanwälte in Wien II, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 9. August 1995, Zl. 56.034/25-I/7a/95, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Bemessung der Studienbeihilfe für die Monate März und April 1995 vorgenommen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1990/91 an der Wirtschaftsuniversität Wien Handelswissenschaften.

Mit dem am 8. März 1995 bei der zuständigen Stipendienstelle der Studienbeihilfenbehörde eingelangten Antrag vom 20. Februar 1995 begehrte er die Gewährung von Studienbeihilfe. Neben einem Lohnzettel über die von seinem Vater im Kalenderjahr 1994 bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit - in der im Vordruck vorgesehenen Spalte "Berücksichtigter Freibetrag laut Mitteilung gemäß § 63" (des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG 1988) findet sich die Angabe "0" - legte der Beschwerdeführer im Zuge des Ermittlungsverfahrens u. a. sowohl den Bescheid des zuständigen Finanzamtes vom 21. März 1994 vor, wonach sein Vater für das Jahr 1992 nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht veranlagt werde und für das Jahr 1993 den Veranlagungsbescheid vom 21. März 1995 (negative Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) vor.

Mit Bescheid vom 23. Mai 1995 bewilligte die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, die Gewährung der Studienbeihilfe und legte ihre Höhe ab 1. März 1995 mit S 2.300,-- , ab 1. Mai 1995 mit S 2.420,-- und ab 1. Oktober 1995 mit S 2.820,-- pro Monat fest. Sie legte dabei der Bemessung - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - (nur) den Lohnzettel über die Einkünfte des Vaters im Kalenderjahr 1994 zugrunde.

In seiner Vorstellung rügte der Beschwerdeführer, dass der Einkommensteuerbescheid seines Vaters für das Jahr 1993 nicht berücksichtigt worden sei. Dies sei der letzte (bisher ergangene) Einkommensteuerbescheid, der die finanzielle Einkommenssituation der Familie am besten darstelle. Sollte aber die Vorgangsweise der Studienbeihilfenbehörde zutreffen, sei er von der Behörde unzureichend informiert worden (Verletzung des § 13a AVG). Es wäre ihm - wie er nachträglich erfahren habe - nämlich die Möglichkeit offen gestanden, innerhalb der bis 31. Mai 1995 offenen Einreichfrist seinen ursprünglichen Antrag zurückzuziehen und diesen neuerlich (nach dem 21. März 1995) unter Vorlage des Einkommensteuerbescheides 1993 einzubringen (was in der in diesem Fall gebotenen Berücksichtigung dieses Bescheides zu einer höheren Studienbeihilfe geführt hätte).

Mit Bescheid vom 29. Juni 1995 wies der zuständige Senat der Studienbeihilfenbehörde die Vorstellung ab. Zur Beurteilung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 4 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992) sei der Zeitpunkt der Antragstellung (hier: 8. März 1995) maßgebend. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 sei erst am 21. März 1995 ergangen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der "Einkommenssteuerbescheid 1992" der zuletzt ergangene und daher (unter Heranziehung des Lohnzettels für das Jahr 1994) für die Höhe der Studienbeihilfe maßgebende gewesen.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass im Beschwerdefall eine paradoxe Situation vorliege: hätte sein Vater aus seinem Gewerbebetrieb statt S 7.719,-- laut Einkommensteuerklärung 1992 S 10.001,-- erwirtschaftet, wäre eine Veranlagung für das Jahr 1992 unter Berücksichtigung der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen in der Höhe von S 96.452,-- (die laut Jahresausgleichsbescheid des zuständigen Finanzamtes für das Jahr 1992 vom 24. März 1995 in dieser Höhe anerkannt worden seien) erfolgt, was zu einer höheren Studienbeihilfe geführt hätte (wird an Hand eines "fiktiven" Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1992 unter Zugrundelegung dieser Annahme näher ausgeführt). Außerdem habe eine gegenüber den Einkünften seines Vaters im Jahr 1993 eingetretene Verminderung von dessen Einkünften im Jahr 1994 zu einer geringeren Höhe der Studienbeihilfe (von S 2.370,-- im WS 1994/95 auf S 2.300,-- im SS 1995) geführt (wird näher ausgeführt). Obwohl sich dennoch seine soziale Bedürftigkeit erhöht habe, erhalte er bei gleicher Gesetzeslage nun weniger Beihilfe.

Mit (dem nunmehr angefochtenen) Bescheid vom 9. August 1995 wies die belangte Behörde gemäß §§ 7 Abs. 2 und 11 Abs. 1 StudFG 1992 die Berufung ab. Sie ging dabei vom unbestritten gebliebenen Sachverhalt aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers am 8. März 1995 gestellt worden und der zum Zeitpunkt der Antragstellung letztergangene Einkommensteuerbescheid für den Vater des Beschwerdeführers jener für das Kalenderjahr 1992 (vom 21. März 1994) gewesen sei, der von der Behörde zutreffend berücksichtigt worden sei. Diese Vorgangsweise entspreche dem Gesetz (§ 7 Abs. 2 StudFG 1992). Die vom Beschwerdeführer theoretisch angestellten Überlegungen, dass er bei einem anderen (Einkommensteuer) Bescheid seines Vaters eine höhere Studienbeihilfe bezogen hätte, führten seine Berufung nicht zum Erfolg. Zum Einwand der geringeren Studienbeihilfe ab dem SS 1995 trotz eines niedrigeren Einkommens laut Lohnzettel für das Jahr 1994 als das für die Bemessung der (höheren) Studienbeihilfe im WS 1994/95 zugrundegelegte höhere Einkommen im Jahr 1993 wies die belangte Behörde darauf hin, dass es nicht auf die vom Beschwerdeführer angeführten Bruttobeträge ankomme. Im Beschwerdefall stehe die Berechnung der Studienbeihilfe durch die Studienbeihilfenbehörde mit dem StudFG 1992 in Einklang.

Von Bedeutung für den Beschwerdefall ist noch folgender Umstand: Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 1. September 1995 bewilligte die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erhöhung der für das SS 1995 und WS 1995/96 gewährten Studienbeihilfe. Sie setzte (soweit dies hier von Interesse ist) die Studienbeihilfe ab 1. Mai 1995 mit S 5.000,-- neu fest. Der Begründung dieses Bescheides lässt sich aus den zugrundegelegten Einkommen der Familienmitglieder des Beschwerdeführers entnehmen, dass für die Neuberechnung der Einkommensteuerbescheid seines Vaters für das Jahr 1993 und der Lohnzettel über dessen Einkünfte im Jahr 1994 maßgebend waren.

Gegen den Bescheid vom 9. August 1995 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte ihre Behandlung mit Beschluss vom 9. Juni 1997, B 2964/95-8, ab, trat sie jedoch über einen rechtzeitig gestellten nachträglichen Antrag nach § 87 Abs. 3 VerfGG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 29. September 1997, B 2964/95-10).

In seiner über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend bzw. regt in eventu die Anfechtung des § 11 Abs. 1 und 2 StudFG 1992 beim Verfassungsgerichtshof an.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Beschwerdeführer hat dazu unaufgefordert eine Replik

erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage

1. Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG 1992)

Im Beschwerdefall ist das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 619/1994, anzuwenden. Paragraphenbezeichnungen ohne Gesetzeszitat beziehen sich auf das StudFG 1992 in dieser Fassung, soweit nicht anderes angegeben wird. Das StudFG 1992 wird nur ausnahmsweise genannt, wenn eine Verwechslungsgefahr mit anderen im Beschwerdefall anzuwendenden Gesetzen besteht.

Nach § 1 Abs. 4 (Stammfassung) ist zur Beurteilung von Ansprüchen der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich.

Eine Voraussetzung für die Gewährung der Studienbeihilfe ist nach § 6 Z. 1, dass der Studierende sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12).

§ 7, der die "Kriterien der sozialen Bedürftigkeit" näher regelt, lautet (auszugsweise):

"(1) Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1.

Einkommen,

2.

Familienstand und

3.

Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten.

(2) Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.

..."

§ 8 lautet auszugsweise:

"Einkommen

§ 8. (1) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung zuzüglich

2.

der Hinzurechnungen gemäß § 9 und

3.

des Pauschalierungsausgleichs gemäß § 10.

(2) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so sind bei der Ermittlung des Einkommens nach Abs. 1 jene lohnsteuerpflichtigen Einkünfte anzusetzen, die in dem der Antragstellung vorangegangenen Kalenderjahr zugeflossen sind. Eine Hinzurechnung derartiger Einkünfte hat auch dann zu erfolgen, wenn zwar nicht im zuletzt veranlagten, jedoch in dem der Antragstellung vorangegangenen Kalenderjahr lohnsteuerpflichtige Einkünfte zugeflossen sind. Dies gilt sinngemäß auch für steuerfreie Bezüge gemäß § 9 Z. 1 und Z. 3.

..."

§ 9 Z. 2 ordnet an, dass die Beträge nach den §§ 10, 12, 18 Abs. 1 Z. 4 sowie Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, 36, 41 Abs. 3 sowie 112 Z. 5, Z. 7 und 8 EStG dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 hinzuzurechnen sind.

§ 11 lautet:

"Einkommensnachweise

§ 11. (1) Das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist wie folgt nachzuweisen:

1. grundsätzlich durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr,

2. bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften außerdem durch die Vorlage sämtlicher Lohnzettel über das letztvergangene Kalenderjahr,

3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, durch die Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides,

4. bei steuerfreien Bezügen gemäß § 9 Z 1 und Z 3 durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle über die Bezüge im letztvergangenen Kalenderjahr.

(2) Über Sonderausgaben, allfällige steuerfreie Bezüge, Beträge gemäß § 9 Z 2 sowie ausländische Einkünfte ist eine Erklärung abzugeben. Es können, insbesondere bei ausländischen Einkünften, auch andere Nachweise über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden."

Im § 12 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 619/1994 - zuvor geregelt in § 11 Abs. 3 (Stammfassung) - werden "Sonderfälle der Einkommensbewertung" normiert, in denen u.a. an die Stelle der Nachweispflicht die Schätzung der Studienbeihilfenbehörde tritt.

§ 39 lautet auszugsweise (mit Ausnahme des ersten Satzes des Abs. 2, dessen Fassung auf die Novelle BGBl. Nr. 619/1994 zurückgeht, stammen die zitierten Teile aus der Stammfassung):

"Anträge

§ 39. (1) Studienbeihilfen werden auf Antrag zuerkannt.

(2) Anträge sind im Wintersemester in der Zeit vom 15. September bis 21. Dezember und im Sommersemester in der Zeit vom 15. Februar bis 31. Mai zu stellen ...

(3) Die Anträge sind bei der zuständigen Stipendienstelle einzubringen ...

(4) Für die Anträge sind Formblätter zu verwenden, die der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Unterricht und Kunst und dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz durch Verordnung festzulegen hat.

(5) ...

(6) Die für die Beurteilung des Anspruches erforderlichen Nachweise sind anzuschließen. Wenn dafür Formblätter bestehen, sind diese zu verwenden.

(7) Die für Anträge auf Studienbeihilfe geltenden Bestimmungen sind auch auf Anträge auf Erhöhung einer zuerkannten Studienbeihilfe anzuwenden. Anträge auf Erhöhung können jedoch jederzeit eingebracht werden. Allfällige Erhöhungen werden mit Ablauf des Monats wirksam, in dem das zur Erhöhung führende Ereignis eingetreten ist. Wird der Antrag auf Erhöhung erst mehr als zwei Monate nach Eintritt des zur Erhöhung führenden Ereignisses gestellt, wird die Erhöhung erst mit dem der Antragstellung folgenden Monatsersten wirksam.

(8) ..."

2. Formularverordnung 1994

Im Beschwerdefall galt die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über Formulare nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 894/1994 (im Folgenden kurz Formularverordnung 1994).

Für den Nachweis der sozialen Bedürftigkeit enthalten die Anlagen 7 bis 11 Musterformulare.

In der Anlage 8 ist das Formular "SB 4/94 - Erklärung gemäß § 11 Abs. 2 Studienförderungsgesetz 1992" geregelt.

Es enthält im Abschnitt 2 (Erklärung über Hinzurechnungsbeträge nach § 9 StudFG) zur Frage 2.2. "Haben Sie im letzten Kalenderjahr oder im vorgelegten Einkommensteuerbescheid eine(n) oder mehrere der nachstehend angeführten Steuerbefreiungen (Freibeträge) geltend gemacht?" folgenden Unterfall:

"2.2. Aufwendungen für die Anschaffung von Genussscheinen und die Erstanschaffung junger Aktien(§ 18 Abs. 1 Z 4 EStG 1988), soweit sie als Sonderausgaben berücksichtigt wurden.

Haben Sie im Wege der Einkommensteuererklärung oder des Jahresausgleichs derartige Sonderausgaben geltend gemacht oder wurden solche im Freibetragsbescheid gemäß § 63 EStG 1988 berücksichtigt, beantworten Sie bitte diese Frage mit JA und tragen Sie den vollen, bei der Antragstellung geltend gemachten Betrag ein."

Die sonstigen Fragen des Formulars "SB 4/94" beziehen sich weder auf sonstige Sonderausgaben nach § 18 EStG noch auf außergewöhnliche Belastungen nach §§ 34 und 35 EStG.

3. Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988

Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des EStG 1988 von Bedeutung :

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18), außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) und Sanierungsgewinne (§ 36) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105.

Zu den in Absatz 3 aufgezählten Einkunftsarten zählen u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieben sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

§ 18 EStG 1988 zählt die Sonderausgaben auf. Dazu gehören u. a. (unter bestimmten Voraussetzungen) nach Z. 4 Ausgaben natürlicher Personen für die Anschaffung von Genussscheinen im Sinne des § 6 des Beteiligungsfondsgesetzes und für die Erstanschaffung junger Aktien (Abs. 3 Z. 4 lit. a) von Aktiengesellschaften im Sinne des Abs. 3 Z. 4 lit. b, die den Ausgabebetrag (Nennbetrag und ein Aufgeld) betreffen. Nur diese Sonderausgaben sowie die in Abs. 6 und 7 EStG 1988 geregelten Fälle, die im Beschwerdefall aber keine Rolle spielen, sind für die Ermittlung des Einkommens nach dem StudFG 1992 hinzuzurechnen. Alle anderen Sonderausgaben nach § 18 EStG (darunter z.B. Beiträge und Versicherungsprämien zu bestimmten freiwilligen Versicherungen oder Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung) sind ebenso wie im Steuerrecht auch nach dem StudFG 1992 einkommensmindernde Maßnahmen.

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Eine solche Belastung muss bestimmte im Gesetz näher geregelte Voraussetzungen erfüllen.

§ 41 EStG 1988 in der für den Veranlagungszeitraum 1992 geltenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 818/1993 lautet auszugsweise:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so wird der Steuerpflichtige nur veranlagt, wenn die anderen Einkünfte insgesamt mehr als 10.000 S betragen. § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

(2) Übersteigen die anderen Einkünfte insgesamt nicht den Betrag von 10.000 S, kann die Durchführung einer Veranlagung beantragt werden, wenn

1. die Summe der anderen Einkünfte einen Verlust ergibt (Verlustveranlagung) oder

2.

ein Verlustabzug gemäß § 18 Abs. 6 und 7 zusteht oder

3.

zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung eine im Ausland

entrichtete Einkommensteuer auf die inländische Einkommensteuer anzurechnen ist oder

              4.              im Einkommen Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 10 oder 11 enthalten sind oder

              5.              im Einkommen abzugspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen von mehr als 300 S enthalten sind.

Der Antrag kann innerhalb von zwei Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden. ..."

§ 41 EStG 1988 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 818/1993 führte ab dem Kalenderjahr 1994 die Arbeitnehmerveranlagung ein, auf die die Novelle des StudFG 1992, BGBl. Nr. 619/1994 (siehe oben unter § 11) Bezug nimmt. Sie spielt im Beschwerdefall aber keine Rolle.

Gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 (sowohl in der für den Veranlagungszeitraum 1992 als auch in der für den Veranlagungszeitraum 1994 geltenden Fassung nach der Novelle BGBl. Nr. 818/1993) hat das Finanzamt für die Berücksichtigung bestimmter Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Jahresausgleichsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen. Der Freibetragsbescheid und eine Mitteilung sind jeweils für das dem Jahresausgleichs- (ab 1994 auch) oder Veranlagungszeitraum zweitfolgende Jahr zu erstellen, wenn beim Jahresausgleich oder der Veranlagung mindestens einer der folgenden Beträge berücksichtigt wurde (es folgt eine Aufzählung; darunter fallen - insoweit besteht für die beiden obgenannten Veranlagungszeiträume kein Unterschied - nach Z. 2 Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 bis 4, soweit sie den Jahrespauschbetrag gemäß § 18 Abs. 2 leg. cit. übersteigen, oder Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1, 6 und 7; nach Z. 3 des § 63 Abs. 1 EStG 1988 gehören dazu auch außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34, ausgenommen jene, bei denen § 34 Abs. 4 leg. cit. zur Anwendung kommt).

Für Lohnzahlungszeiträume bis einschließlich 1993 galt auch die folgende ursprüngliche Fassung des letzten Satzes des Abs. 1:

"Ein Freibetragsbescheid ist jedoch nicht zu erlassen, wenn das Kalenderjahr, für das er zu ergehen hätte, bereits abgelaufen ist oder die unbeschränkte Steuerpflicht nicht mehr besteht."

Nach § 63 Abs. 2 EStG 1988 hat das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers keinen Freibetragsbescheid zu erlassen oder einen betragsmäßig niedrigeren als den sich gemäß Abs. 1 ergebenden Freibetrag festzusetzen.

Auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber sind der Freibetrag sowie das Kalenderjahr, für das der Freibetrag festgesetzt wurde, auszuweisen ( § 63 Abs. 3 EStG 1988).

II. Beschwerdeausführungen, Gegenschrift und Erwägungen

              1.              Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Berücksichtigung der bei seinem Vater gegebenen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen bei der Feststellung der Bemessungsgrundlage für seine Studienbeihilfe im Sinn des § 11 StudFG 1992 verletzt.

2.1. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes weist er zunächst darauf hin, dass sich durch den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 11. September 1995 (Erhöhung der Studienbeihilfe ab Mai 1995) der Zeitraum, für den ihm die am Einkommensteuerbescheid 1992 orientierte niedrigere Studienbeihilfe ausbezahlt worden sei, auf zwei Monate (März, April 1995) verkürzt habe. Die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren notwendige Beschwer sei damit aber nicht weggefallen.

2.2. Diese Ausführungen treffen zu. Durch den in Rechtskraft erwachsenen (späteren) Bescheid der Behörde erster Instanz vom 11. September 1995 (Neufestsetzung der Höhe der Studienbeihilfe ab 1. Mai 1995) ist der zeitliche Geltungsbereich des (früher erlassenen) angefochtenen Bescheides auf die Festsetzung der Höhe der Studienbeihilfe für die Monate März und April 1995 eingeschränkt worden. Nur in diesem eingeschränkten Umfang kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt werden.

3. Die Besonderheit seines Falles erblickt der Beschwerdeführer darin, dass den früheren Studienbeihilfenbescheiden die jeweiligen Einkommensteuerbescheide seines Vaters zugrundegelegt worden seien, in denen aus Anlass der Veranlagung jeweils Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt gewesen seien, was sich in der Folge bei der Bemessung seiner Studienbeihilfe (für ihn günstig) ausgewirkt habe. Die Nichtveranlagung seines Vaters zur Einkommensteuer für das Jahr 1992 durch den Bescheid des zuständigen Finanzamtes vom 21. März 1994 habe zur Folge gehabt, dass Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen für dieses Jahr (für die Bemessung der Studienbeihilfe) unberücksichtigt geblieben seien. Diese Abzugsposten seien auch nicht über den Lohnzettel für das Jahr 1994 bei der Bemessung der (hier strittigen) Studienbeihilfe eingeflossen, weil sie darin (anders als bei den Veranlagungsbescheiden früherer Jahre) nicht berücksichtigt gewesen seien. Erst durch einen Jahrsausgleichsbescheid hätte der Nachweis für diese beiden Abzugsposten (bei Zutreffen der Auffassung der belangten Behörde) geführt werden können.

§ 11 regle die Nachweispflicht für Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit verschieden. Zwar werde für beide Gruppen die Vorlage eines Bescheides gefordert, doch werde bei der erstgenannten Einkunftsart auf das zuletzt veranlagte Kalenderjahr abgestellt, während bei den unselbständigen Einkommen das letztvergangene Kalenderjahr (vor der Antragstellung nach dem StudFG 1992) und bei Nichtvorliegen eines Bescheides der (jedenfalls für diesen Zeitraum vorhandene) Lohnzettel maßgebend sei. Da der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen sei, dass ein Jahresausgleichsbescheid - jedenfalls während der für die Studienbeihilfe offenen Antragsfrist im jeweiligen Sommersemester (hier:15. Februar bis 31. Mai 1995) nicht (immer) vorliegen werde, habe er in § 11 Abs. 2 die subsidiäre Vorschrift geschaffen, wonach u.a. bezüglich der Sonderausgaben der Antragsteller einer Studienbeihilfe eine Erklärung abzugeben habe. Allerdings treffe § 11 Abs. 2 StudFG 1992 nur für die Sonderausgaben eine ausdrückliche Regelung, nicht aber (explicite) auch für die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35 EStG 1988).

Das im Beschwerdefall aufgezeigte Dilemma könne nur wie folgt gelöst werden: Entweder sei § 11 StudFG 1992 verfassungswidrig (3.1.) - dieser Auffassung sei der Verfassungsgerichtshof im Ablehnungsbeschluss nicht gefolgt - oder er müsse verfassungskonform ausgelegt werden (3.2.)

3.1. Vor diesem Hintergrund erblickt der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des § 11, von der er ausdrücklich weiterhin ausgeht, in der unterschiedlichen Behandlung der Nachweispflicht für Bezieher verschiedener Einkommensgruppen. Seien Sonderausgaben im Sinn des § 11 Abs. 2 StudFG 1992 nur Sonderausgaben nach § 18 EStG 1988, liege die Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung darin, dass Studierende, die selbst oder deren Angehörige lohnsteuerpflichtig seien, (bei Nichtvorliegen des Jahresausgleichsbescheids für das letztvergangene Kalenderjahr vor Antragstellung nach dem StudFG 1992) keine Möglichkeit hätten, die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen, die sich (auch nach dem Studienförderungsrecht an sich) einkommensmindernd (und damit positiv auf die Höhe der Studienbeihilfe zugunsten des Studierenden) auswirkten, herbeizuführen. Damit wäre aber eine große Gruppe von Studienbeihilfenbeziehern systematisch von der Berücksichtigung von außerordentlichen Belastungen im Sinn des § 34 EStG 1988 ausgeschlossen.

Für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertrete, dass der Begriff "Sonderausgaben" in § 11 Abs. 2 StudFG 1992 nur im Sinn des § 18 EStG 1988 verstanden werden könne, liege aus obigen Gründen eine gleichheitswidrige Norm vor. In diesem Zusammenhang regt der Beschwerdeführer an, der Verwaltungsgerichtshof möge § 11 Abs. 1 und 2 StudFG 1992 gemäß Art 140 Abs. 1 B-VG bei Verfassungsgerichtshof anfechten.

3.2. Wolle man dieses sinnwidrige Ergebnis vermeiden, müssten auch außergewöhnliche Belastungen nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 von § 11 Abs. 2 StudFG 1992 erfasst sein.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts bringt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang im Ergebnis vor, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, Informationen nicht nur über die Höhe der im Kalenderjahr 1994 seinem Vater erwachsenen Sonderausgaben, sondern auch über dessen außergewöhnliche Belastungen einzuholen und deren Ergebnis der Berechnung der Studienbeihilfe zugrunde zu legen, zumal er in seiner Berufung darauf hingewiesen habe, dass für das Jahr 1994 Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von

S 96.452,-- angefallen seien. Die im Formular "SB 4/94" der Studienbeihilfenbehörde vorgegebenen Fragen enthielten aber keine allgemeine Frage zur Ermittlung der Sonderausgaben bzw. der außergewöhnlichen Belastungen, sondern schränkten die Ermittlungspflicht offenbar nur auf jene Posten ein, die (nach der Hinzurechnungsregelung des § 9) zu einer Erhöhung des Einkommens (und damit zu einer Verminderung der Höhe der Studienbeihilfe) führten. Daraus ergebe sich die Annahme einer grob willkürlichen (generellen) Vorgangsweise der Behörde bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Studienbeihilfe; dadurch würden Studierende, deren Angehörige unselbständig Erwerbstätige seien, willkürlich gegenüber jenen Studierenden, deren Angehörige selbständig erwerbstätig seien, benachteiligt.

4. Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im Wesentlichen entgegen, das StudFG 1992 gehe zunächst vom Einkommensbegriff des EStG 1988 aus, was u.a. dazu führe, dass grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen (§§ 34 und 35 EStG 1988) und Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) wie im Steuerrecht zu berücksichtigen seien.

Lediglich für den Fall der Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 erfolge durch die in § 9 Z. 2 StudFG 1992 angeordnete Hinzurechnung ein abweichende Regelung, weil diese Sonderausgaben im Dienste wirtschaftlicher Lenkungseffekte stünden, die für die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit zur Leistung des Unterhalts, der allein für die Studienförderung maßgebend sei, bedeutungslos seien. Bei allen Hinzurechnungsbeträgen nach § 9 leg. cit. handle es sich um eine Bereinigung des Einkommensbegriffes nach den Zielsetzungen des StudFG 1992. Diesem Zweck diene auch die in § 11 Abs. 2 festgelegte Verpflichtung, Sonderausgaben zu deklarieren, was durch das in der Formularverordnung 1994 vorgesehene Formular "SB 4" erfolge. Der Beschwerdeführer verkenne den Sinngehalt dieser Bestimmung, wenn er daraus eine generelle Ermittlung der Sonderausgaben, die nicht durch Lohnzettel, Jahresausgleichs- oder Einkommensteuerbescheid nachgewiesen werden könnten, ableite. Vielmehr handle es sich dabei lediglich um die Feststellung der Sonderausgaben im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988, wie sich dies auch aus der Fragestellung des Formulars "SB 4" unter dessen Punkt 2. 2 ergebe.

Die grundsätzlich im Studienförderungsrecht gebotene Berücksichtigung der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen habe nur in jenem Umfang, in dem sie von der Abgabenbehörde bereits anerkannt worden seien, zu erfolgen. Dies könne sich entweder aus dem Einkommensteuer- oder dem Jahresausgleichsbescheid oder aus dem Lohnzettel unter dem Titel " berücksichtigter Freibetrag laut Mitteilung gemäß § 63 (EStG 1988)" ergeben. Aus dem StudFG 1992 sei abzuleiten, dass die Studienbeihilfenbehörde nicht die Aufgabe habe, gleichsam vorweg eine Art Veranlagung vorzunehmen, wie sie die Abgabenbehörden vornähmen, indem sie etwa Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen schätze. Ziel des StudFG 1992 sei es vielmehr, vor allem unter Heranziehung der Ergebnisse der Tätigkeit der Abgabenbehörden den aktuellsten definitiven Einkommensnachweis heranzuziehen, um eine möglichst verlässliche Beurteilung der tatsächlichen sozialen Situation vornehmen zu können. Es liege in der Natur der Sache, dass diese Einkommensnachweise oft länger zurückliegende Zeiträume beträfen.

Die Alternative dazu wäre nur eine "Ersatzveranlagung" durch die Studienbeihilfenbehörde auf Grund einer aktuellen Einkommensteuererklärung. Es erscheine aber sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber diese Lösung bei der Beurteilung der Einkommenssituation aus Anlass eines Antrages auf Studienbeihilfe nicht gewählt habe. In Einzelfällen könne es bei dieser Vorgangsweise zu Nachteilen für einen Studienbeihilfenwerber kommen, wen ein "günstiger" (Einkommen)Steuerbescheid im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht ergangen sei. Die Möglichkeit, einen Erhöhungsantrag zu stellen, schaffe hiefür einen gewissen Ausgleich, freilich ohne Rückwirkung.

In einer Durchschnittsbetrachtung komme es - im Hinblick auf die Einkommensschwankungen über die Jahre hinweg - durch dieses System zu einer ausgewogenen Lösung. Die behauptete gesetzwidrige Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen liege daher nicht vor.

Die behauptete Ungleichbehandlung der Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit liege nach Auffassung der belangten Behörde nicht vor, weil auf dem Lohnzettel angeführte Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, wie sie sich aus einem Freibetragsbescheid gemäß § 63 EStG 1988 ergeben, zu berücksichtigen seien. Andernfalls bestehe die Möglichkeit der Vorlage eines Jahresausgleichsbescheides und der Stellung eines allfälligen Erhöhungsantrages auf Grund darin festgestellter höherer Beträge für außergewöhnliche Belastungen und Sonderausgaben (nunmehr trete an die Stelle des Jahresausgleichsbescheides der Einkommensteuerbescheid für Arbeitnehmer). Im Übrigen gelte sowohl für Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt seien, als auch für Bezieher von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit der Grundsatz, dass für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit der Antragszeitpunkt (vgl. § 1 Abs. 4) maßgebend sei.

5.1. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfassungswidrigkeit des § 11 liegt nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aus der Systematik des StudFG 1992 zunächst der Grundsatz abzuleiten, dass die mit der Vollziehung dieses Gesetzes betrauten Behörden bei der für die Ermittlung des für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit u.a. maßgebenden Einkommens - dieser Begriff wird in Anlehnung an das EStG 1988 definiert, jedoch im Hinblick auf die Zielsetzungen des StudFG 1992 um bestimmte steuerrechtliche Begünstigungen in Form der Hinzurechnungsbeträge nach § 9 StudFG 1992 "korrigiert" - primär von den rechtsverbindlichen Festsetzungen der Abgabenbehörden bzw. von den von den Arbeitgebern im Vorfeld der Abfuhr der Lohnsteuer zu erstellenden Lohnzetteln auszugehen haben, wobei dabei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung (siehe § 7 Abs. 2 ) abgestellt wird. Gegen den in § 7 Abs. 2 gewählten Zeitpunkt bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1996, B 1451/94 = Slg. 14.441). Nur ausnahmsweise (vgl. insbesondere die seit der Novelle BGBl. Nr. 619/1994 nunmehr in § 12 taxativ geregelten Sonderfälle der Einkommensbewertung) kommt den mit der Vollziehung des StudFG 1992 betrauten Behörden in diesem Rahmen für ihren Wirkungsbereich eine Art "abgabenbehördliche" Funktion zu. Dies ergibt sich eindeutig aus § 11 Abs. 1, der für den Regelfall die Art der Einkommensnachweise festlegt, an Hand derer das für das StudFG 1992 maßgebende Einkommen zu ermitteln ist.

Gegen eine derartige Regelungstechnik, die grundsätzlich an der Tätigkeit Dritter anknüpft, bestehen an sich aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keine verfassungsrechtlichen Bedenken, zielt doch ein solches "vereinfachtes" System offenkundig auf eine Entlastung der mit der Vollziehung des StudFG 1992 betrauten Behörden ab, die damit in die Lage versetzt werden in einer Vielzahl von Fällen eine möglichst rasche Entscheidung zu treffen. Eine solche vom Gesetzgeber getroffene System-Entscheidung ist vor dem Hintergrund der Zielsetzungen der Studienbeihilfe und ihrer zeitlich begrenzten Laufzeit von jeweils einem Jahr zu sehen; sie liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers, der damit - in Abwägung verschiedener Interessen - im Regelfall eine geringere Aktualität des auf diese Weise zu ermittelnden Einkommens in Kauf nimmt, wird doch hiefür auf Grund der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage jedenfalls auf ein Kalenderjahr abgestellt, das vor dem Kalenderjahr der Antragstellung liegt (so schon das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 94/12/0360). Es liegt auch im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers, wenn er von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend nur in jenen typischen und häufig eintretenden Fällen, die erfahrungsgemäß zu einer längerfristigen erheblichen Minderung des Einkommens führen, von diesem Grundsatz abweicht und der Studienbeihilfenbehörde eine "aktuelle" Einkommensbewertung durch Schätzung überbindet (siehe dazu das zur Rechtlage vor der Novelle BGBl. Nr. 619/1994 zu § 11 Abs. 3 ergangene obzitierte Erkenntnis vom 22. März 1995, die mit dem nunmehrigen § 12 im Wesentlichen übereinstimmt).

Der Zweck der Bestimmung der in § 11 Abs. 2 normierten Offenlegungspflicht des antragstellenden Studierenden liegt - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausgeführt hat - auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes darin, jene Beträge zu ermitteln, die bei der Bemessung der Studienbeihilfe dem steuerrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen sind. Das versteht sich für steuerfreie Bezüge, Beträge gemäß § 9 Z. 2 sowie ausländische Einkünfte von selbst. Was den in § 11 Abs. 2 angeführten Begriff der "Sonderausgaben" betrifft, ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass darunter mangels einer Einschränkung alle Sonderausgaben fallen könnten, also sowohl jene, die sich (analog zum Bereich des EStG) auch im Bereich des StudFG 1992 einkommensmindernd auswirken, als auch diejenigen, die (abweichend vom EStG 1988) nach § 9 Z. 2 dem Einkommen hinzuzurechnen sind. Vor dem Hintergrund der oben dargelegten "System-Entscheidung" ist der Begriff aber korrigierend im Sinn der hinzuzurechnenden Sonderausgaben auszulegen. Dass dies auch durch die Anführung des § 9 Z. 2 in § 11 Abs. 2 zum Ausdruck gebracht wird, dürfte auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen sein: Sonderausgaben mussten nämlich bereits seit der Stammfassung des StudFG 1969, BGBl. Nr. 421, gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. deklariert werden. Die Pflicht, Hinzurechnungsbeträge nach dem § 4a Z. 2 StudFG 1969 (entspricht im Wesentlichen seinem Inhalt nach § 11 Abs. 2 StudFG 1992) offen zu legen, wurde hingegen erst mit der Novelle BGBl. Nr. 333/1981 eingeführt, ohne die nunmehr überflüssige Nennung der Sonderausgaben in § 3 Abs. 2 StudFG 1969 zu streichen.

Aus der Anführung der Sonderausgaben in § 11 Abs. 2 kann daher nicht abgeleitet werden, dass solche Sonderausgaben, die nach den im Regelfall (Ausnahme: § 12) nach § 11 Abs. 1 maßgebenden Einkommensnachweisen nicht berücksichtigt wurden (dies trifft vor allem auf den Lohnzettel als Nachweisform zu), von der Studienbeihilfenbehörde jedenfalls zu ermitteln und als einkommensmindernd abzuziehen sind. Damit fehlt es aber an der Grundlage für die Behauptung des Beschwerdeführers, dass - ausgehend von der von ihm angenommenen Verpflichtung der Studienbeihilfenbehörde, Sonderausgaben für die Bemessung der Studienbeihilfe in jedem Fall zu ermitteln - für außerordentliche Belastungen das Gleiche zu gelten habe.

Dieses Ergebnis führt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch nicht zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung von Beziehern unterschiedlicher Einkommensgruppen. Abgesehen davon, dass der Verfassungsgerichtshof auf Grund der bei ihm vom Beschwerdeführer erhobenen Verfassungsgerichtshof-Beschwerde, in der dieser im Wesentlichen dieselben verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 11 vorgebracht hat, keinen Anlass gefunden hat, dieses Vorbringen unter dem Gesichtspunkt des Art 7 B-VG aufzugreifen, besteht durch die im EStG 1988 vorgesehene Möglichkeit, grundsätzlich bei lohnsteuerpflichtigen Einkommen einen Freibetragsbescheid zu erlangen, der sich nach der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des § 11 Abs. 1 Z. 2 auch im Lohnzettel des letztvergangenen Kalenderjahres (vor Antragstellung) auswirkt, im Regelfall eine hinreichende Abhilfe, um dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nachteil nicht eintreten zu lassen. Zum Einwand, dass dies von der rechtzeitigen Erlassung eines Freibetragsbescheides (hier: für das Jahr 1992 bis zum Ablauf des Jahres 1994) abhängig ist, ist zu bemerken, dass diese Zeitspanne im Regelfall bei einer durchschnittlichen Betrachtung, an der sich der einfache Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes orientieren kann, für die Erlassung eines derartigen Bescheides ausreicht. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gestaltungsspielraum nach § 39 Abs. 2 hinzuweisen. Dass im Beschwerdefall ein Freibetragsbescheid mit Wirkung für das Jahr 1994 nicht in Betracht kam (der Jahresausgleichsbescheid für das Kalenderjahr 1992 wurde erst Ende März 1995 erlassen, sodass ein für das Jahr 1994 wirksamer Freibetragsbescheid nach § 63 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 nicht mehr zu ergehen hatte), ist ein singulärer Härtefall, der als solcher im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes (vgl. z.B. die bei Mayer, B-VG, 2. Auflage, in Anmerkung IV.2 zu Art. 2 StGG angeführte Rechtsprechung) die Regelung als solche nicht gleichheitswidrig macht.

5.2. Dennoch erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als berechtigt.

Im Beschwerdefall haben die Behörden im Instanzenzug bei der Bemessung der Studienbeihilfe des Beschwerdeführers - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Interesse ist - ausschließlich den Lohnzettel über das Einkommen seines Vaters (im Folgenden Bezugsperson) aus dem Jahr 1994 zugrundegelegt. Sie sind dabei im Ergebnis davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall durch den zum Zeitpunkt der Antragstellung des Beschwerdeführers vorliegenden Bescheid des zuständigen Finanzamtes vom 21. März 1994, wonach sein Vater für das Jahr 1992 gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht veranlagt worden sei, kein Anwendungsfall des § 8 Abs. 2 StudFG 1992 vorliegt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass ein Bescheid nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 kein Veranlagungsbescheid im Sinn des § 11 Abs. 1 Z. 1 StudFG 1992 ist. Aus dem Vorliegen eines solchen Bescheides allein kann im Fall davor und danach von der Bezugsperson erzielter, über der Grenze nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 liegender nicht lohnsteuerpflichtiger Einkünften bei Zusammentreffen mit von derselben Person im letztvergangenen Kalenderjahr vor der Antragstellung nach dem StudFG 1992 erzielten lohnsteuerpflichtigen Einkünften noch nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass kein Anwendungsfall des § 8 Abs. 2 StudFG 1992 vorliegt. Unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Studienförderungsgesetzes 1992 (grundsätzliche Übereinstimmung des steuerrechtlichen und studienförderungsrechtlichen Einkommensbegriffes) und der Ausschaltung aleatorischer Ergebnisse bei schwankenden nicht lohnsteuerpflichtigen Einkommen ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Sonderfall nämlich maßgebend, ob es sich dabei nur um eine einmalige "Unterbrechung" der Erzielung von nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünften gehandelt hat, die in einem bestimmten Kalenderjahr (mangels entsprechender Höhe) nicht zur Veranlagung geführt haben. Dies hat die Studienbeihilfenbehörde an Hand der ihr vom Studierenden vorzulegenden Unterlagen (insbesondere auch der Einkommenssteuererklärung für das Kalenderjahr, das auf das vom Bescheid nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 erfassten Jahr folgt) zu prüfen. Bei einer wie im Beschwerdefall gegebenen Konstellation, in der die Bezugsperson 1991 zur Einkommenssteuer veranlagt wurde und auch für das Jahr 1993 eine Einkommenssteuererklärung abgegeben hat (die in der Folge auch zur Veranlagung führte), wäre daher zu prüfen gewesen, ob nicht bloß eine derartige "einmalige" (d.h. bloß auf ein Kalenderjahr bezogene) Unterbrechung für das Jahr 1992 vorliegt, die die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 StudFG 1992 nicht ausschließt, was im Beschwerdefall unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 2 leg. cit. dazu führen würde, dass der Einkommenssteuerbescheid der Bezugsperson für das Kalenderjahr 1991 (und damit auch die dort zuerkannten Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen) bei der Ermittlung des Studienbeihilfenanspruches des Beschwerdeführers zu berücksichtigen wäre.

6. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, soweit damit die nach der Erlassung des Bescheides der Studienbeihilfenbehörde vom 11. September 1995 noch weiterhin dem Rechtsbestand angehörende Bemessung der Studienbeihilfe für die Monate März und April 1995 bestätigt wurde (siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.2.)

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997120344.X00

Im RIS seit

13.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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