TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/14 2001/02/0075

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Veröffentlicht am 14.09.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §33 Abs3;
KFG 1967 §103 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des FK in Wien, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Februar 2001, Zl. UVS-03/P/12/02083/2000/4, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 6. März 1998 forderte der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs. 2 KFG auf, der Behörde Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher bestimmten Ort abgestellt habe, so dass es dort am 17. November 1997 um 22.55 Uhr gestanden sei.

Mit Strafverfügung vom 20. Mai 1998 erkannte die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer für schuldig, er habe die verlangte Auskunft nicht erteilt. In dem dagegen erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, dass er den Lenker seines Kraftfahrzeuges bekanntgegeben habe. Ohne in der Sache selbst weitere Ermittlungen durchzuführen, erließ die Behörde erster Instanz das Straferkenntnis vom 26. Jänner 2000, womit sie den Beschwerdeführer für schuldig erkannte, er habe die geforderte Auskunft nicht erteilt. In der Begründung führte die Behörde erster Instanz aus, der Akteninhalt zeige, dass die Lenkerauskunft nicht erteilt worden sei.

In der dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer, dass die Behörde keine weiteren sachbezogenen Ermittlungen durchgeführt habe und gab bekannt, dass er die Lenkerauskunft am 31. März 1998 "unter der Aufgabenummer 55912 per Einschreiben unter anderem an Sie" gesendet habe.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer zur Vorlage des Aufgabescheines auf, dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nach.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde begründend aus:

"Zum gegenständlichen Berufungsvorbringen ist vom erkennenden Senat festzustellen, dass die Lenkerauskunft vom Berufungswerber in seiner Verantwortung als Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges zweifelsfrei nicht erteilt wurde, da eine solche im gesamten erstinstanzlichen Akt nicht aufscheint. Weiters konnte der vom Berufungswerber übermittelte Postaufgabeschein mit der Nummer 55912 keinesfalls als Beweis für eine rechtzeitige Postaufgabe angesehen werden, da sich auf Grund des Fehlens jeglicher, auf das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bezugnehmender Zahlen (z.B. Zahl der Behörde erster Instanz) nicht verifizieren lässt, dass gerade mit diesem Aufgabeschein die in Rede stehende Auskunft zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zur Post gegeben und in der Folge erteilt wurde.

Im Hinblick auf obige Ausführungen wurde somit das Tatbild der angelasteten Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG durch den Berufungswerber schuldhaft verwirklicht und war das angefochtene Straferkenntnis in der Verschuldensfrage zu bejahen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt die Unterlassung von Nachforschungen zum Einlangen der von ihm erteilten und eingeschrieben zur Post gegebenen Auskunft bei der Behörde erster Instanz als Verfahrensmangel. Dass sich die von ihm erteilte Auskunft nicht im Akt der Behörde erster Instanz befinde, könne nicht zu seinen Lasten als Beweis dafür herangezogen werden, dass er die verlangte Auskunft nicht erteilt habe. Wenngleich er auf den Aufgabeschein nicht die Geschäftszahl der Behörde erster Instanz geschrieben habe, sei aus dem Aufgabeschein doch ersichtlich, dass er das Schriftstück der Behörde erster Instanz übersendet habe und diese Behörde müsste die erteilte Auskunft anhand des Namens richtig zuordnen können. Sollte die Auskunft auf dem Postweg in Verlust geraten sein, könne ihm dies nicht angelastet werden, die Behörden hätten bei der Post entsprechende Nachforschungen durchführen müssen.

Im vorgelegten Aufgabeschein ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer unter der Rubrik "Empfänger, Name" die "MA 67" (im gegenständlichen Fall ist Behörde erster Instanz der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 - Parkraumüberwachung) und unter der Rubrik Bestimmungsort "1030 Wien" (dort hat diese Behörde ihren Sitz) eingetragen hat.

Da im Aufgabeschein nur die Eintragung des Namens des Empfängers (und der Bestimmungsort) gefordert ist, ist es nicht selbstverständlich, dass ein Aufgeber auch daran denkt, allenfalls die Aktenzahl eines Schriftstückes einzutragen. Im Vordruck wird auch an anderer Stelle nicht auf die Eintragung von "auf das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bezugnehmenden Zahlen" hingewiesen. Im gegenständlichen Fall steht das am Aufgabeschein vermerkte Aufgabedatum (31. März 1998) mit dem Zustelldatum der Aufforderung (Beginn der Abholfrist 19. März 1998) nicht im Widerspruch und es ist anhand der Aktenlage auch nicht ersichtlich, dass den Beschwerdeführer betreffende andere Verfahren im fraglichen Zeitraum bei der Behörde erster Instanz anhängig waren, sodass kein offensichtlicher Grund zu ersehen ist, dass der Aufgabeschein etwas anderes betreffen könnte als die geforderte Lenkerauskunft. Der Inhalt des Aufgabescheines ist daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht geeignet, ohne nähere Nachforschungen (zB. bei der Post) davon ausgehen zu können, er könne nicht als Beweis für eine (rechtzeitige) Postaufgabe angesehen werden.

Beim gegenwärtigen Verfahrensstand kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geforderte Lenkerauskunft bei der Behörde erster Instanz nicht eingelangt ist (vgl. zur Notwendigkeit des Einlangens bei der Behörde sowie zur Beförderung durch die Post auf Gefahr des Absenders zB. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1989, Zl. 88/14/0223). Hiezu hätte es weiterer Ermittlungen (zB. Nachforschungen bei der Post, Erhebungen bei der Behörde erster Instanz sowohl zur Frage des Eingangs eines Schriftstückes des Beschwerdeführers als auch bejahendenfalls zu dessen Inhalt) bedurft.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 14. September 2001

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001020075.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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