RS UVS Oberösterreich 2005/02/08 VwSen-260343/3/Ste

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Veröffentlicht am 08.02.2005
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Rechtssatz

Gemäß § 137 Abs.2 Z5 des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.I.Nr. 112/2003, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen, wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt. Gemäß § 137 Abs.7 WRG 1959 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Bei Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage ohne wasserrechtliche Bewilligung beginnt die Verjährung erst nach Beseitigung des konsenslosen Zustandes.

Nach § 44a Z1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) erfahren hat, muss der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat enthalten. Um den Erfordernissen der genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständige Rechtsprechung dargetan hat, wird dadurch, dass eine Strafnorm auf die in einem Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen verweist, das jeweilige in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestands, was voraussetzt, dass derartige Auflagen so klar gefasst sein müssen, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen. Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn aufgrund der Tatumschreibung es dem Beschuldigten ermöglicht wird, im Verwaltungsstrafverfahren in der Lage zu sein, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen (vgl. zB. VwGH vom 25.04.1995, 93/04/0112, mit weiteren Nachweisen).

Diesen Erfordernissen entsprechen weder der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses noch auch insgesamt die innerhalb der Frist zur Verfolgungsverjährung gesetzten Verfolgungshandlungen. Dies einerseits schon insofern nicht, als weder die Tathandlung noch der Tatzeitpunkt mit hinreichender Genauigkeit angeführt wurden.

Die belangte Behörde zitiert als Strafnorm § 137 Abs.2 Z5 iVm. § 32 und § 137 Abs.7 WRG 1959. Der die Strafdrohung beinhaltende § 137 Abs.2 Z5 WRG 1959 lautet:

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist sofern die Tat nicht nach Abs.3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen zu bestrafen, wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt."

Diese Strafbestimmung enthält somit nicht nur eine mögliche Tatbegehungsvariante sondern mehrere, nämlich:

die Vornahme einer gemäß § 32 bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer ohne Bewilligung, weiters

die Vornahme einer gemäß § 32 bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer entgegen einer Bewilligung, darüber hinaus

die Vornahme einer gemäß § 32b bewilligungspflichtigen Indirekteinleitung ohne Bewilligung, und schließlich die Vornahme einer gemäß § 32b bewilligungspflichtigen Indirekteinleitung entgegen einer bestehenden Bewilligung. Die Behörde erster Instanz hat damit dem Bw keine nach dem WRG 1959 strafbare Tat vorgeworfen, wenn sie dem Bw im gesamten Verfahren (in undifferenzierter Weise) vorgeworfen hat, im Bescheid aus dem Jahr 1978 festgelegte Grenzwerte in quantitativer und qualitativer Hinsicht überschritten zu haben.

Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund dieser Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einstellen. Darüber hinaus ist zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlich, dass es sich - sofern es sich um Einwirkungen auf Gewässer handelt - nicht um bloß geringfügige Einwirkungen sondern um gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkungen handelt; die gleiche Unterscheidung wird in der Strafbestimmung auch zwischen bewilligungspflichtigen bzw. nicht bewilligungspflichtigen Indirekteinleitungen getroffen. Der Tatvorwurf ist somit in Bezug auf die angeführte Strafnorm zu unbestimmt geblieben, da diese Vorschrift mehrere Verbote beinhaltet, deren jedes für sich übertreten werden kann. Ein auf § 137 Abs.2 Z5 WRG gestützter Vorwurf, Grenzwerte eines im Spruch angeführten Bescheides überschritten zu haben, muss daher, um dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG zu entsprechen eindeutig erkennen und zuordnen lassen, welche Tat dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, dh., ob bzw. welches der beinhalteten Verbote übertreten worden sei, dh. weiters, dass der Beschuldigte, sollen seine Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt werden, wissen muss, wogegen er sich zu verteidigen hätte. Diese Eindeutigkeit fehlt im bekämpften Tatvorwurf. Die bloße Wiedergabe von mengenmäßig festgestellten Überschreitungen von normierten Auflagen, welche darüber hinaus möglicherweise auch unter die Strafnorm des § 137 Abs.2 Z7 WRG zu subsumieren sind, vermag den geforderten individualisierten Tatbezug und den Vorwurf eben (eindeutig nur) darauf abstellender wesentlicher Tatbestandsmerkmale nicht zu ersetzen.

Auch die bloße Wiedergabe der Auflagen in einer Tabelle, wobei noch dazu der Text der Auflage (hinsichtlich der Summen) offenbar ergänzt wurde, ist im Sinne dieser Darlegungen nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandselemente aus dem Spruch des Straferkenntnisses - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - selbst ergeben muss (vgl. auch dazu zB. VwGH vom 25.04.1995, 93/04/0112, mit weiteren Nachweisen). Gleiches gilt für den Umstand, dass aus dem Straferkenntnis nicht ersichtlich ist, warum der Bescheid aus dem Jahr 1978 samt seinen Auflagen - obwohl er nach seiner Befristung (vgl. Punkt 12 der Nebenbestimmungen) bereits erloschen sein müsste - (offenbar auf Grund des Wiederverleihungsantrags) noch rechtswirksam ist. Auch dieser Umstand oder jedenfalls § 21 Abs.3 dritter Satz WRG 1959 hätte insoweit als Teil der Strafnorm dem Bw entsprechend vorgeworfen werden müssen und im Spruch des Straferkenntnisses einen Niederschlag finden müssen. Eine weitere Unbestimmtheit zeigt sich darüber hinaus auch darin, dass die im Spruch genannten Punkte 2 und 4 praktisch ident sind. Hinsichtlich dieser beiden Spruchpunkte dürfte das angefochtene Straferkenntnis wohl auch das Doppelbestrafungsverbot unberücksichtigt lassen, scheint es doch nicht ohne weiteres zulässig, eine Person hinsichtlich der gleichen Ableitungsbestandteile (Kondensat) sowohl wegen der Überschreitung von 325 Einzel-Tageswerten als auch der Überschreitung der sich aus der Summe dieser sowie weiterer 40 Tageswerte ergebenden Jahresmenge zu bestrafen.

Zu den Spruchpunkten 1 und 3 ist weiters zu beachten, dass die vorgeworfene und mit den Messergebnissen verglichenen und letztlich Grundlage für die Bestrafung bildenden Gesamtmengen (Tabellensummen) sich in den oben zitierten Auflagepunkten des Bescheids aus dem Jahre 1978 nicht unmittelbar finden. Eine entsprechende Zusammenrechung ist lediglich zum Spruchpunkt 1 auf Seite 8 "Variante II" der Verhandlungsschrift vom 5. Oktober 1977 zu entnehmen, die nach dem genannten Bescheid zwar "einen ergänzenden Bestandteil dieses Bescheids bildet". Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats kann daraus aber nicht eine Ergänzung des Auflagenpunktes abgeleitet werden, jedenfalls nicht mit der notwendigen Klarheit, die gefordert wäre, um eine taugliche Basis für eine Bestrafung zu bieten. Gemäß § 44a Z2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Nach § 137 Abs.2 Z5 WRG 1959 besteht die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, aus der genannten Strafbestimmung und im Fall der Vornahme einer Einwirkung auf Gewässer "entgegen einer Bewilligung" in Verbindung mit der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheids, gegen den verstoßen wurde. Die belangte Behörde trennte im vorliegenden Fall den Spruch des angefochtenen Bescheids in Darstellung des Sachverhalts und die Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift. Dabei widerspricht der angefochtene Bescheid jedoch insofern der dargestellten Rechtslage, als in dem § 44a Z2 VStG betreffenden Spruchteil als verletzte Norm lediglich § 137 Abs.2 Z5 iVm. § 32 und § 137 Abs.7 WRG 1959 nicht aber auch jener Punkt des in Frage kommenden Bescheids genannt ist, der die betreffende Auflage enthält.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats besteht im vorliegenden Fall ein weiteres gravierendes Probleme darin, dass offenbar nicht (mehr) wirklich klar und eindeutig nachvollziehbar ist, in welchem Umfang überhaupt und mit welchen Grenzwerten die genannten Auflagen für den gegenwärtigen Betrieb der Anlage (noch) Geltung haben. Abgesehen von der an sich schon nicht jeden Zweifel ausschließenden Formulierung der Auflagen im Bescheid aus dem Jahr 1978 und der Frage der Geltung des Spruchpunkts II aus dem Jahr 1987, wurde mit der Betreiberin der Anlage offenbar auch von der Wasserrechtsbehörde (bei zahlreichen Besprechungen) die Frage der "falschen Beurteilung der Gipslöslichkeit" erörtert. Darüber hinaus hatte die Betreiberin bereits im Jahr 1993 einen entsprechenden Bewilligungsantrag gestellt, über den - jedenfalls bis Jänner 2005 - nicht entschieden wurde.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die in der Berufung zitierte Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats aus dem Jahre 2002 (VwSen-260278/2 vom 27. August 2002) hingewiesen, wonach bereits damals als auffallend festgestellt wurde, dass der zu Grunde liegende Bewilligungsbescheid vom 14.07.1978, Wa-169/5, im Wesentlichen Grenzwerte pro Jahr vorsieht, denen dann die entsprechenden Tagesfrachten zugeordnet werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass aus dieser Regelungstechnik zwar auf einen Richtwertcharakter der Tagesfrachten geschlossen werden könne, dies jedoch nicht zwingend so zu verstehen sei, dass jede noch so geringe Überschreitung der Tagesfracht bereits als Konsensverletzung anzusehen sei. Da diese Unklarheiten und Unbestimmtheiten jedenfalls in einem Strafverfahren im Zweifel nicht zu Lasten des Beschuldigten gehen können, gibt es nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats im vorliegenden Fall letztlich keine hinreichend konkretisierte Strafnorm, die verletzt ist.

Die Sanierung dieses im Ergebnis daher zu unbestimmt gebliebenen Tatvorwurfs und der unvollständigen verletzten Verwaltungsvorschrift war vom Unabhängigen Verwaltungssenat unter Beachtung der Fristen des § 137 Abs. 7 WRG 1959 iVm. § 45 Abs.1 Z3 VStG selbst unter der Annahme nicht möglich, dass es sich bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung möglicherweise um ein Dauerdelikt handelt. Die zur Last gelegten Übertretungen beziehen sich ausschließlich auf das Kalenderjahr 2003, das Straferkenntnis hingegen stammt vom 3.01.2005, die Berufung wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 28.01.2005 vorgelegt. Zwar würde selbst die Berufungsentscheidung eine taugliche Verfolgungshandlung darstellen, doch käme auch sie in jedem Fall zu spät. Die die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist verlängernde Bestimmung des zweiten Satzes des § 137 Abs.7 WRG 1959 kommt im vorliegenden Falle deswegen nicht zum Tragen, weil es sich nicht um die Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage ohne wasserrechtliche Bewilligung handelt.

In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus für den Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, warum die Mitteilung der Abteilung Wasserwirtschaft betreffend Überschreitungen des Kalenderjahres 2003 erst im August 2004 der belangten Behörde übermittelt wurde und diese erst ab diesem Zeitpunkt das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hatte, musst sie doch auf Grund der monatlichen Meldungen der Werte des Kontrollbuchs bereits laufend über die Messwerte informiert sein oder konnte sich jedenfalls laufend darüber informieren.

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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