RS UVS Oberösterreich 2005/06/01 VwSen-300674/2/Ste

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 01.06.2005
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Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anhängig Rechtssatz

Für den Betrieb eines Glückspielapparates genügt die spielbereite Aufstellung an einem Ort, an dem Gelegenheit zur Betätigung des Spielapparates für potenzielle Interessenten besteht, wenn nach den Umständen mit einer Gegenleistung für den Spieleinsatz gerechnet werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. April 1997, Zl. 96/17/0488, unter Bezugnahme auf frühere Judikatur ausgesprochen, dass eine Ausspielung iSd. GSpG bereits dann vorliegt, wenn der Glücksspielapparat in betriebsbereitem Zustand aufgestellt ist oder aus den Umständen hervorgeht, dass jedem potenziellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich ist. Dabei kann das In-Aussicht-Stellen einer vermögensrechtlichen Gegenleistung auch in Form eines Realoffertes durch Aufstellung eines Automaten geschehen, nach dessen äußerem Erscheinungsbild der Spieler berechtigterweise erwarten kann, er werde für seine vermögensrechtliche Leistung im Falle seines Gewinns eine vermögensrechtliche Gegenleistung erhalten.

Die in der Berufung aufgestellte Behauptung, wonach die Spielapparate nicht spielbereit aufgestellt gewesen wären und erst durch das Amtsorgan in spielbereiten Zustand versetzt wurden, ist auf Grund der Aktenlage nicht nachvollziehbar. Zwar befanden sich die Geräte zu Beginn der Kontrolle in einem "Stand-by-Modus", doch können und konnten die Geräte durch gleichzeitiges Drücken (zB) zweier Tasten ohne Probleme aus diesem Modus direkt in den Spielmodus übergeführt werden. Die Spielbereitschaft war damit zweifellos gegeben, jedenfalls war jedem potenziellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes unmittelbar möglich.

Das sog. kleine Glücksspiel kann nur bei kumulativer Einhaltung der Bagatellgrenzen des § 4 Abs.2 GSpG vorliegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0058, klargestellt, dass die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs.2 GSpG so zu verstehen ist, dass schon die Möglichkeit der Überschreitung einer der beiden Bagatellgrenzen genügt, um eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol zu verneinen. Es kommt nach dieser Entscheidung nicht auf den bei einem Spiel konkret geleisteten Einsatz oder konkret erzielten Gewinn, sondern auf den bei einem Glücksspielautomaten nach seiner Funktionsweise pro Spiel möglichen Einsatz und die in Aussicht gestellte mögliche Gegenleistung an.

Auf Grund des dargestellten aktenkundigen Sachverhalts konnte die belangte Behörde auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats vom begründeten Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs.1 Z.5 GSpG ausgehen. Die Erfahrungen der belangten Behörde mit gleichen oder ähnlichen Geräten, die Einschätzung des einschlägig erfahrenen sachkundigen Organs nach Durchführung von Probespielen sowie der Umstand, dass der erkennbare Spielablauf des Programms offensichtlich am Pokerspiel orientiert ist, das von seinem Charakter bekanntlich als Glücksspiel anzusehen ist (vgl. dazu Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, Rz 5 zu § 168 StGB, mwN.) rechtfertigen den Verdacht der belangten Behörde. Nach der Aktenlage ist nicht ersichtlich, welchen maßgeblichen Einfluss der Spieler auf das Spielergebnis nehmen könnte. In der Berufung wurde weder eine genaue Spielbeschreibung vorgenommen, noch eine solche des Herstellers für das verwendete Spielprogramm vorgelegt. Mit der pauschalen Behauptung eines Geschicklichkeitsspiels trotz gegenteiliger aktenkundiger Indizien kann der begründete Verdacht der belangten Behörde nicht in Frage gestellt werden. Aus den Erfahrungen der belangten Behörde handelte es sich eben bisher bei Spielapparaten wie dem gegenständlichen Gerät um Glücksspielapparate, weil das Spielergebnis im Wesentlichen unbeeinflussbar und damit zufallsabhängig war.

Auch der Annahme eines Verdachtes in Richtung eines fortgesetzten Verstoßes durch die belangte Behörde kann nicht entgegen getreten werden. Wenn der Bw trotz negativen Bewilligungsbescheid vom 5. November 2004 am 12. April 2005 die Geräte (immer noch) betriebsbereit aufgestellt hat, kann wohl begründet zumindest vom Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes ausgegangen werden; dies insbesondere auch deswegen, weil der Bw im gesamten Verfahren nichts Gegenteiliges vorbringen konnte.

Die vom Bw aus der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 27. Mai 2004 abgeleiteten Schlüsse vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Zu beachten ist zunächst, dass das genannte Verfahren ein anderes Gerät (Impera Pull Master) und eine andere Spielversion (3.0) betraf. Im zitierten Gutachten des xx vom 29. Oktober 2003 führt dieser Gutachter darüber hinaus aus, dass die Geräte "jeweils mit verschiedenen Spielplatinen bestückt werden können. Es ist möglich Platinen mit Geschicklichkeitsspielen, Wissenschafts- aber auch Glücksspielen in beide(n) Apparate einzusetzen." Eine Übertragung der Ergebnisse aus dem genannten Gutachten auf das hier zu entscheidende Verfahren ist daher nicht zulässig.

Mit dem vorgelegten "Experten Gutachten" des Prof. Dr. Friedhelm Schilling, Marburg vom 9. März 2005 (in der Folge kurz: Schilling-Stellungnahme), versucht der Bw die Ergebnisse des sachkundigen Organs in Zweifel zu ziehen. Dies gelingt ihm nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats aus folgenden Gründen im Ergebnis nicht:

Zunächst ist zu beachten, dass die Schilling-Stellungnahme offensichtlich von der Annahme ausgeht, dass die Spielapparate und die Programmversionen jeweils gleich sind. Dass schon diese Annahme nicht richtig ist, ist dem oben - vom Bw selbst genannten - Gutachten des xx zu entnehmen. Die Schilling-Stellungnahme enthält insbesondere keine Angabe darüber, welcher Spielapparat verwendet wurde. Entgegen der Behauptung in der Berufung ist der Schilling-Stellungnahme auch nicht zu entnehmen, dass diese das "Ergebnis aus einer tagelangen Begutachtung und eingehendem Studiums" wäre; lediglich auf Seite 1 ist dort angemerkt, dass als "Unterlage für dieses Gutachten" ua. eine "Überprüfung ... durch eigene längere Spielsequenzen ..." gedient hätte.

Abgesehen davon wurden Apparat und Software offenbar auch

vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt, sodass allein aus

diesem Grund eine Vergleichbarkeit mit den drei konkret von

sachkundigen Organ vor Ort beurteilten Geräten nicht möglich

ist. Die Schilling-Stellungnahme verwechselt offenbar auch

Gerät und Spielprogramm, wenn es im Punkt 1 der

Zusammenfassung davon spricht, dass es sich beim

"Spielprogramm ... um einen Punktespiel-Automaten" handelt.

Auch kann allein aus der Tatsache, dass der Automat "ohne

Betätigung stehen bleibt" wohl nicht darauf geschlossen

werden, dass "damit keinerlei Zufallseinflüsse auf den

Spielverlauf ... durch den Apparat gegeben" sind.

Darüber hinaus dürfte es wohl nicht in den Fachbereich eines Diplom Psychologens mit dem Forschungsschwerpunkt Psychologie des Spiels und gewerbliches Spielrecht fallen, juristische Begriffe auszulegen. Die in dieser Hinsicht der Stellungnahme anhaftenden juristisch-methodischen Ungereimtheiten (so werden beispielsweise in der Stellungnahme die Begriffswelten des Oö. Spielapparategesetzes 1999 und des Glücksspielgesetzes nicht auseinander gehalten und diese wiederum mit der Rechtslage in Deutschland verglichen; im Punkt 3 der Zusammenfassung und auf Seite 18 ist eine nicht näher konkretisierte "Rechtssprechung" zitiert; auf Seite 18 finden sich nicht nachvollziehbare Zitate, die sich auch in der Literaturliste nicht finden) sind offensichtlich und bestätigten diese Annahme. Zu beachten ist dabei insbesondere auch, dass im vorliegenden Fall nicht das Oö. Spielapparategesetz 1999, sondern das Glücksspielgesetz zur Anwendung kommt. Die auf den Seiten 18 ff genannten Begriffe entsprechen weitgehend nicht der Begriffswelt des Glücksspielgesetzes; im Glücksspielgesetz eindeutig umschriebene Begriffe werden in der Stellungnahme anders definiert ("Glücksspiel = Zufallsspiel, bei dem die Gewinne und Verluste Vermögenswerte erreichen können und hohe Gewinne für das einzelne Spiel bei relativ geringen Einsätzen möglich sind" - vgl. demgegenüber § 1 Abs. 1 GSpgG).

Schon diese Mängel sind so gravierend, dass der Schilling-Stellungnahme im Ergebnis nicht gefolgt werden kann. Ganz abgesehen davon, scheint methodisch zumindest bedenklich, dass die Schilling-Stellungnahme auf eine Spielbeschreibung von Richard Pedri zurückgreift. Gleiches gilt für den zumindest teilweise nicht nachvollziehbaren Wechsel in der Schilling-Stellungnahme zwischen Version 3.0 und 4.0 und die nicht exakt zuordenbaren Fotos. Die Schilling-Stellungnahme basiert offensichtlich auch deshalb auf einer anderen Zusammensetzung von Apparat und Spielversion, weil sich die dort (von ihm?) dokumentierten fotografierten Bildschirminhalte von jenen Fotos, die im Zuge der Bespielung der dann beschlagnahmten konkreten Geräte gemacht wurden, erkennbar unterscheiden.

Begründete Zweifel an der Schilling-Stellungnahme ergeben sich aber auch aus der im Detail nicht nachvollziehbaren Trennung von Befund und Begutachtung im engeren Sinn, aus unklaren Formulierungen (Pkt 5 der Zusammenfassung auf S.2 spricht etwa von "dem von mir zu begutachtenden Spielprogramm" was zumindest offen lässt, ob nicht die Zusammenfassung schon vor der Begutachtung verfasst wurde) sowie wohl auch aus der Tatsache, dass die Schilling-Stellungnahme das Spielprogramm "für pädagogisch sehr interessant" hält, ihm ein "sehr hohes Lernpotential" attestiert und bemerkt, es "trainiert wesentlich Merkfähigkeit, strategisches Denken und Gewinnoptimierung". Dass diese Einschätzung der Realität derartiger Spiele nicht entspricht, scheint evident.

Letztlich dürfte die Schilling-Stellungnahme auch deswegen in sich widersprüchlich sein, wenn sie einerseits vom 100%igen Geschicklichkeitscharakter ausgeht, andererseits es für ungeübte Spieler als durchaus schwierig einschätzt "die von ihm gewillte Karte zu treffen. Durch Übung lassen sich nach einer Beobachtung jedoch erheblich Fortschritte erzielen", was wohl darauf hindeutet, dass bei einem durchschnittlichen Benutzerkreis Gewinn oder Verlust zumindest vorwiegend auch zufallsabhängig ist.

Die Schilling-Stellungnahme zeigt zudem auf, dass die Spielversion offenbar ganz unterschiedliche Einstellungen ("Spielparameter") zulässt, sodass schon vor diesem Hintergrund eine Vergleichbarkeit nur sehr bedingt möglich ist. Im Übrigen enthält die Schilling-Stellungnahme auch keine detaillierten Beschreibungen dazu, wie die getestete Version in dieser Hinsicht eingestellt war.

Der - offensichtlich methodisch und inhaltlich zumindest fragwürdigen - Schilling-Stellungnahme stehen die Erhebungen und Schilderungen des sachkundigen Organs vor Ort am konkreten Gerät gegenüber, die auch entsprechend nachvollziehbar dokumentiert sind. Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt bei seiner Beurteilung des Sachverhalts damit - wie die belangte Behörde - dem gerade für die konkreten Beurteilungen vor Ort geschulten und durch langjährige Erfahrungen ausgewiesene sachkundige Organ, das überdies weder wirtschaftliche noch sonstige Interessen hat, den objektiven Sachverhalt unvollständig oder verfälscht darzustellen. Im Übrigen konnte auch der Bw nicht darlegen, worin konkret ein Fehler des erhebenden sachkundigen Organs bestanden hat.

Für die Beschlagnahme genügt allein schon die Verdachtslage. Die bei der Spielapparatekontrolle festgestellten Umstände begründen den Verdacht, dass es sich bei den drei Geräten um Glücksspielautomaten handelt, mit denen fortgesetzt in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird. Die wesentlichen Umstände für den bestehenden Tatverdacht werden von der belangten Behörde im weiteren ordentlichen Ermittlungsverfahren zu klären sein.

Die Beschlagnahme nach § 53 GSpG setzt im Gegensatz zu der bloß auf § 39 VStG beruhenden Beschlagnahme keine Sicherung des Verfalls voraus, weshalb die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Prüfung, ob die Sicherung des Verfalls überhaupt geboten erscheint, entfallen kann (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 20. Dezember 1999, 97/17/0233 und 94/17/0309). Abgesehen davon zweifelt der Unabhängige Verwaltungssenat beim bestehenden Verdacht eines fortgesetzten Eingriffs in das Glücksspielmonopol aber nicht daran, dass die Beschlagnahme auch zur Sicherung des Verfalls geboten ist. Die Gefahr, dass ohne Beschlagnahme die Spielapparate womöglich dem Zugriff der belangten Behörde entzogen werden könnten oder daran manipuliert wird, kann nicht von der Hand gewiesen werden.

Dem in der Berufung in diesem Zusammenhang angedeuteten Verfahrensmangel ist zu entgegnen, dass es dem Bw im Übrigen möglich gewesen wäre, sich im Wege der Akteneinsicht vom Inhalt des Aktenvermerks Kenntnis zu verschaffen.

Im Ergebnis lagen die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme der drei Glücksspielautomaten nach dem § 53 Abs.1 Z.1 lit.a GSpG vor, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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