RS UVS Oberösterreich 2005/06/13 VwSen-230904/12/Gf/Wü

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Veröffentlicht am 13.06.2005
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Rechtssatz

Nach § 22 Abs.1 Z.1 iVm § 2 Abs.1 und § 3 Abs.1 MeldeG begeht u. a. derjenige, der die ihn treffende Meldepflicht nicht erfüllt, indem er in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ohne sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen.

Im gegenständlichen Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst nicht bestritten, dass er beginnend im Jahr 2003 bis zum 30. September 2004 unter der verfahrensgegenständlichen Adresse den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen begründet und damit eine Unterkunft iSd § 3 Abs.1 iVm § 1 Abs.1 und 7 MeldeG genommen hat.

Anders als der Rechtsmittelwerber vermeint, kommt es bezüglich der in § 3 Abs. 1 MeldeG normierten Pflicht, sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden, nicht darauf an, dass man sich während dieses Zeitraumes ununterbrochen in ein und derselben Unterkunft aufhält. Vielmehr wird dieses verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Gebot auch dann verletzt, wenn der Aufenthalt zwar zwischenzeitlich unterbrochen wurde, insgesamt aber zumindest drei Tage gedauert hat (vgl. zB VwGH v. 30.9.1990, Zl. 91/19/0195, m. w.N.).

Gerade dies wurde im gegenständlichen Fall auch vom Beschwerdeführer selbst nie bestritten, hat er doch schon in seiner Berufung ausgeführt, dass er sich in den letzten zwei Jahren relativ oft im Ausland aufhielt, wobei "diese Aufenthalte ... ohne Unterbrechung bis zu vier Monate" dauerten, er "mit diversen Lastwagen kreuz und quer durch Europa" fuhr und "somit nie länger als zwei Tage in T aufhältig" war.

Damit hat er aber jedenfalls tatbestandsmäßig iSd § 22 Abs.1 Z.1 iVm § 3 Abs.1 MeldeG gehandelt.

Auf der Ebene des Verschuldens ist zunächst davon auszugehen, dass es sich hinsichtlich der Annahme, dass die behördliche Meldepflicht nach § 3 Abs. 1 MeldeG dann nicht ausgelöst würde, wenn der Aufenthalt an der Unterkunft während der drei Tage unterbrochen wurde, also nicht permanent dauerte, um einen selbst in Juristenkreisen anzutreffenden Rechtsirrtum handelt, der möglicherweise auch dadurch begünstigt wird, dass seit der Stammfassung des MeldeG (BGBl. Nr. 9/1992) Personen nicht zu melden sind, denen in einer Wohnung nicht länger als drei Tage Unterkunft gewährt wird (vgl. § 2 Abs. 2 MeldeG): Im Kontext und unter dem Aspekt betrachtet, dass früher eine Person auch mehrere Hauptwohnsitze haben konnte, erschiene diese Auffassung zumindest nicht als völlig abwegig. Diesem Irrtum hätte der Beschwerdeführer zwar dadurch entgehen können, dass er zuvor bei der zuständigen Behörde entsprechende Erkundigungen einholt. Ein solches Verhalten wird man vom Bürger zumindest in jenen Situationen verlangen können, wo es um die Beachtung von Rechtsvorschriften geht, die solche Lebenssachverhalte regeln, in denen der Normunterworfene ein Interesse an einer behördlichen Erledigung - wie zB die Erteilung einer Bewilligung - hat. Demgegenüber ist es bei reinen Ordnungsvorschriften in Zeiten einer serviceorientierten Verwaltung primär Sache des Staates, diese möglichst unmissverständlich zu formulieren, dann aber auch, in einem zweiten Schritt deren Inhalt und Bedeutung in das Bewusstsein der Bevölkerung zu transformieren.

Im Besonderen darf es auch dann, wenn es - wie im gegenständlichen Fall - um sehr kurze Fristen (drei Tage) geht, nicht darauf ankommen, ob innerhalb dieses Zeitraumes auch die Möglichkeit einer Kontaktnahme mit der Behörde im Wege von Parteienverkehr und/oder Amtsstunden besteht; vielmehr muss in der heutigen Zeit eine entsprechende Auskunft auch elektronisch erlangbar sein.

Konkret findet sich diesbezüglich auf der Internet-Seite der belangten Behörde (wie auch der anderen Erstbehörden mit Sprengel in Oberösterreich) gar kein Hinweis zur gesetzlichen Meldepflicht (vgl. "www.land-oberoesterreich.gv.at" - verwaltung - bezirkshauptmannschaften - bh linz-land - sicherheit und ordnung - navigationsleiste). Aber auch unter der - zumindest bei interessierten Bevölkerungskreisen vergleichsweise bekannteren - Internet-Adresse "www.help.gv.at - Ihr Amtshelfer" ist unter dem Stichwort "An-/Abmeldung" nur der allgemeine Hinweis festgehalten, dass derjenige, "der in einer Wohnung ... Unterkunft nimmt", verpflichtet ist, sich "innerhalb von drei Tagen nach dem Bezug der Unterkunft" beim "Meldeservice des Gemeindeamtes bzw. Magistrates" anzumelden. Eine Erläuterung dahin, dass diese Verpflichtung auch dann besteht, wenn der Aufenthalt an der Unterkunft während dieser drei Tage unterbrochen wird, fehlt - ganz abgesehen davon, dass der Eintrag auf dieser Internet-Seite mit "Abgenommen durch: Bundesministerium für Inneres - Stand vom 21.1.2005", also nach dem Tatzeitpunkt, datiert ist.

Unter dem Aspekt derartiger Informationsdefizite - die einzige Möglichkeit eines Betroffenen, sich außerhalb der Öffnungszeiten öffentlicher Institutionen entsprechende Klarheit zu verschaffen, hätte wohl nur darin bestanden, via Internet (RIS) die maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einzusehen; dies hätte allerdings juristische Grundkenntnisse vorausgesetzt, die jedoch angesichts gänzlich fehlender Befassung mit diesem Fach während des Zeitraums der allgemeinen Schulpflicht einem Durchschnittsbürger nicht zumutbar sind - kommt der Oö. Verwaltungssenat insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer dieser spezifische Rechtsirrtum selbst unter dem Aspekt, dass er im Zuge seiner früheren beruflichen Tätigkeit als Sicherheitsorgan zumindest vereinzelt mit Angelegenheiten des Melderechts befasst gewesen sein musste, nur in einem geringfügigen Ausmaß, letztlich aber doch vorzuwerfen ist: Denn der Rechtsmittelwerber konnte nicht ernsthaft davon ausgehen, sich über ein Jahr lang überhaupt nicht behördlich melden zu müssen. Dies wäre nämlich in letzter Konsequenz das Ergebnis der von ihm vertretenen Rechtsauffassung.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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