RS UVS Burgenland 2005/06/22 136/10/05003

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 22.06.2005
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Rechtssatz

Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Rechtsunkenntnis nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist. Dies bedeutet nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Auslegung des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemanden die Verwaltungsvorschriften trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt mindestens fahrlässiges Verhalten (siehe die zahlreichen Judikaturhinweise in Walter / Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band II, 2 Aufl, E166 zu § 5 VStG). Dies gilt auch für nichtösterreichische Staatsbürger und auch dann, wenn diese beabsichtigen in Österreich ein Kraftfahrzeug zu lenken. Es ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Sache eines Fremden, sich schon vor der Einreise nach Österreich auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen. Diese trifft die Verpflichtung, sich über Rechtsvorschriften, die bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten sind, ausreichend zu unterrichten. Das gilt auch für Vorschriften über die Mautpflicht auf bestimmten österreichischen Straßen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland teilt die Ansicht des Berufungswerbers nicht, dass es ausreichend wäre, lediglich durch zur Zuhilfenahme einer Suchfunktion im Internet sich Kenntnis über maßgebliche Rechtsvorschriften zu verschaffen. Es wird aber vom UVS Burgenland durchaus anerkannt, dass die Informationsgewinnung durch Nutzung des Internets im täglichen Leben einen immer größer werden Stellenwert einnimmt. Allerdings darf sich ein Rechtssuchender im Hinblick auf in die zahlreichen zum Teil auch nutzlosen und dubiosen Internetseiten enthaltenen Informationen nicht auf jede beliebige Information oder auf jeden beliebigen Informanten verlassen. Im vorliegenden Fall war allerdings zu berücksichtigen, dass die fragliche Internetseite von einer Stelle betrieben wurde, die mit der Vollziehung des BStMG und der Mautordnung ganz maßgeblich und in hohem Umfang beauftragt worden ist. Wenngleich sowohl die ASFINAG als auch die mit ihr in Zusammenhang und Verbindung stehenden Unternehmen juristische Personen des Privatrechts und keine Behörden sind, so ist doch ersichtlich, dass die ASFINAG, die sich weiterer Unternehmen bediente, im Rahmen der Vollziehung des BStMG als sog beliehenes Unternehmen anzusehen ist. Es ist daher im vorliegenden Fall die ASFINAG und jene Unternehmen, denen sie sich beim Vollzug des BStMG bedient, einer Behörde, die mit bestimmten Gesetzesvollzugsaufgaben betraut ist, gleich zu halten, zumal die ASFINAG als für die Vollziehung beliehenes Unternehmen die Vollziehung der sonst von einer Behörde im Rahmen des BStMG zu besorgenden behördlichen Aufgaben übernommen hat. Es war weiters zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall die Suche des Berufungswerbers über die Suchfunktion mit einem durchaus plausiblen Schlagwort erfolgreich war, und ihm über die Internetseite die Auskunft gegeben wurde, dass Fahrzeuge im humanitären Einsatz von der Bemautung freigestellt seien. Nähere Auskünfte auf eine dafür erforderliche Antragstellung waren auf dieser Seite nicht enthalten. Dies musste aufgrund der Eintragungen auf dieser Internetseite auch nicht ohne Weiteres vermutet werden, weil in der Aufzählung auch Fahrten mit Fahrzeugen mit Blaulicht und Heereskraftfahrzeugen angeführt waren, die aber gemäß § 5 Abs. 1 BStMG bereits von Gesetzes wegen (ohne eine Ausnahmegenehmigung zu benötigen) von der Mautpflicht ausgenommen sind. Dass Fahrzeuge mit Blaulicht und Heereskraftfahrzeuge für die Freistellung von der Maut keine separate Genehmigung benötigen, lag für einen durchschnittlichen mit den rechtlichen Werten verbundenen rechtsuchenden Kraftfahrzeuglenker nahe. Daher lag auch der Schluss nahe, dass auch Fahrzeuge im humanitären Einsatz keiner separat

en Genehmigung bedürfen würden.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland wäre auch ein durchschnittlicher und sorgfältiger Kraftfahrzeuglenker, der sich über die von einer mit der Vollziehung des BStMG betrauten Stelle eingerichteten Homepage über Ausnahmen von der Mautpflicht vertraut machen möchte, aufgrund der erteilten Informationen wohl davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von der Mautpflicht, ohne eine weitere Ausnahmegenehmigung einholen zu müssen, vorliege, weshalb gerade im hier vorliegenden Fall nach Prüfung aller einzelnen Umstände davon ausgegangen werden musste, dass auch ein durchschnittlicher, dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörender Mensch keine darüber hinaus gehenden Erkundigungen mehr eingeholt hätte.

Schlagworte
fahrleistungsabhängige Maut, Befreiung von der Mautentrichtung, Fahrt im humanitären Einsatz, Informationspflicht, Internet, unverschuldete Rechtsunkenntnis
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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