RS UVS Burgenland 2006/02/06 015/11/05022

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 06.02.2006
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Rechtssatz

Das öffentliche Anbieten der Leistungen durch den Berufungswerber hat auf dem Markt augenscheinlich keinen Niederschlag gefunden, weil sich keine Interessenten gemeldet haben. Dementsprechend ist die Publizitätswirkung des Anbietens in dem im Vergleich mit anderen Medien hinsichtlich Publizitätswirkung zweitrangigen Medium Bezirksblatt und damit das Ausmaß der Schädigung der durch das Verbot des Anbietens an einen größeren Personenkreis geschützten Interessen als stark unterdurchschnittlich anzusehen. Dementsprechend kam es auch nicht zu einer Beeinträchtigung von Kunden durch unbefugte Gewerbeausübung noch kam es zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbes bzw. des Verlustes von möglichen Geschäften für befugte Gewerbetreibende. Es fehlen also all jene Momente, die für gewöhnlich mit einer unbefugten Gewerbeausübung verbunden sind. Hinzu kommt, dass der Berufungswerber ohnehin über die fachliche Qualifikation verfügt, die für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung erforderlich wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt war daher von vornherein ein Schaden für allfällige Kunden nicht zu befürchten und war die Erleichterung, die der Berufungswerber gegenüber befugten Gewerbetreibenden durch sein rechtswidriges Handeln erlangt hat, weit aus geringer als im Normalfall einer unbefugten Gewerbeausübung.

 

Der Unrechtsgehalt der vom Berufungswerber zu verantwortenden Tat bleibt daher hinter dem üblichen Unrechtsgehalt einer unbefugten Gewerbeausübung durch öffentliches Anbieten der gewerbsmäßigen Tätigkeit erheblich zurück, sodass die Folgen der begangenen Übertretung als unbedeutend iSd § 21 Abs 1 VStG anzusehen sind.

 

Geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 Abs 1 VStG kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (siehe Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, E 7 zu § 21 VStG) trotz Vorliegen von Vorsatz ? wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist ? dann bejaht werden, wenn besondere Umstände, wie zB eine drückende Notlage diesen Schluss rechtfertigen. Im vorliegenden Fall befand sich der Berufungswerber offensichtlich in einer drückenden Notlage, zumal er schon seit mehr als zwei Jahren auf das Existenzminimum gepfändet wurde und darüber hinaus beträchtliche Schulden wegen nicht geleisteten Unterhalts aufgelaufen sind.

 

Bei der Beurteilung des Verschuldens ist zudem als besonderer Umstand zu berücksichtigen, dass das Handeln des Berufungswerbers teilweise auch aus durchaus achtenswerten Motiven erfolgte. Entsprach es doch nicht nur der kaufmännischen Vernunft, vor Inkaufnahme größerer Kosten zunächst den Markt auf mögliche Kunden zu überprüfen, sondern lag ein solches Verhalten im Hinblick auf die vorhandene Unterhaltsschuld auch im Interesse des Unterhaltsberechtigten. Ohne zusätzliche Einnahmen bestünde auf absehbare Zeit keine Chance, dass der Unterhaltsberechtigte die ausständige Unterhaltsschuld hereinbringt. Zusätzliche Kosten durch eine Gewerbeanmeldung, ohne dass die Erzielung entsprechender Einnahmen sichergestellt ist, hätten daher im konkreten Fall auch die Interessen des Unterhaltsberechtigten geschädigt.

 

Die besonderen Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe waren daher im Hinblick auf die außergewöhnlichen Umstände der vom Berufungswerber begangenen Tat gegeben.

Schlagworte
Unbefugte Gewerbeausübung durch Anbieten gewerblicher Tätigkeiten an einen größeren Personenkreis, Absehen von der Strafe
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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