TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/19 2001/16/0100

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Veröffentlicht am 19.09.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/06 Verkehrsteuern;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §17 Abs3;
ErbStG §19 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Rudolf Hopfgartner, beeiderter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien XIX, Krottenbachstraße 99, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. Dezember 2000, GZ. RV 557/1-9/2000, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit 7. Dezember 1982 Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 171, Grundbuch 46149 Ried im Innkreis, Grundstück Nr. 164, Grundstücksadresse Hauptplatz 4/Roßmarkt 2.

Die Liegenschaft war mit einem Fruchtgenussrecht und einem Veräußerungs- und Belastungsverbot für Charlotte Sailer belastet. Am 8. März 1999 wurde zwischen dem Beschwerdeführer und Charlotte Sailer eine Verzichts- und Löschungserklärung mit - auszugsweise - folgenden Inhalt errichtet:

"...Frau Charlotte Sailer verzichtet hiemit sowohl auf das ihr eingeräumte Fruchtgenussrecht als auch auf das Belastungs- und Veräußerungsverbot, Herr Dr. Kurt Sailer erklärt die Verzichtsannahme.

Frau Charlotte Sailer, geb. am 12.1.1924 erteilt sohin ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des vorgenannten Fruchtgenussrechtes sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes, nicht jedoch auf ihre Kosten.

Herr Dr. Kurt Sailer nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Erträgnisse der Vertragsliegenschaft für den Monat März 1999 noch seiner Mutter Frau Charlotte Sailer, ab 1.4.1999 sodann ihm allein zufließen.

Für Zwecke der Steuerbemessung wird folgendes festgestellt:

Der Jahresertrag des angeführten Fruchtgenussrechtes beträgt S 600.000,--

abzüglich jährlicher Betriebs- und Erhaltungskosten von S 100.000,--

restlich daher

S 500.000,--

Hievon ist ein 20 %-iger Risikoabschlag für allfällige Vermietungspausen, Uneinbringlichkeiten, unvorhergesehene Reparaturen oder Investitionen und dergleichen zu berechnen, sodass der steuerlich zu berücksichtigende Jahreswert des nunmehr verzichteten Fruchtgenussrechtes S 400.000,-- beträgt."

In den Verwaltungsakten finden sich Kopien der Beilagen zu den Steuererklärungen der Fruchtgenussberechtigten für die Jahre 1995 bis 1997, aus denen sich unter Berücksichtigung der Abzüge für Betriebskosten und Werbungskosten (einschließlich einer "AFA-Haus") Einkünfte aus Vermietung in der Höhe von S 870.454,93 (1995), S 854.873,75 (1996) und S 702.677,52 (1997) ergeben. Aus der Kopie eines Antrags auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 1998 ergibt sich, dass die Fruchtnießerin für dieses Jahr wegen des Auszugs zweier Mieter eine monatliche Mietzinsminderung von ca. 20.000 S erwartete.

Mit Bescheid vom 21. Juni 1999 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im Folgenden kurz: Finanzamt) gegenüber dem Beschwerdeführer Schenkungssteuer unter Berücksichtigung eines Jahresertrages von S 700.000,-- fest.

Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er ausdrücklich vorbrachte, es sei für die Zukunft mit einem Ertrag vor Abschreibung von S 600.000,-- jährlich zu rechnen. Er machte dazu aber geltend, es sei vom Gebäudewert von S 15 Mio ein Abschreibungssatz von 3 % jährlich vorzunehmen, weshalb sich der Jahresertrag des Fruchtgenusses um jährlich S 450.000,-- auf jährlich S 150.000,-- verringere. Es ergebe sich daher ein dreifacher Jahreswert des Fruchtgenussrechtes in Höhe von S 450.000,--.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 14. September 2000 gab das Finanzamt der Berufung nur teilweise statt, indem es den Wert des Fruchtgenussrechtes von jährlich S 600.000,-- zugrundelegte, die Berücksichtigung der geltend gemachten Abschreibung allerdings versagte.

Dagegen stellte der Beschwerdeführer fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wobei er seinen Antrag auf Berücksichtigung der Abschreibung wiederholte.

Die belangte Behörde gab der Berufung ebenfalls nur insoweit Folge, als sie den Jahreswert des Fruchtgenussrechtes, auf das verzichtet wurde, mit S 600.000,-- ansetzte. Einen Abzug "von einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu beurteilenden Kosten bei der Ermittlung des Jahreswertes "im Sinne des § 17 Abs. 3 BewG erachtete die belangte Behörde hingegen als unzulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, dass eine angemessene Abschreibung der Liegenschaft zu berücksichtigen ist und dass für das Fruchtgenussrecht kein höherer Wert anzusetzen ist als der steuerliche Wert der Liegenschaft selbst.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).

§ 17 Abs. 3 BewG bestimmt:

"(3) Bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, ist als Jahreswert der Betrag zu Grunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird."

Maßgebend für die Ermittlung des Kapitalwertes von Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken ist der durchschnittliche Reinertrag. Er ergibt sich dadurch, dass die mit den Nutzungen oder Leistungen zusammenhängenden Aufwendungen vom Rohertrag abgezogen werden. Auch die Aufwendungen sind mit dem in Zukunft im Durchschnitt der Jahre anfallenden Betrag anzusetzen. Das bewirkt, dass einmalige Aufwendungen, die sich überhaupt nicht mehr oder nur in längeren Zeitabständen als drei Jahren wiederholen, nur mit dem Anteil einbezogen werden können, der unter Berücksichtigung der Gesamtdauer der Bezüge oder des Zeitraumes, auf den sie entfallen, dem für die vorausschauende Beurteilung maßgebenden Dreijahreszeitraum zugeordnet werden kann (vgl. z.B. Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz, Vermögenssteuergesetz Kommentar Rz 8.2. zu § 15 des deutschen Bewertungsgesetzes, welche Bestimmung dem des § 17 des österreichischen BewG entspricht).

Bereits daraus folgt, dass die belangte Behörde durch die Außerachtlassung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Abschreibung ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat.

Dazu kommt aber noch Folgendes:

Der Beschwerdeführer macht vor dem Verwaltungsgerichtshof auch geltend, dass der von der belangten Behörde angesetzte Wert des Fruchtgenussrechtes (dreifacher Jahresbetrag gemäß § 16 Abs. 2 Z. 11 BewG) höher liegt als der Einheitswert der gesamten Liegenschaft (S 665.000,--). Diesem Argument begegnet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit dem Hinweis, es verstoße gegen das Neuerungsverbot.

Dabei übersieht die belangte Behörde allerdings, dass nach der hg. Judikatur das Neuerungsverbot dann nicht Platz greift, wenn es bei der Amtswegigkeit des Verfahrens eines entsprechenden Vorbringens des Beschwerdeführers gar nicht bedurfte und es auf der Hand lag, den entsprechenden Umstand in die Erwägungen der Behörde von Haus aus miteinzubeziehen (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 554 Abs. 5 referierte hg. Rechtsprechung).

Da die belangte Behörde im Rahmen der Klärung des Jahreswertes und damit des Kapitalwertes des in Rede stehenden Fruchtgenussrechtes jedenfalls von Amts wegen auch die Frage zu prüfen hatte, ob dieser Wert den Einheitswert der Liegenschaft übersteigt, steht das Neuerungsverbot dem entsprechenden Beschwerdeargument nicht entgegen. Es wird in diesem Zusammenhang auf die ständige hg. Judikatur verwiesen, wonach der Wert eines Nutzungsrechtes nicht größer sein darf als der steuerliche Wert des genutzten Wirtschaftsgutes selbst (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer unter Rz 84 Abs. 2 zu § 19 ErbStG referierte hg. Rechtsprechung).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG); der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Mit Rücksicht auf die einfache - und durch die zitierte Judikatur und Literatur geklärte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Wien, am 19. September 2001

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001160100.X00

Im RIS seit

31.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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