RS UVS Burgenland 2006/09/06 166/10/06046

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Veröffentlicht am 06.09.2006
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Rechtssatz

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Im gegenständlichen Fall dient die Schubhaft der Sicherung eines Ausweisungsverfahrens. Treten im Fortgang des Ausweisungsverfahrens ungerechtfertigte, von der Behörde zu vertretende Säumigkeiten auf und hat dies Auswirkungen auf die Dauer der Schubhaft, so liegt Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft infolge unnötiger Verlängerung der Anhaltung in Haft nicht mehr vor.

Nach der Konzeption des Fremdenrechtspaketes 2005 ist es systemimmanent, dass in den jenen Fällen, wie er hier vorliegt, die Schubhaft von der Fremdenpolizeibehörde verhängt wird, das Ausweisungsverfahren aber nicht von ihr, sondern von der Asylbehörde geführt wird. Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland verkennt nicht, dass die Bewältigung der fremdenpolizeilichen Aufgabe infolge Trennung der schubhaftverhängenden Behörde einerseits und der das aufenthaltsbeendende Verfahren führenden Behörde andererseits der Mitwirkung der Asylbehörde bedarf und einen nicht unbeträchtlichen organisatorischen Mehraufwand bedeutet. Es ist aber im Sinne des § 80 Abs 1 FPG daher umso mehr Aufgabe der Fremdenpolizeibehörde, den Fortgang des Ausweisungsverfahrens zu beobachten und darauf zu dringen, dass Säumigkeiten nicht entstehen oder aus beobachteten Säumigkeiten die Konsequenzen hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Schubhaft zu ziehen. Dem Fremdenpolizeiakt der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See ist nun nicht zu entnehmen, dass derartige Beobachtungen durchgeführt worden wären. Dem Akteninhalt zufolge hat sich die Bezirkshauptmannschaft auf die Mitteilungen des Bundesasylamtes verlassen und diese lediglich zur Kenntnis genommen. Erst anlässlich der vorliegenden Schubhaftbeschwerde überzeugte sich die Bezirkshauptmannschaft durch Anfertigen eines Speicherauszuges aus dem Asylwerberinformationssystem vom bisherigen Verfahrensgang und den Verfahrensschritten im Ausweisungsverfahren (ohne allerdings Konsequenzen zu ziehen). Diesem Speicherauszug war zu entnehmen, dass die Asylbehörde am 19 07 2006 zwar ein Konsultationsverfahren mit Polen einleitete, jedoch derartige Konsultationen zu dieser Zeit nicht mit Deutschland und auch nicht mit der Slowakei einleitete oder führte. Erst nach Vorliegen der (negativen) Antwort der Republik Polen leitete das Bundesasylamt am 08 08 2006 (und somit erst etwa drei Wochen nach Beginn der Konsultationen mit Polen) Konsultationen mit der Slowakei ein, obwohl es dem Bundesasylamt ohne weit

eres möglich gewesen wäre, diese Konsultationen bereits ebenfalls früher zu beginnen. Auch den (unmittelbar anwendbaren) VO 2003/343/EG und VO 2003/1560/EG ist keine Vorschrift zu entnehmen, die es verbieten würde, gleichzeitig mit mehreren Mitgliedstaaten ein Konsultationsverfahren zu führen.

Dadurch wurde aber die Schubhaft unnötig in durchaus nicht mehr zu vernachlässigendem Ausmaß verlängert, was zur Folge hat, dass die Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig wurde. Die Bezirkshauptmannschaft muss sich nämlich im Rahmen der von ihr zu vertretenden Schubhaft zurechnen lassen, wenn sie aus nicht zu rechtfertigenden Säumigkeiten im Ausweisungsverfahren keine Konsequenzen zieht.

Schlagworte
Schubhaft, Ausweisungsverfahren, unnötige Säumigkeiten und Verzögerung in der Verfahrensführung, Dublin II, Dublin-Konsultationen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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