TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/20 2000/07/0221

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
95/05 Normen Zeitzählung;

Norm

AAEV 1996 §1 Abs3 Z7;
AEVKom 01te 1996 §4 Abs2 Z2;
AVG §46;
AVG §52;
ÖNORM B 2502;
WRG 1959 §12a Abs3;
WRG 1959 §12a;
WRG 1959 §32;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2000/07/0214 E 18. Oktober 2001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des F B in P, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg und Mag. Gunther R. Huainigg, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Egerstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. Juli 2000, Zl. 8W-Allg-241/8/2000, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4. 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer suchte am 15. Jänner 1999 bei der Bezirkshauptmannschaft V um die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer biologischen Abwasserbeseitigungsanlage auf dem Grundstück 39/3, KG P., an.

Nach vorläufiger Überprüfung des Projektes gemäß § 104 WRG wurde dieser Antrag mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V vom 1. September 1999 abgewiesen. Dies im Wesentlichen unter Hinweis darauf, dass sich nach Einholung verschiedener Gutachten ergeben habe, dass diese Art der Abwasserbeseitigung (Type BIOKKA der Fa. BAAS) nicht dem Stand der Technik entspreche und die Erteilung einer Bewilligung daher gemäß § 12a Wasserrechtsgesetz (WRG) nicht möglich sei.

In der dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf hin, der Stand der Technik bei dieser Art von Wasserbenutzungsanlagen sei, insbesondere durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. H, erwiesen.

Ein im Zuge des Berufungsverfahrens neuerlich eingeholtes gewässerökologisches Gutachten des Amtssachverständigen vom 27. April 2000 unter Bezugnahme auf verschiedene andere Gutachten (Gutachten Dr. H, Gutachten der TU G, Bericht über die Kläranlagenüberprüfung der Gesellschaft für Angewandte Chemie, Gutachten der Fachabteilung der Kärntner Landesregierung) kam zum Ergebnis, dass diese Kleinkläranlagen zwar auf dem derzeitigen Stand der Technik geeignet seien, Kohlenstofffraktionen häuslichen Abwassers zufrieden stellend zu reinigen, aber den Stand der Technik in Bezug auf Ammoniumoxidation nicht in ausreichendem Maße erfüllen könnten. So ergebe sich auf Grundlage der von der Gesellschaft für Angewandte Chemie (GfA) erhobenen Daten der Untersuchungsserie K., dass von 25 Ablaufuntersuchungen des Abwassers 8 bei Abwassertemperaturen von über 12 Grad Celsius gemessen worden seien, worunter sich drei knappe Überschreitungen des NH4-N-Grenzwertes befänden. Eine dieser Überschreitungen habe sich im Anschluss an eine 14tägige Unterbrechung des Anlagenzulaufes (Feriensimulation) ereignet. Zur Bewertung der NH4- N-Ergebnisse seien - entgegen der von der GfA gewählten Methode - nur jene Proben heranzuziehen gewesen, bei denen der Grenzwert, der nur für Abwassertemperaturen von über 12 Grad Celsius gelte, auch einzuhalten gewesen sei. Daraus ergebe sich, dass von 8 (7) Proben 3 (2) Proben den Grenzwert überschritten hätten, der Prozentsatz von 80 % sei daher nicht eingehalten.

In seiner zu diesem Gutachten abgegebenen Stellungnahme vom 29. Mai 2000 wies der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf hin, dass sich die Betreiberfirma der beschwerdegegenständlichen Kläranlage als erste Kläranlagenbetreiberin einem Dauertest nach einer sich zur Zeit im Entwurf befindlichen Europanorm, EN 12566- 3, unterzogen und diesen klar bestanden habe. Weiters setzte er sich mit dem dem Gutachten des Amtssachverständigen (unter anderem) zu Grunde liegenden Gutachten der TU G allgemein auseinander und verwies insbesondere auf die Ergebnisse der Begutachtung der GfA, aus welchen hervorgehe, dass die Kläranlage auch im Dauerbetrieb dem Stand der Technik entspreche. Die von der GfA angewandte Berechnungsmethode sei korrekt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte in ihrer rechtlichen Begründung nach Wiedergabe des Gesetzeswortlautes des § 12a WRG aus, als Grundlage für die Beurteilung des Standes der Technik seien, wenn vorhanden, Verordnungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft heranzuziehen. In Ermangelung einer Abwasseremissionsverordnung für Kleinkläranlagen unter 50 EW bzw. für Versickerungsanlagen habe die Behörde aber im Einzelfall mit Hilfe von Sachverständigen zu klären, ob das Vorhaben dem Stand der Technik entspräche. In einem solchen Fall seien vergleichbare Verfahren, Einrichtungen, Bau- und Betriebsweisen heranzuziehen. Im Beschwerdefall seien zu diesem Behufe verschiedene Gutachten beigeschafft worden.

Der Anlagenhersteller beschreibe sein System als "Filteranlage"; auf Grund zu geringer Dimensionierung der zur Verfügung stehenden Filterfläche entspreche die gegenständliche Anlage nicht der einschlägigen ÖNORM B 2502-1. Dieses Ergebnis bringe auch der Vergleich mit einer ebenfalls in der ÖNORM beschriebenen Tropfkörperanlage. Der Vergleich mit ähnlichen Bau- und Betriebsweisen falle somit nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers aus. Dies allein ermächtige die Behörde aber noch nicht zur Feststellung, die BIOKKA-Anlagen entsprächen nicht dem Stand der Technik.

Weil das System der BIOKKA ein gänzlich neues System und nur bedingt mit den anderen bestehenden Kleinkläranlagentypen vergleichbar sei, sei zu prüfen gewesen, ob dieser neue Anlagentyp geeignet sei, die in der ÖNORM B 2502-1 vorgeschriebenen Emissionswerte für die Reinigungsklasse I auch gesichert im Dauerbetrieb einzuhalten. In diesem Zusammenhang sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass der vorliegende Anlagentypus durchaus in der Lage sei, die Grenzwerte BSB5, CSB und TOC im Dauerbetrieb einzuhalten. Problematischer erweise sich die Frage, ob dies auch für den Ammoniumgrenzwert gelte.

Die ÖNORM B 2502-1 lege als Grenzwert für NH4-N 10 mg/l bei Abwassertemperaturen > 12 Grad Celsius fest und schreibe vor, dass die Emissionswerte bei mindestens 80 % der Proben diesen Anforderungen genügen müssten. Je nach dem, welche Messergebnisse man für die Beurteilung heranziehe, alle oder nur die mit Abwassertemperaturen von über 12 Grad C, ergebe sich ein unterschiedlicher Prozentsatz. Von der Einhaltung des Prozentsatzes könne aber deshalb nur auf Grundlage der Messergebnisse von Abwassertemperaturen von über 12 Grad C gesprochen werden, weil es unterhalb dieser Temperatur keinen Grenzwert für NH4-N gebe. Daher komme die Berufungsbehörde unter Zugrundelegung näher dargestellter Messergebnisse bei Abwassertemperaturen von über 12 Grad C zum Ergebnis, dass ein Erfüllungsgrad von nur 71,4 % vorliege und die geforderte 80 %- Klausel somit nicht eingehalten worden sei.

Zum Vorbringen hinsichtlich der Bedeutung des Entwurfes der Europa-Norm führte die Berufungsbehörde aus, damit sei der Stand der Technik nicht neu definiert worden; der Beschwerdeführer verkenne die Rechtslage, wonach eine Festlegung des Standes der Technik nach § 12a Abs. 3 WRG nur durch Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, nicht aber durch einen privaten Kläranlagenbetreiber möglich sei.

Auch der Hinweis auf die erste Abwasseremissionsverordnung für kommunales Abwasser (1. AEVKom) gehe fehl, finde diese doch schon deshalb im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil sie nur Einleitungen in Fließgewässer, nicht aber Versickerungsanlagen betreffe und zudem nur für Kläranlagen über 50 EW Anwendung finde. Eine denkbare Heranziehung des Entwurfes für die zweite Abwasseremissionsverordnung für kommunales Abwasser, die jedoch noch nicht Bestandteil der Rechtsordnung sei, hätte zudem auch kein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis gebracht, zumal auch dort die 80 %-Klausel gelte.

Die vom Beschwerdeführer beantragte Anlage entspreche somit nicht dem Stand der Technik im Sinne des § 12a WRG; der Beschwerdeführer habe zudem auf seiner Rechtsansicht beharrt, die Anlage entspreche dem Stand der Technik, sodass eine ausnahmsweise Bewilligung unter Abänderung der Anlage auch nicht in Frage gekommen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen hat (§ 41 Abs. 1 VwGG). Die erstmals in der Stellungnahme vom 27. August 2001 im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Gutachten und die in der Beschwerde (erstmals) angestellten technischen Berechnungen zur Oberflächendimensionierung konnten schon aus diesem Grund keine Berücksichtigung finden.

§§ 12a und 32 WRG lauten (auszugsweise):

"§ 12a. (1) Der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen, Bau- und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen heranzuziehen.

(2) Der Stand der Technik ist bei allen diesem Bundesgesetz unterliegenden Wasserbenutzungen, Maßnahmen und Anlagen einzuhalten. Die Behörde kann auf Antrag Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet.

(3) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann durch Verordnung für bestimmte Wasserbenutzungen sowie für diesem Bundesgesetz unterliegende Anlagen und Maßnahmen den maßgeblichen Stand der Technik bestimmen.

(4) ....

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

...

c) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern)

von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

..."

Streitgegenständliche Frage ist, ob die vom Beschwerdeführer beantragte Abwasserreinigungsanlage dem Stand der Technik im Sinne des § 12a WRG entspricht. Bestimmt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft den Stand der Technik nicht in einer Verordnung nach Abs. 3 des § 12a WRG, ist diese Frage im Einzelfall mit Hilfe von Sachverständigen zu klären. Dabei können von den Sachverständigen als Grundlage für die Beurteilung des Standes der Technik neben - nicht auf § 12a Abs. 3 WRG gestützten - Verordnungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (vgl. zur Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 94/07/0166) - auch einschlägige Regelwerke, wie z.B. ÖNORMEN als objektivierte, generelle Gutachten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0085) herangezogen werden. Wie auch in den jeweiligen Abwasseremissionsverordnungen wird der Stand der Technik auf dem Abwassersektor in der vorliegenden ÖNORM durch die Festlegung von Emissionsgrenzwerten als technisch einhaltbare Emissionsbeschränkung umschrieben. Zutreffend konnte die belangte Behörde daher davon ausgehen, dass eine Anlage, die im Dauerbetrieb die Einhaltung dieser Emissionsbeschränkungen (hier:

der in der Hauskläranlagen für Anlagen bis 50 Einwohnerwerte betreffenden ÖNORM B 2502-1 festgelegten Werte) nicht gewährleisten, nicht dem Stand der Technik entsprechen.

Zu den Ausführungen in der Beschwerde im Einzelnen:

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst ausführlich gegen den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid durchgeführten Vergleich mit Tropfkörper- und Filterkammeranlagen und gegen die von der belangten Behörde hinsichtlich der Filterflächen festgestellte Unterdimensionierung bei der beantragten Anlage. Auf diesen Umstand bezieht sich auch die geltend gemachte Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, in der er vorbringt, die Behörde habe sich diesbezüglich allein auf das Gutachten der TU G gestützt und dem Beschwerdeführer nicht ausreichend Parteiengehör gewährt. Andernfalls hätte er Unterlagen vorgelegt, die die Unrichtigkeit der Berechnungen der TU G belegt hätten.

Dieser Einwand des Beschwerdeführers ist aber schon deshalb nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil die im Vergleich geringere Dimensionierung der verfahrensgegenständlichen Anlage nicht dafür ausschlaggebend war, die Anlage als nicht dem Stand der Technik entsprechend zu qualifizieren und somit nicht gegen die Bewilligungsfähigkeit des Projektes ins Treffen geführt wurde. Die belangte Behörde führte in ihren rechtlichen Erwägungen vielmehr ausdrücklich aus, der Umstand, dass (wegen der geringen Dimensionierung) der Vergleich mit ähnlichen Bau- und Betriebsweisen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgefallen sei, ermächtige die Behörde noch nicht zur Beurteilung, die verfahrensgegenständlich Anlage entspreche nicht dem Stand der Technik, weil die Anlage des Beschwerdeführers ein gänzlich neues System und nur bedingt mit bereits bestehenden Systemen vergleichbar sei. Die vom Beschwerdeführer angestrebte andere Beurteilung der Dimensionierung der Filterflächen hätte daher, selbst bei ihrem Zutreffen, zu keinem anderen Verfahrensergebnis geführt, weil es auch diesfalls darauf angekommen wäre, ob die Anlage im Dauerbetrieb die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte garantiert oder nicht. Abgesehen davon unterliegt dieses Vorbringen dem schon oben angesprochenen Neuerungsverbot, weil der Beschwerdeführer während des Verfahrens diesbezüglich in seiner Stellungnahme vom 29. Mai 2000 lediglich einen nicht näher substantiierten, einen Schriftverkehr Dritter betreffenden Hinweis auf die Unrichtigkeit der Berechnungen durch die TU G erstattete, diese Einwendungen aber nicht näher ausführte.

Weiters wendet der Beschwerdeführer ein, dass die den Berechnungen und den Grenzwerten zugrundegelegte ÖNORM B 2505-1 von Probenahmen als Stichproben ausgehe, während tatsächlich qualifizierte Tagesmischproben entnommen worden seien. Eine Bewertung von Tagesmischproben auf Grundlage der ÖNORM B 2505-1 sei daher unzulässig. Die Mindestanzahl von gemessenen Proben, welche innerhalb der gestellten Anforderungen liegen müssten, läge bei Berechnungen nach der genannten ÖNORM bei 80 %, während andererseits diese Anzahl an Proben bei Berechnungen nach der Europanorm E 12566-3, welche noch nicht in Geltung sei und welche bei ihren Berechnungen eben die Entnahme von Tagesmischproben vorsehe, bei 88 % der Proben liege. Im Übrigen seien - entgegen den Vorschriften der ÖNORM B 2502-1 - keine Stichproben als Entscheidungsgrundlage herangezogen worden, insbesondere fehlten Stichproben für Temperaturwerte > 12 Grad Celsius, sodass keine geeignete Entscheidungsgrundlage für die Reinigungsleistung bei den Ammoniumwerten vorliege.

Auch dieses Vorbringen wurde erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet und ist schon aus diesem Grund nicht weiter beachtlich. Dazu kommt, dass damit nur dann eine für den Verfahrensausgang relevante Unrichtigkeit und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt worden wäre, wenn die versäumte Entnahme von Stichproben an Stelle der tatsächlich gezogenen Tagesmischproben für den Beschwerdeführer günstigere Ergebnisse (Messwerte) hätte erwarten lassen. Gerade das Gegenteil ist aber der Fall. In der Anmerkung zu Punkt 7 ("Reinigungswirkung und deren Überprüfung") der ÖNORM B 2502-1 wird nämlich angeführt, dass aus Gründen der vereinfachten Überprüfung die Probenahme als Stichprobe durchgeführt werde, und sich daraus gegenüber der üblichen Probenahme als Mischprobe eine "Verschärfung der Anforderungen" ergäbe, die bei der Festlegung der Emissionswerte der einzelnen Kategorien "berücksichtigt worden" sei. Die Emissionsgrenzwerte wurden also - wegen dieser Verschärfung - keinesfalls höher, sondern vermutlich sogar niedriger angesetzt als dies bei Vorschreibung von Tagesmischproben der Fall gewesen wäre. Der Umstand, dass dem Vergleich mit den Emissionswerten Tagesmischproben zu Grunde gelegt wurden, konnte sich daher nur zu Gunsten des Beschwerdeführers auswirken.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, Anlagen der Marke BAAS BIOKKA seien in anderen Bundesländern anstandslos genehmigt worden, wird erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht und war daher nicht weiter zu beachten. Der damit gegebenenfalls aufgezeigte Umstand, anderen Parteien sei für eine dem Stand der Technik widersprechende Wasserbenutzung eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden, ist zudem für die Frage der Übereinstimmung des hier angefochtenen Bescheides mit dem Gesetz ohne Einfluss.

Zur entscheidenden Frage der Interpretation der durch die GfA ermittelten Abwasserwerte bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, nach Punkt 7.1 der ÖNORM B 2502-1 müssten die Emissionswerte von Anlagen bei mindestens 80 % der Proben den Anforderungen der Tabelle 2 entsprechen. Tabelle 2 sehe unter anderem Grenzwerte im NH4-N-Bereich nur bei Abwassertemperaturen von > 12 Grad Celsius vor. Es sei die Gesamtzahl der Proben im Sinne dieser Vorschrift maßgebend, sodass 80 % der Gesamtsumme der Proben unabhängig von der Temperatur im Zeitpunkt der Messung dem Grenzwert der Tabelle 2 entsprechen müssten, und nicht, wie die Behörde diese Bestimmung auslege, 80 % der Proben, die über einer Temperatur von > 12 Grad Celsius gemessen wurden.

Von der Interpretation dieser Bestimmung hängt im vorliegenden Fall die Qualifikation der Anlage als geeignet, im Dauerbetrieb den NH4-N-Grenzwert einzuhalten und damit dem Stand der Technik zu entsprechen, ab. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Lesart dieser Bestimmung aber nicht im Recht.

Punkt 7 der ÖNORM B 2502-1 ("Reinigungswirkung und deren Überprüfung") beinhaltet einen Unterpunkt 7.1 ("Reinigungswirkung"), welcher lautet wie folgt:

"Die Emissionswerte von Anlagen gemäß den beiden Reinigungsklassen müssen bei mindestens 80 % der Proben den Anforderungen nach Tabelle 2 genügen."

Tabelle 2 beinhaltet für die (im vorliegenden Zusammenhang allein relevante) Reinigungsklasse I neben anderen auch einen Grenzwert für NH4-N, und zwar 10 mg/l. Die bei diesem Wert angebrachte Fußnote lautet:

"Gilt für Abwassertemperaturen > 12 Grad Celsius."

Unbestritten ergibt sich daraus, dass nur für Abwassertemperaturen > 12 Grad Celsius ein höchstzulässiger Emissionswert für NH4-N, nämlich 10 mg/l, vorgeschrieben ist, für niedrigere Abwassertemperaturen hingegen kein solcher Wert gilt. Wenn der erste Satz des Punktes 7.1 der zitierten ÖNORM nun davon spricht, dass "die Emissionswerte ... bei mindestens 80 % der Proben den Anforderungen der Tabelle 2 genügen müssen", so können als Proben nur solche Proben verstanden werden, die wegen ihrer Temperatur (von > 12 Grad Celsius) überhaupt für die Bewertung dieses Emissionswertes in Frage kommen. Eine Probe, die in Bezug auf NH4-N dem vorgeschriebenen Emissionswert "genügen" kann (Pkt. 7.1 der ÖNORM), kann naturgemäß nur eine solche sein, die eine Abwassertemperatur von > 12 Grad Celsius aufweist.

Dies auch deshalb, weil ansonsten allein mit der Vergrößerung des Datenmaterials, dh. mit einer Steigerung der Anzahl der Proben, die die Temperatur von > 12 Grad Celsius nicht aufweisen, der Prozentsatz der den Emissionswerten entsprechenden bzw. nicht entsprechenden Proben "gesteuert" werden könnte und ein unzutreffendes Bild über die Erreichbarkeit dieses Emissionswertes erzielt würde. Mit dieser Regelung in der ÖNORM sollte - unter Beachtung des Grundsatzes der 80 %-Unterschreitung - die Erreichbarkeit bzw. Einhaltbarkeit der Emissionsgrenzwerte überprüft werden. Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass als Grundlage für diese Überprüfung nur solche Proben herangezogen werden können, die eine relevante Aussage zu dem jeweils zu prüfenden Parameter beinhalten; beim Parameter NH4-N also nur solche Proben, die bei einer Abwassertemperatur von über 12 Grad Grad Celsius gewonnen wurden.

Zu keinem anderen Verständnis der zitierten Bestimmung der ÖNORM führt der bereits im Verwaltungsverfahren erstattete Hinweis des Beschwerdeführers auf die - im vorliegenden Fall nicht anwendbare - Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z. 2 der

1. Abwasseremissionsverordnung für kommunales Abwasser, BGBl. Nr. 210/1996 (in der Folge: 1. AEVKom). Demnach gilt der Emissionswert für die Ablaufkonzentration des Parameters NH4-N als eingehalten, wenn in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der gezogenen Proben eines Untersuchungsjahres gemäß Anlage B Spalte 1 die Zahl jener Proben, bei denen der Messwert größer ist als der Emissionswert, nicht größer ist als die entsprechende in Spalte 2 der Anlage B genannte Zahl und kein Messwert eines Untersuchungsjahres den Emissionswert um mehr als 100 % überschreitet. Bemerkt wird, dass für den Parameter NH4-N auch hier ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass der Emissionswert (von 10 mg/l) nur bei einer Abwassertemperatur größer als 12 Grad Celsius im Ablauf der biologischen Stufe gilt (vgl. Fußnote c) zu Punkt 2.2 der Anlage A der 1. AEVKom).

In der 1. AEVKom ist - ebenso wie in der im vorliegenden Fall relevanten Bestimmung der ÖNORM - eine Gegenüberstellung der Gesamtzahl der gezogenen Proben eines Untersuchungsjahres mit den den Emissionswert überschreitenden Proben vorgesehen, wobei kein Messwert den Emissionswert um mehr als 100 % übersteigen darf. Gerade der letzte Halbsatz dieser Bestimmung zeigt aber, dass die gezogenen Messwerte jedenfalls geeignet sein müssen, in Beziehung zu dem jeweiligen Emissionswert gesetzt zu werden. Dies kann aber auch hier nur bedeuten, dass beim Parameter NH4-N unter "Gesamtzahl der gezogenen Proben eines Untersuchungsjahres" die "Gesamtzahl der zur Beurteilung des Messwertes geeigneten, gezogenen Proben eines Untersuchungsjahres", somit nur Proben bei einer Abwassertemperatur größer als 12 Grad Celsius im Ablauf der biologischen Stufe, verstanden werden können.

Dass kein anderes Verständnis dieser Regelung angezeigt ist, ergibt sich schließlich auch aus § 1 Abs. 3 Z. 7 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung, BGBl. Nr. 186/1996 (AAEV), wo der Begriff der "80 %-Unterschreitung" dahingehend umschrieben ist, dass darunter "die Häufigkeitsverteilung der Messwerte eines Abwasserparameters, bei der 80 % der Werte unter einem vorgegebenen Emissionswert oder in einem vorgegebenen Emissionsbereich liegen" zu verstehen ist. Auch hier ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Messwerte mit den vorgegebenen Emissionswerten, dass nur solche Messwerte herangezogen werden können, für die die genannten Emissionswerte Geltung haben.

Dass die Probennahme für den Parameter NH4-N nur bei einer Abwassertemperatur von über 12 Grad Celsius sinnvoll ist, weil sie sonst nicht verwertbar ist, geht im Übrigen auch aus der seit 1. Jänner 2001 (für Kleinkläranlagen bis 50 EW) maßgeblichenen ÖNORM B 2502-1, Pkt. 9, hervor, wo unter Punkt 9.2.3. ausdrücklich vorgegeben wird, dass "die Probenahme zu einem Zeitpunkt von zumindest mittlerer Belastung und bei einer Abwassertemperatur > 12 Grad C (falls die Temperatur im Jahreslauf erreicht wird) zu erfolgen hat."

Das Vorgesagte hat im vorliegenden Fall zur Folge, dass die Anzahl der Proben, bei denen der Grenzwert nicht eingehalten wurde (3 bzw. 2 - je nach Berücksichtigung des Wertes der Feriensimulation) an der Gesamtzahl der Proben, die die geforderte Temperatur aufwiesen (8 bzw. 7) gemessen werden mussten; die Gesamtanzahl der gezogenen Proben (25) war bei der Bemessung des Prozentsatzes von 80 % beim Parameter NH4-N hingegen ohne Relevanz.

Nach dem Vorgesagten begegnet es daher keinen Bedenken, wenn aus dem - vom Beschwerdeführer während des Verfahrens nicht beeinspruchten - Datenmaterial der GfA unter Zugrundelegung der dargestellten richtigen Berechnungsart die Nichtentsprechung des Prozentsatzes von 80 % bei der Einhaltung des Parameters NH4-N errechnet und daraus der Schluss gezogen wurde, die Anlage biete hinsichtlich der Einhaltung dieses Parameters im Dauerbetrieb keine Garantie, weshalb sie in dieser Hinsicht dem Stand der Technik nicht entspreche.

Der auf diesen Feststellungen beruhende rechtliche Schluss der belangten Behörde, die Anlage sei daher wasserrechtlich nicht bewilligungsfähig, erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Ergänzend wird bemerkt, dass mangels Antragstellung durch den Beschwerdeführer ein Vorgehen der Behörde nach § 12a Abs. 2 WRG nicht in Frage kam.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

Schlagworte

Beweismittel SachverständigengutachtenVorliegen eines Gutachtens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000070221.X00

Im RIS seit

31.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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