RS UVS Burgenland 2008/06/27 002/11/07054

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Veröffentlicht am 27.06.2008
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Rechtssatz

Der letzte Satz der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG nimmt die Bestimmungen über die Lenkerauskunft nicht von sämtlichen Anforderungen der Verfassung aus, sondern bloß von jenen, aus denen die Rechte des Beschuldigten, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, abgeleitet werden. Es handelt sich daher bloß um eine bereichsspezifische Modifizierung der verfassungsrechtlichen Regelungen über die Rechte des Beschuldigten, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, jedoch nicht um eine ?Freizeichnung? von sämtlichen Vorgaben der Bundesverfassung. Zum anderen verkennt der Berufungswerber, dass die in § 103 Abs. 2 KFG vorgesehene Verpflichtung des Zulassungsbesitzers zur Erteilung der Lenkerauskunft grundsätzlich mit den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention im Einklang steht, weil es sich um einen im Allgemeininteresse erforderlichen, gesetzlich vorgesehenen Teil eines allgemeinen Systems von Pflichten des Zulassungsbesitzers handelt. Zudem sind die für die Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Lenkerauskunft vorgesehenen Strafen  nicht  zu  hoch (insbesondere keine primären Freiheitsstrafen) und der Gegenstand der Lenkeranfrage ist sachlich darauf beschränkt, wer ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt hat. Überdies ist eine Bestrafung wegen Verletzung der Pflicht zur Lenkerauskunft nicht möglich, wenn dem Zulassungsbesitzer kein Verschulden anzulasten ist. Aus all diesen Aspekten folgt, dass der Wesensgehalt des Verbotes der Selbstbezichtigung nach Artikel 6 EMRK durch die in § 103 Abs. 2 KFG vorgesehene Verpflichtung zur Erteilung der Lenkerauskunft nicht beeinträchtigt wird (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 10.01.2008, Lückhoff-Spanner gegen Österreich, Beschwerden 58452/000 und 61920/000) und auch sonst keine Verletzung eines Konventionsrechts vorliegt.

Schlagworte
Selbstbezichtigungsverbot, Gesamtänderung der Bundesverfassung
Zuletzt aktualisiert am
10.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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