TE UVS Niederösterreich 1991/08/28 Senat-BL-91-010

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Veröffentlicht am 28.08.1991
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Spruch

Die Berufung wird gem §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §24 VStG, BGBl Nr 52/1991, abgewiesen. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als bei Delikt 2 die Übertretungsnorm wie folgt zu lauten hat:

"§§20 Abs2 3. Fall iVm 99 Abs3 lita StVO 1960".

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gem §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, S 780,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über den Beschuldigten Geldstrafen von S 1.500,--, S 900,-- und S 1.500,-- verhängt und ihn überdies zur Kostentragung in Höhe von S 390,-- verpflichtet, weil er am 29. Jänner 1991 gegen 23.55 Uhr auf der B xx (aus Richtung B xx kommend in Richtung xx) zunächst im Ortsgebiet von aa seinen PKW mit dem Kennzeichen xx mit einer Geschwindigkeit von ca 100 km/h gelenkt habe, unmittelbar anschließend an das Ortsgebiet von aa bis zum Ortsanfang von bb mit einer Geschwindigkeit von rund

140 km/h gefahren wäre und unmittelbar anschließend im Ortsgebiet von bb wiederum mit ca 100 km/h gefahren wäre.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der der Sachverhalt außer Streit gestellt und ausdrücklich als richtig bezeichnet wurde. Die Berufung richtet sich jedoch gegen die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde mit dem Argument, daß entgegen der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft xx der Beschuldigte lediglich wegen eines Deliktes hätte bestraft werden dürfen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wurde auf den Einspruch vom 11.3.1991 (gerichtet gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft xx vom 26.2.1991) verwiesen. In diesem wird seiten des Beschuldigten behauptet, daß es sich in Wahrheit um ein fortgesetztes Delikt handle, da er die angegebene Strecke in einem Zuge durchgefahren und sohin nicht verschiedene selbständige Taten gesetzt habe. Es wäre im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände Deliktseinheit anzunehmen. Auch wäre die Fahrt nicht unterbrochen worden.

 

Aus diesen Gründen wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und den Beschuldigten lediglich wegen einer Verwaltungsübertretung zu bestrafen.

 

Hiezu hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde wie folgt erwogen:

 

In der gegen das angefochtene Straferkenntnis erhobenen Berufung wird der vorgeworfene Sachverhalt außer Streit gestellt und ausdrücklich als richtig bezeichnet. Auch ergeben sich aus dem Akteninhalt keinerlei Hinweise darüber, daß dieser Sachverhalt in irgendeiner Form unrichtig oder mangelhaft wäre, weshalb sich diesbezüglich eine gesonderte Prüfung erübrigt.

 

In rechtlicher Hinsicht ist folgendes festzustellen:

 

Bei dem vom Beschuldigten in seiner Berufung herangezogenen Deliktstyp (fortgesetztes Delikt) handelt es sich um eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Der Zusammenhang muß sich äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen (vgl VwGH 19.4.1979, 668, 669/78, 19.5.1980 Slg 10138 A verst Sen, 16.4.1986, 84/11/0270, 19.11.1986, 86/09/0142). Voraussetzung für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes ist somit ua, daß nicht verschiedene Verwaltungsvorschriften verletzt werden.

 

Diese Überlegungen bedeuten für den konkreten Fall die Notwendigkeit zur Prüfung dahingehend, ob einerseits durch die Geschwindigkeitsübertretungen jeweils dieselbe Verwaltungsvorschrift verletzt worden ist und andererseits, ob aufgrund der äußeren Begleitumstände von einem zeitlichen Zusammenhang und einem Gesamtkonzept des Täters auszugehen ist.

 

Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte zunächst im Ortsgebiet von aa die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten und somit eine Übertretung des §20 Abs2 1. Fall StVO begangen, anschließend zwischen dem Ortsende von aa und dem Ortsbeginn von bb eine solche des §20 Abs2 3. Fall StVO und danach im Ortsgebiet von bb wiederum eine Übertretung gemäß §20 Abs2 1. Fall StVO.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ vertritt aus diesem Grunde in Übereinstimmung mit der Erstbehörde die Rechtsansicht, daß aufgrund der Verletzung verschiedener Verwaltungsvorschriften nicht von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen werden kann und somit die drei verschiedenen Delikte auch jeweils gesondert zu bestrafen sind. Diese von der Berufungsbehörde vertretene Rechtmeinung steht überdies im Einklang mit der zu dieser Thematik ergangenen Judikatur (VwGH 11.11.1987, 86/03/0237, siehe auch E 58 zu §22 VStG in "Hauer-Leukauf: Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4 Auflage, 1990")

 

Die Korrektur der im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Übertretungsnorm war erforderlich, da die Rechtsnorm "§52 Z10a StVO" für gegenständliche Übertretung unrichtig ist und daher zu entfallen hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe darf folgendes festgestellt werden:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage hiefür stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Ebenso ist das Ausmaß des Verschuldens zu berücksichtigen. Nicht zuletzt ist auch auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten Bedacht zu nehmen.

 

Sinn und Zweck von Geschwindigkeitsbeschränkungen ist die Aufrechterhaltung bzw Gewährleistung der Verkehrssicherheit dadurch, daß sich die einzelnen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig auf die sich durch das Verkehrsgeschehen ergebenden Situationen gefahrlos einstellen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte und von diesem auch anerkannte Geschwindigkeitsüberschreitung (ca 100 km/h in zwei Ortsgebieten und ca 140 km/h zwischen diesen Ortsgebieten) als besonders risikoerhöhend und somit als eklatant und rücksichtslos zu werten.

 

In entsprechender Anwendung der Erschwerungs- und Milderungsgründe (§§33 und 34 StGB) ist festzustellen, daß keine besonderen Erschwerungsgründe vorliegen, als mildernd ist hingegen einzig und allein das Geständnis der zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung zu werten . Sonstige Milderungsgründe konnten keine gefunden werden, insbesondere wurde der Beschuldigte in den vergangenen Jahren mehrfach wegen diverser Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 bestraft.

 

Zum Ausmaß des Verschuldens vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ die Ansicht, daß dieses als besonders hoch einzustufen ist, zumal der Beschuldigte für die ihm zur Last gelegten ernormen Geschwindigkeitsüberschreitungen  als Begründung den erhebenden Gendarmeriebeamten gegenüber angab, daß er im Normalfall nie zu schnell fahre, dieses Mal jedoch wäre er durch ein nachfahrendes Fahrzeug dazu gedrängt worden. Dies stellt durch Ansicht der Berufungsbehörde kein taugliches Rechtfertigungsmittel dar, da einerseits für diese Behauptung keinerlei Beweismittel vorliegen und andererseits niemand zur Erhöhung der eigenen Geschwindigkeit gezwungen ist, wenn ein nachfahrendes Fahrzeug eine höhere Geschwindigkeit einhält. Es bestünde durchaus die Möglichkeit, das nachfahrende und schnellere Fahrzeug überholen zu lassen.

 

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging die Erstbehörde davon aus, daß der Beschuldigte über ein monatliches Einkommen von rund S 10.000,-- verfügt, kein Vermögen besitzt und ihm keinerlei Sorgepflichten obliegen.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ die Meinung, daß die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen nicht im mindesten als überhöht angesehen werden können. Vielmehr ist zur Strafbemessung durch die Erstbehörde zu sagen, daß diese bei der Festlegung der Strafbeträge noch äußerst großzügig und zurückhaltend vorgegangen ist.

 

Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 VStG abgesehen werden, da in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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