TE UVS Wien 1991/09/04 03/20/655/91

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Veröffentlicht am 04.09.1991
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Betreff

Da die eingetrene Zwangslage vorhersehbar war kein Notstand gegeben

Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung zu lauten hat:

"Sie haben am 3.4.1991 um 15.55 Uhr in Wien 17., Ottakringer Straße 14 das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY abgestellt gehabt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot besteht."

Hingegen wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Strafe von S 700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden auf S 300,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wird.

Demgemäß wird der gemäß § 64 VStG mit S 70,-- bestimmte Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf S 30,-- herabgesetzt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Auf Grund einer Anzeige vom 3.4.1991 sowie einer Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers vom 21.6.1991 erließ die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten zur Zahl Cst 6648/F/91, gegen den Beschuldigten K eine Strafverfügung vom 26.6.1991, womit ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 3.4.1991 um 15.55 Uhr in Wien 17., Ottakringer Straße 14 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY abgestellt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot besteht, wodurch der übrige Straßenverkehr beeinträchtigt bzw behindert wurde. Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte dagegen einen Einspruch, in welchem er geltend machte, er habe das Fahrzeug um

13.50 Uhr in der Ottakringer Straße 14 abgestellt, und gehofft, bis zum Beginn des Spitzenhalteverbotes mit einer geplanten zahntechnischen Einpassungsarbeit im zahntechnischen Labor E fertig zu sein, sodaß er sein Fahrzeug wieder entfernen hätte können. Da jedoch im Zuge der Einpassungsarbeiten nicht vorhersehbare Probleme entstanden seien, war es dem Beschuldigten nach seinen Angaben nicht möglich, sein KFZ aus dem Halteverbot zu entfernen.

Nach diesem Einspruch erließ die Behörder erster Instanz das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 30.7.1991 womit dem Beschuldigten die bereits im Einspruch genannte Tat zur Last gelegt wurde, jedoch die Strafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreitsstrafe auf S 700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurde.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung machte der Beschuldigte nunmehr geltend, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da der Zeuge, Herr E, zahntechnisches Labor, noch nicht angehört worden sei. Der Berufungswerber begründet diese Verfahrensrüge damit, daß der Zeuge bestätigen hätte können, daß bei ihm ein für 14.00 Uhr bestimmter Termin für eine zahntechnische Einpassungsarbeit anberaumt war, wofür er bei der Terminvergabe eine Behandlungsdauer von 30 Minuten angekündigt habe.

Der vom Berufungswerber geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor, ist doch bereits die Behörde erster Instanz - wie ihrer Begründung im Straferkenntnis zu entnehmen ist - nicht nur von den Angaben des Meldungslegers, sondern auch von der Sachverhaltsschilderung des Berufungswerbers ausgegangen und hat sie auf diese Schilderungen eine rechtlichen Würdigung ihr Straferkenntnis gestützt.

Auch der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht sich nicht veranlaßt, die Angaben des Beschuldigten hinsichtlich der zahntechnischen Einpassungsarbeiten sowie hinsichtlich des Eintrittes der unvorhersehbaren Probleme bei dieser Arbeit in Zweifel zu ziehen. Wenn der Berufungswerber aber nun dazu die Rechtsansicht vertritt, es handle sich hier um eine Notstands- oder notstandsähnliche Situation, so ist diese Meinung unrichtig. Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nach langjähriger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, bei der jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbar Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Ein strafbefreiender Notstand ist nur dann gegeben, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer dem Beschuldigten unmittelbar drohender Gefahr erfolgt, die so groß ist, daß er sich in unwiderstehlichem Zwang befindet, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich ergehen zu lassen.

Hat sich der Täter ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund selbst in eine Zwangslage begeben, die er voraussehen konnte, dann kann er sich nicht mit Erfolg auf Notstand berufen (siehe zu letzterem Verwaltungsgerichtshof vom 17.2.1988, 88/03/0023).

Es ist nun nicht zu ersehen, weshalb es dem Berufungswerber nicht möglich war, sein Fahrzeug in einem Bereich abzustellen, für das kein Halteverbot galt, bzw an einem Ort abzustellen, von dem aus es ihm möglich gewesen wäre, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zuzufahren. Die Tatsache, daß sich das Fahrzeug ab 15.30 Uhr in einem gültigen Halteverbot befand, war dem Berufungswerber nach seinen eigenen Angaben bekannt, hoffte er doch, das Fahrzeug vor Beginn des Halteverbotes entfernen zu können. Es war daher davon auszugehen, daß die eingetretene Zwangslage, die der Berufungswerber zumutbarer Weise vermeiden hätte können, für ihn vorhersehbar war, muß doch gerade bei solchen Terminen wie einer zahntechnischen Einpassungsarbeit damit gerechnet werden, daß diese auf Grund von  Komplikationen länger dauert.

Der Berufung war somit hinsichtlich der Schuldfrage keine Folge zu geben und das Straferkenntnis diesbezüglich mit einer Abänderung, die der sprachlichen Verbesserung und Anpassung an den Straftatbestand diente, zu bestätigen.

Da ohnedies von den Angaben des Berufungswerbers ausgegangen wurde, er weiters das Abstellen seines Kraftfahrzeuges im Halteverbot nicht in Abrede stellte, waren weitere Beweisaufnahmen nicht durchzuführen.

Die Tat schädigte in erheblichem Ausmaße das Interesse an der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat als erheblich anzusehen war. Angesichts des glaubwürdigen Vorbringens des Berufungswerbers war davon auszugehen, daß er zwar weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat, es ist ihm aber doch eine leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen, und konnte daher das Verschulden als nicht ganz gering eingestuft werden.

Als Milderungsgründe konnten das geständige Verhalten sowie die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet werden. Nach Gegenüberstellung der Milderungs- und Erschwernisgründe, im Hinblick auf das geringe Verschulden des Berufungswerbers sowie unter Bedachtnahme auf den eingeschränkten Straftatbestand wurde die Strafe spruchgemäß herabgesetzt.

Die nunmehr verhängte Strafe erscheint im Hinblick auf die Strafzumessungsgründe, den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz sowie der Tatsache, daß weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind selbst unter der Annahme von Einkommens- und Vermögenslosigkeit bei Bestehen von Sorgepflichten als durchaus gerechtfertigt.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß nur eine Rechtsfrage zu klären war, konnte gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die in der Berufung auch nicht ausdrücklich begehrt wurde, Abstand genommen werden.

Schlagworte
Halte- und Parkverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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