TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/20 98/15/0151

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §25;
EStG 1988 §3 Abs1 Z16;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. Erich Holzinger, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 27. Juli 1998, Zl. RV-124.97/1-9/97, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1992 bis 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Lohnsteuerprüfer traf im Zuge einer im Jahre 1995 durchgeführten Prüfung die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den Bilanzen jährlich "Erfolgsprämien" für die Arbeitnehmer rückgestellt habe, die im jeweiligen Folgejahr (jeweils im Dezember) an die Arbeitnehmer zur Auszahlung gelangt seien. Ab Dezember 1994 sei - im Gegensatz zur Vorgangsweise der Vorjahre - die Auszahlung nicht mehr dem Lohnsteuerabzug unterzogen worden. Der rückgestellte Betrag sei nämlich dem neu gegründeten Betriebsrat überwiesen worden, welcher ihn wenige Tage später anlässlich einer Betriebsfeier zur Gänze an die Arbeitnehmer weitergeleitet habe, wobei der Beschwerdeführer (sein Lohnbüro) bei der Errechnung der Höhe der den einzelnen Arbeitnehmern gezahlten Prämie (diese sei insbesondere von der Dauer der Beschäftigung bzw. den jeweiligen Arbeitswochen abhängig gewesen) behilflich gewesen sei.

Das Finanzamt vernahm den Betriebsratsobmann als Auskunftsperson und erstellte hierüber die Niederschrift vom 21. Juni 1994, aus welcher sich im Wesentlichen ergibt: Der Betriebsrat habe die "Erfolgsprämien" anlässlich einer Zusammenkunft mit den Belegschaftsmitgliedern im Dezember ausgezahlt. Es seien die vom Betrieb bereitgestellten Bezüge an die Dienstnehmer ausgezahlt worden, aus der Betriebsratskasse habe es keine Zuschüsse gegeben. Die Dienstnehmer hätten gewusst, dass diese Gelder Prämien darstellten, und deren Erhalt bestätigt. Die Höhe der Prämie habe sich nach den Arbeitswochen gerichtet. Die Arbeitswochen bzw. der entsprechende Faktor sei vom Betrieb dem Betriebsrat bekannt gegeben worden. Für die Berechnung sei die in den Vorjahren geübte Praxis beibehalten worden (Hinweis auf die Prämienauflistungen für die Jahre 1993 und 1994). Der Betrieb habe die Gelder auf ein Sparbuch des Betriebsrates überwiesen, von dort seien die Beträge abgehoben und an die Dienstnehmer ausbezahlt worden. Diese Art der Auszahlung sei erstmals im Dezember 1994 durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe keinen Einfluss auf die Höhe der den einzelnen Dienstnehmern auszuzahlenden Beträge genommen.

Das Finanzamt wertete die im Dezember 1994 gewährten Erfolgsprämien als Arbeitslohn und schrieb dem Beschwerdeführer Lohnsteuer (5.924 S), Dienstgeberbeitrag (1.333 S) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (118 S) vor. Wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratsfonds Mittel zur Verfügung stelle, die im Wege des Betriebsratsfonds unmittelbar individuell bestimmten oder bestimmbaren Arbeitnehmern des Arbeitgebers zugute kämen, liege steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die rechtliche Grundlage der Zuwendung an den Betriebsratsfonds sei eine Betriebsvereinbarung. In dieser sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer jährlich maximal 3 % der Lohnsumme zuwende, wobei er die Höhe der Gesamtzuwendungen jährlich festsetzen könne. Der Betriebsrat sei in der Mittelverwendung weisungsfrei. Er könne die Mittel für einen gemeinsamen Betriebsausflug, für Einzelzuwendungen auf Grund sozialer Bedürftigkeit oder für Zuwendungen an alle Mitarbeiter verwenden. Die Festlegung der Zahlungen, die der Betriebsrat an die einzelnen Arbeitnehmer geleistet habe, sei ohne Einwirkung des Beschwerdeführers erfolgt, es seien aber von Frau S, der Mitarbeiterin der Lohnverrechnungsabteilung des Beschwerdeführers, dem Betriebsrat jeweils die Arbeitswochen der einzelnen Dienstnehmer bekannt gegeben worden. Der Betriebsrat habe auch bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern, also solchen, die im laufenden Kalenderjahr nicht mehr tätig geworden seien, eine Prämie geleistet.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Als steuerfreie Zuwendungen an den Betriebsratsfonds könnten solche Zahlungen angesehen werden, bei deren Verwendung die Organe des Betriebsratsfonds unabhängig vom Willen des Arbeitgebers bestimmen könnten, an welche Personen welche Leistungen erbracht würden. Andererseits könnten aber individuell zurechenbare Arbeitgeberzuwendungen nicht schon deshalb steuerfrei sein, weil sie über den Umweg des Betriebratsfonds erbracht würden. Ein derartiger Umweg liege jedenfalls dann vor, wenn der Arbeitgeber den Betriebsratsfonds Mittel zur Verfügung stelle, die im Wege des Betriebsratsfonds unmittelbar individuell bestimmten oder bestimmbaren Arbeitnehmern des Arbeitgebers zugute kämen. In den Jahren bis einschließlich 1993 seinen jeweils im Dezember Erfolgsprämien an die Arbeitnehmer zur Abgeltung ihrer Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ausbezahlt und als sonstiger Bezug besteuert worden. Im Kalenderjahr 1994 sei ein Betriebsrat gegründet und ab Dezember 1994 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden. Die vom Arbeitgeber jährlich an den Betriebsratsfonds geleisteten Zahlungen orientierten sich insbesondere an der Anzahl der Arbeitnehmer und deren Beschäftigungsdauer. Für die Gesamtdotierung seien die Unterlagen aus der Lohnverrechnung herangezogen worden. Wie in den Jahren bis 1993 sei die Aufteilung des dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Betrages in der Form erfolgt, dass einzelnen Arbeitnehmern ein fixer Betrag und eine nach Beschäftigungswochen ermittelte Zahlung, anderen Arbeitnehmern nur ein fixer Betrag zugestanden worden sei. Gastarbeiter hätten, unabhängig von ihrer Beschäftigungsdauer, jeweils einen gleich hohen Betrag erhalten. Die Aufteilung des Gesamtbetrages ab dem Jahr 1994 sei daher nach denselben Kriterien erfolgt, wie dies in den Vorjahren geschehen sei. Den einzelnen Arbeitnehmern sei auch bewusst gewesen, dass es sich bei den vom Betriebsrat anlässlich der Weihnachtsfeier ausbezahlten Beträgen um Erfolgsprämien für Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr gehandelt habe. Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Beträge seien vom Betriebsrat unmittelbar bzw. innerhalb weniger Tage nach Eingang der Überweisung des Arbeitgebers an die einzelnen Arbeitnehmer ausbezahlt worden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wendete der Beschwerdeführer ein, die Zahlungen an den Betriebsratsfonds stellten keine individuell zurechenbare Arbeitgeberzuwendungen dar. Die Zuwendungen seien unabhängig vom Beschwerdeführer an die Dienstnehmer ausbezahlt worden.

Im angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die in § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 für die Steuerfreiheit geforderte Voraussetzung, wonach die Zuwendung nicht an individuell bestimmte Arbeitnehmer erfolgen dürfe, sei nicht gegeben. Aus der Auszahlungsliste (betreffend die Prämien) sei zu ersehen, dass jedem einzelnen Arbeitnehmer ein bestimmter Betrag zugewendet worden sei. Damit würden die Arbeitnehmer individuell bestimmt. Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer seien jedoch unmissverständlich steuerpflichtiger Arbeitslohn und unterlägen der Besteuerung. Die Auszahlung über den Betriebsratsfonds ändere nichts daran, dass die Arbeitnehmer bei der vom Beschwerdeführer gewählten Vorgangsweise individuell bestimmt würden. Aus dem Ausschluss freiwillig sozialer Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 an individuell bezeichnete Arbeitnehmer von der Steuerbefreiung für Arbeitgeberzuwendungen an den Betriebsratsfonds ergebe sich, dass einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbare Arbeitgeberzuwendungen auch dann nicht steuerfrei seien, wenn sie auf dem Umweg über den Betriebsratsfonds erbracht würden. Die gegenteilige Meinung würde dazu führen, dass durch willkürliche Verfügungen Teile des Arbeitslohnes über den Betriebsratsfonds ausgezahlt werden könnten. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer die Erfolgsprämien bis zum Jahre 1993 dem Steuerabzug unterworfen habe; erst nach Beginn der Auszahlung über den Betriebsratsfonds ab 1994 seien die Erfolgsprämien steuerfrei behandelt worden. Aus dem Vergleich der Auszahlungsliste des Jahres 1992 mit der des Jahres 1993 (unversteuerte Auszahlung im Jahr 1994) ergebe sich, dass sich beim Auszahlungsmodus und der Berechnung der Höhe der Erfolgsprämie nichts geändert habe. Die Höhe der Auszahlung habe sich immer nach den Arbeitswochen gerichtet. Der Erhalt der Prämie sei von jedem einzelnen Arbeitnehmer bestätigt worden. Es ergebe sich die individuelle Bestimmtheit jedes einzelnen Arbeitnehmers. Neu sei ab dem Jahre 1994 lediglich, dass die Beträge über den Betriebsratsfonds an die Arbeitnehmer ausbezahlt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

"Freiwillige soziale Zuwendungen des Arbeitgebers an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Arbeitnehmer oder an den Betriebsratsfonds; Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer sind steuerpflichtiger Arbeitslohn."

Der zweite Halbsatz der zitierten Gesetzesstelle, wonach Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer steuerpflichtiger Arbeitslohn sind, betrifft alle im ersten Halbsatz genannten Formen freiwilliger sozialer Zuwendungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, 87/14/0178, Slg. Nr. 6358/F, zur vergleichbaren Bestimmung des EStG 1972). Der Ausschluss der Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer von der Steuerbefreiung für Arbeitgeberzuwendungen an den Betriebsratsfonds zielt erkennbar darauf ab, einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbare Arbeitgeberzuwendungen nicht schon deshalb steuerfrei zu stellen, weil sie über den Umweg des Betriebsratsfonds erbracht werden. Der Gesetzgeber will verhindern, dass Teile des Arbeitslohnes, die durch willkürliche Verfügungen über den Betriebsratsfonds ausgezahlt würden, dadurch aus der Besteuerung herausfielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1967, 1508/66, Slg. Nr. 3647/F). Ein Umweg der eben genannten Art liege auch dann vor, wenn der Arbeitgeber den Betriebsratsfonds, und sei es auch ohne ausdrückliche Zweckbindung, Mittel zur Verfügung stelle, die im Wege des Betriebsratsfonds dann unmittelbar bestimmten oder bestimmbaren Arbeitnehmern des Arbeitgebers zugewendet würden (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 6358/F).

Im gegenständlichen Fall hat der Betriebsratsfonds vom Beschwerdeführer (als Arbeitgeber) im Dezember 1994 Mittel bekommen, die der Betriebsrat sofort nach ihrem Eingang an die Arbeitnehmer als "Erfolgsprämie" weitergeleitet hat. Die Höhe der an die einzelnen Arbeitnehmer bezahlten "Erfolgsprämie" entsprach jener der Prämien, die der Beschwerdeführer in den Vorjahren (bis Dezember 1993) jeweils im Dezember (unmittelbar) an die Arbeitnehmer bezahlt hat. Die Berechnung der im Dezember 1994 durch den Betriebsrat zur Auszahlung gebrachten "Erfolgsprämien" erfolgte auf Grund der vom Lohnbüro des Beschwerdeführers erstellten Unterlagen.

Der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, wonach die im Dezember 1994 ausbezahlten Prämien auf dieselbe Art und Weise berechnet worden seien wie die in den Vorjahren unmittelbar vom Beschwerdeführer (als Arbeitgeber) ausgezahlten Prämien, tritt die Beschwerde mit der Behauptung entgegen, die Auszahlung für 1994 beziehe sich auf das laufende Jahr 1994, während die in den vorangegangenen Jahren ausbezahlten Prämien jeweils die Arbeitsleistungen des vorangegangenen Jahres betroffen hätten (also die im Dezember 1993 bezahlten Prämien die Arbeitsleistungen des Jahres 1992). Es wäre somit - so das weitere Beschwerdevorbringen - für die Arbeitsleistungen des Jahres 1993 gar keine Prämienzahlung geleistet worden. Dieses Beschwerdevorbringen findet im Verwaltungsakt keine Deckung. Die belangte Behörde konnte ihre Feststellungen nicht nur auf die Aussagen des Betriebsratsobmannes stützen, sondern auch auf die in dieser Aussage angesprochenen "Auflistungen für die Jahre 1993/1994", aus denen unzweifelhaft hervorgeht, dass die im Dezember 1994 (unversteuert) ausbezahlten Prämien als "Prämien f 1993" anzusehen sind. Im Übrigen räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass die im Dezember 1994 geleisteten Prämienzahlungen auch an solche Arbeitnehmer gegangen seien, die im Jahre 1994 gar nicht mehr (für den Beschwerdeführer) gearbeitet hätten.

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt unterscheidet sich seinem wirtschaftlichen Gehalt nach nicht von jenem einer unmittelbaren Prämienauszahlung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von steuerpflichtigem Arbeitslohn ausgegangen ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht es der Steuerpflicht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer die Zahlung "freiwillig" geleistet hat. Zum Arbeitslohn können auch Zahlungen gehören, auf die der Arbeitnehmer keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch hat.

Dass das Sparbuch (mit der Bezeichnung "Betriebsratskasse"), auf welches der Beschwerdeführer die Zahlung am 14. Dezember 1994 geleistet hat und von welchem der Betriebsrat am 15. Dezember 1994 den identen Betrag behoben hat, auch noch andere Bewegungen enthält (nach dem Beschwerdevorbringen etwa den Eingang der Betriebsratsumlage), ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Es mag zutreffen, dass der Betriebsrat die Auszahlung der Beträge an die Arbeitnehmer hätte unterlassen können. Ein derartiger Sachverhalt liegt allerdings nicht vor. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist die dargestellte Vorgangsweise vielmehr auch im Folgejahr - nach Einbringung des Betriebes des Beschwerdeführers in eine Kapitalgesellschaft - fortgesetzt worden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998150151.X00

Im RIS seit

24.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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