TE UVS Wien 1991/09/24 03/16/426/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.1991
beobachten
merken
Betreff

Ursächliches Verhalten des Beschuldigten für nachfolgenden Verkehrsunfall

Spruch

Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat

Ottakring, hat am 24.5.1991, z Zl: Pst 8192/0/90, betreffend

Herrn B, ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch gefällt:

"Sie haben am 15.12.1990 um 15.40 Uhr in Wien 16, Koppstraße - Neumayrgasse - Ludo Hartmann-Platz als Lenker des KFZ XY mit einem Verkehrsunfall in ursächlichen Zusammenhang gestanden und es unterlassen, 1) sofort anzuhalten, 2) den Vorfall ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle zu melden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§ 4/1/a StVO

2)

§ 4/5 StVO.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von zu 1) S 1.000,--, zu 2) S 1.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1) 60 Stunden, zu

 2) 60 Stunden, gemäß zu 1) § 99/2/a StVO, zu 2) § 99/3/b StVO. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950 zu zahlen:

200,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 2.200,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG 1950)."

Auf Grund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1950, BGBl Nr 51/1991) das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die zu Punkt 1) verhängte Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, sowie die zu Punkt 2) verhängte Strafe S 800,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden beträgt. Der erstinstanzliche Kostenbeitrag beträgt daher S 180,--; ein Berufungskostenbeitrag wird gemäß § 65 VStG nicht angefertigt.

Text

Begründung:

Der Berufungswerber wendet im wesentlichen ein, er habe keinen anderen PKW-Lenker behindert oder gefährdet oder einen Verkehrsunfall bemerkt, da er in diesem Fall sofort angehalten hätte. Der bevorrangte Verkehr sei weit genug entfernt gewesen und offenbar habe der den Unfall auslösenden Fahrzeuglenker die Situation völlig falsch eingeschätzt.

Die erkennende Behörde nimmt folgenden Sachverhalt für erwiesen an:

Der Berufungswerber kam von der Neumayrgasse, hielt sein Fahrzeug an der Sichtlinie zur Koppstraße an und bog nach rechts in die Koppstraße ein; er benützte dabei den ersten Fahrstreifen der Koppstraße. Durch dieses Fahrmanöver wurde der ebenfalls auf dem ersten Fahrstreifen der Koppstraße Richtung stadtauswärts fahrende Zeuge S gezwungen, sein Fahrzeug abzubremsen, worauf dieses nach links rutschte, das Fahrzeug des auf der zweiten Fahrspur fahrenden Fahrzeug des Zeugen Sch beschädigte, welches dadurch gegen ein weiteres, am Fahrbahnrand vorschriftsmäßig abgestelltes Fahrzeug stieß. Der Vorfall trug sich in der Dämmerung zu, die Fahrbahn war regennaß.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber zu Protokoll, auf der Koppstraße herrschte zwar auf beiden Fahrspuren starker Verkehr, ob Kolonnenverkehr, wüßte er nicht mehr anzugeben. Er könne sich nicht daran erinnern, tatsächlich jemand zum Abbremsen oder zum Auslenken gezwungen zu haben; er habe sich nicht durch einen Blick in einen der Rückspiegel davon überzeugt, was sich nach seinem Einbiegen in die Koppstraße zutrug. Der Zeuge Sch gab zu Protokoll, auf beiden Fahrspuren der Koppstraße hätte geschlossener Kolonnenverkehr geherrscht; er sei sich aber nicht sicher, welche Abstände die Fahrzeuge auf der ersten Fahrspur voneinander einhielten. Der Zeuge S sei ca 2 m vor ihm auf dem ersten Fahrstreifen der Koppstraße gefahren, als dieser plötzlich auf die zweite Fahrspur fuhr, wodurch es zur Berührung kam. Er habe zuerst geglaubt, daß der Zeuge S nach links in den Ludo Hartmann-Platz einbiegen hätte wollen. Sie seien dann zusammen zum Wachzimmer Koppstraße gegangen, wo zur gleichen Zeit ein Dritter, nämlich Dr L, aufgetaucht sei, der von sich aus erklärt habe, daß sie beide für den Unfall nicht verantwortlich wären: Dr L sei hinter S gefahren und habe gesehen, daß ein Fahrzeuglenker aus der Neumayrgasse gekommen und S zum Verreissen des Fahrzeuges gezwungen hätte. Der Lenker dieses Fahrzeuges hätte noch zweimal zurück bzw in den Rückspiegel geschaut. Dr L hatte sich die Nummer dieses Fahrzeuges notiert. Der Zeuge S gab zu Protokoll, er sei auf der rechten Spur auf der Koppstraße mit höchstens 40 km/h Richtung stadtauswärts gefahren. Als er ca 15 m bis 20 m vor der Kreuzung mit der Neumayrgasse gewesen sei, sei von dort ein Fahrzeug herausgekommen, welches nach rechts abgebogen habe. Er sei daraufhin auf die Bremse gestiegen und habe sein Fahrzeug nach links verrissen. Zum Zeitpunkt des Vorfalles herrschte Schlechtwetter; es habe geregnet; die Räder seines Autos hätten nicht blockiert.

Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Gemäß § 4 Abs 5 haben die im Abs 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn bei einem Verkehrsunfall ein Sachschaden entstanden ist. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber den Unfall bemerkte oder nicht; die Einvernahme des Dr L, den der Zeuge Sch in seiner Aussage erwähnte, mußte unterbleiben, da Dr L inzwischen in die BRD verzogen ist. Selbst wenn nämlich das Fahrzeug des Zeugen S vom Fahrzeug des Berufungswerbers noch 25 m bis 30 m entfernt war, als der Berufungswerber vom Stand aus in die Koppstraße einbog, war der Zeuge S bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h, welche am Tatort zulässig war, genötigt, sein Fahrzeug abzubremsen; dies gilt aber bereits als Vorrangverletzung. Das Verhalten des Berufungswerbers war somit ursächlich für den nachfolgenden Verkehrsunfall. Der Berufungswerber wäre selbstverständlich auch verpflichtet gewesen, sich durch einen Blick in den Rückspiegel davon zu überzeugen, ob sein Fahrmanöver wenigstens ohne Folgen geblieben wäre. Er hat dies jedoch unterlassen, sich von der Unfallstelle entfernt ohne unverzüglich die nächste, nur wenige Meter entfernte, Polizeidienststelle zu verständigen. Das Vorliegen der im Spruch genannten Tatbestände ist daher auch ohne die Einvernahme des sicherlich unbedenklich gewesenen Zufallszeugen,  Dr L, als erwiesen anzunehmen.

Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretungen kann nicht als bloß geringfügig angesehen werden. Zweck der übertretenen Normen ist es, die Aufklärung der Sachverhalte bei Verkehrsunfällen zu ermöglichen. Im gegenständlichen Fall wäre die Aufklärung nicht möglich gewesen, hätte sich nicht zufällig Dr L die Autonummer des Berufungswerbers gemerkt.

Daß dem Berufungswerber die Einhaltung der übertretenen Normen aus besonderen Gründen nur erschwert möglich gewesen wäre, ist nicht hervorgekommen; er hat die ihn aus § 4 StVO ableitbaren Verpflichtungen zumindest fahrlässig nicht wahrgenommen. Das Gesetz sieht für Verwaltungsübertretungen gemäß Punkt 1) eine Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,--, für Verwaltungsübertretungen gemäß Punkt 2) bis S 10.000,-- vor. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und die wirtschaftliche Lage des Berufungswerbers wurde bereits von der Behörde 1. Instanz gewürdigt. Die Herabsetzung der Strafe zu Punkt

2) ist in der Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Strafdrohungen des § 99 StVO begründet; gleiches gilt für die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid steht keine Berufung offen.

Schlagworte
Verkehrsunfall, Verständigung ohne unnötigen Aufschub, Vorrangverletzung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten