TE UVS Wien 1991/10/03 03/21/431/91

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Veröffentlicht am 03.10.1991
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Betreff

Der Abstellort ist keine private Verkehrsfläche

Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 100,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis vom 14.6.1991 erkannte die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf, den Berufungswerber schuldig, er habe am 26.11.1990 um 13.45 Uhr in Wien 1., Philharmonikerstraße gegenüber Haus ONr 6 das KFZ mit dem Kennzeichen XY auf einem Gehsteig abgestellt gehabt und somit vorschriftswidrig benützt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs 4 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung.

Für die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien für den 3. Oktober 1991 anberaumten Verhandlung wurde der Berufungswerber zu Handen seines Vertreters, RA Dr Z mittels Ladungsbescheid vom 28.8.1991 geladen. Der Ladungsbescheid wurde am 3.9.1991 von einem Angestellten in der Kanzlei Dr Z übernommen.

Zu der am 3. Oktober 1991 anberaumten öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ist aber weder der Berufungswerber noch sein Vertreter, noch ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien erschienen, sodaß die Verhandlung nach entsprechender Kontumazierung in der Ladung gemäß § 51 Abs 2 VStG ohne deren Anhörung durchzuführen und die Berufungsentscheidung zu erlassen war.

In der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 3. Oktober 1991 führte die Zeugin F folgendes aus:

"Ich kann mich an den Tattag und an meine Amtshandlung noch erinnern. Ich war mit einer Kollegin zu zweit auf Streife. Ich bemerkte am Tatort das KFZ des BW. Dieses stand mit vier Rädern auf dem Gehsteig. Ich hinterließ an diesem KFZ eine Organstrafverfügung. Es waren auch andere KFZ vorschriftswidrig abgestellt.

Das KFZ des BW stand nicht auf einer privaten Verkehrsfläche. Das KFZ stand parallel zum Halteverbot gegenüber vom Haus ONr 6, Philharmonikerstraße. Der Gehsteig, auf welchem das KFZ gestanden ist, führt entlang der Staatsoper. Er ist nicht durch Ketten oder sonstige Sperren gekennzeichnet.

Ich kann mich an betreffenden Fall noch deswegen so gut erinnern, weil der BW am selben Tag noch in das Wachzimmer Goethegasse gekommen ist und sich beschwert hat. Es waren noch andere Kollegen bei diesem Vorfall beteiligt.

Der BW hat sein KFZ ganz sicher abgestellt gehabt."

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nahm die Verwaltungsübertretung auf Grund der oben angeführten Zeugenaussage der Frau F als erwiesen an. Frau F hat zeugenschaftlich einvernommen über ihre Wahrnehmungen inhaltlich klar und widerspruchsfrei und zudem unter der Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB ausgesagt. Weiters konnte ihr zugebilligt werden, derartige Wahrnehmungen zu treffen, und hierüber zutreffend Bericht zu erstatten. Auch konnte die Aktenlage keinerlei Hinweise darüber abgeben, daß die Zeugin den ihr offenbar unbekannten Berufungswerber durch eine unrichtige Aussage wahrheitswidrig einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung hätte aussetzen wollen.

Es wurde daher der angezeigte Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt, ist doch nach den Angaben der Meldungslegerin die zur Last gelegten Verwaltungsübertretung durchaus gegeben und schlüssig feststellbar.

Zu den weiteren Einwänden des Berufungswerber in seiner Berufung ist folgendes zu erwidern:

1) Das Tatbild der Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs 4 StVO enthält sowohl die Anzeige als auch der Spruch der Strafverfügung vom 5.4.1991 und der Spruch des Straferkenntnisses vom 14.6.1991. Eine idente Wortwahl ist nicht erforderlich.

2) Es trifft auch nicht zu, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verjährt sein sollte. Die Tat war am 26.11.1990, die Strafverfügung (Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG) erging am 5.4.1991 (zur Post gegeben am 8.4.1991) somit innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG.

3) Der Spruch des Straferkenntnisses erfüllt durchaus die gesetzlichen Bestimmungen, enthält er doch alle im § 44a VStG geforderten Merkmale.

4) Wieso der Tatort in Wirklichkeit nicht bestehen solle, führt der Berufungswerber nicht näher aus. Es ist daher für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht nachvollziehbar, weshalb es den Gehsteig entlang der Wiener Staatsoper in der Philharmonikerstraße, gegenüber von Haus ONr 6 nicht geben sollte.

5) Es trifft auch nicht zu, daß der PKW auf einer privaten Verkehrsfläche vorübergehend abgestellt gewesen sein soll. Gemäß § 1 Abs 1 StVO gelten als "Straßen mit öffentlichem Verkehr" solche Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Ob eine Straße eine Straße mit öffentlichem Verkehr ist, ist nach ihrer Benützung und nicht nach dem Besitz- und Eigentumsverhältnissen am Straßengrund zu beurteilen. Entscheidend ist die Bestimmung für den allgemeinen Gebrauch, dh die Widmung. Eine Straße kann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn einerseits jedermann faktisch in der Lage ist, die Straße zu benützen und andereseits keine für die Straßenbenützer sichtbaren Hinweise dafür vorhanden sind (so wie zB Hinweiszeichen oder Schranken), daß es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (VwGH 11.1.1973, 1921/71). Ein Gehsteig kann zwar begrifflich keine "Straße" mit öffentlichem Verkehr sein, sondern ist ein Gehsteig gemäß § 2 Abs 1 Z 10 StVO ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgesetzter Teil der Straße. Es trifft aber nicht zu, daß der Abstellort des PKW eine "private Verkehrsfläche" ist. Es finden sich nämlich weder Ketten noch Schranken noch sonstige Absperrvorrichtungen, die den Tatort vom öffentlichen Verkehr abgrenzen und ausschließen würden. Der Berufung war daher keine Folge zu geben und das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Tat schädigt in nicht unerheblichem Maße das Interesse an einem ungestörten Fußgängerverkehr. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Bei der Strafbemessung wurde der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugutekommt, berücksichtigt. Erschwerend sind auch mehrere einschlägige und auf der gleichen Neigung beruhende Verwaltungsvorstrafen zu werten.

Da der Berufungswerber keine Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse machte, waren diese von der Berufungsbehörde zu schätzen. Es war von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen und Vermögenslosigkeit auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels lediglichen Hinweises nicht angenommen werden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Schlagworte
Falschparken, private Verkehrsfläche
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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