TE UVS Niederösterreich 1991/10/10 Senat-PL-91-030

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.1991
beobachten
merken
Spruch

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 iVm §24 VStG, BGBl Nr 52/1991, abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gem §64 Abs2 VStG, BGBl Nr 52/1991 S 1.200,--, das sind 20 % der verhängten Strafe, als Kosten des Berufungsvorbringens binnen zwei Wochen zu zahlen.

Text

Gendarmeriebeamte des Postens xx haben Herrn xx in eigener dienstlicher Wahrnehmung angezeigt, weil er 1) am 10.1.1991 um 08.40 Uhr in xx auf der Hauptstraße Richtung xx fahrend und 2) am 10.1.1991 um 15.20 Uhr in xx von der xx bis zum xx in der xx den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen xx gelenkt hat, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen zu sein.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat Herrn xx wegen dieser beiden Übertretungen nach §64 Abs1 KFG 1967 bestraft.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung.

 

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte führt aus, Anzeige und Bestrafung gründeten sich auf den Führerscheinentziehungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 30.11.1990, GZ xx. Doch dieser enthalte ausdrücklich die Rechtsmittelbelehrung, daß Berufung erhoben werden könne. Nach seinem fristgerecht eingebrachten Rechtsmittel sei die bescheidmäßige Entziehung der Lenkerberechtigung nicht rechtskräftig und vollstreckbar. Wenn die Bezirkshauptmannschaft xx einen Mandatsbescheid nach §57 AVG beabsichtigt haben sollte, sei ihm dies als juristischen Laien nicht erkennbar und das Lenken demnach erlaubt gewesen. Die beiden Fahrten stellten darüberhinaus eine Tateinheit dar. Durch die Verhängung zweier Strafen liege Doppelbestrafung vor; noch dazu sei die Strafe überhöht.

Der Berufungswerber stellt den Antrag, das Verfahren nach Beweiswiederholung bzw -ergänzung einzustellen oder die Geldstrafe schuldangemessen herabzusetzen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat dem Berufungswerber die Lenkerberechtigung bescheidmäßig entzogen. Der Spruch des Bescheides vom 30.11.1990, GZ xx lautet:

"Die Bezirkshauptmannschaft xx entzieht ihnen die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B (Führerschein ausgestellt von der BH xx am 20.1.1981 unter der Nr xx) bis einschließlich 6.11.1991 (Befristung).

Es darf Ihnen auf die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden. Sie sind verpflichtet, den Führerschein sofort bei der Bezirkshauptmannschaft xx oder beim Gendarmerieposten in xx abzugeben.

§57 Abs1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG

1950),

§73 Abs1 und 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967),

§75 Abs3 KFG 1967,

§76 Abs2 AVG 1950,

§75 Abs4 KFG 1967."

 

Diese Formulierung ist auch einem juristischen Laien unmittelbar einsehbar. Die Bescheidbegründung vor allem deren letzter Satz stellt klar, wie die Behörde ihre Entscheidung verstanden wissen wollte:

"Da Sie als verkehrsunzuverlässiger Lenker eine große Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer darstellen, ist die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Gefahr im Verzug eine unaufschiebbare Maßnahme. Die Behörde war daher berechtigt, diesen Bescheid ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen (§57 Abs1 AVG)."

 

Die Behörde stützt sich ausdrücklich (nur) auf §57 Abs1 AVG. Sie beurteilt Herrn xx als derart verkehrsunzuverlässig, daß zur Abwendung eines unmittelbaren Schadens, wie er durch die weitere Teilnahme des Berufungswerbers am Straßenverkehr gegeben wäre, ohne ein Ermittlungsverfahren entschieden wurde.

 

Tatsächlich wird das dagegen mögliche Rechtsmittel als Berufung bezeichnet.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ändert eine Rechtsmittelbelehrung in der fälschlicherweise das Rechtsmittel der Berufung anstelle der Vorstellung eingeräumt wird nichts an der Rechtsnatur eines Mandatsbescheides.

Die falsche Rechtsmittelbelehrung hat lediglich zur Folge, daß eine allenfalls eingebrachte Berufung als Vorstellung zu behandeln wäre.

 

Konsequenterweise hat daher auch die Bezirkshauptmannschaft xx mit dem Einlangen der "Berufung" das Ermittlungsverfahren eingeleitet und das an den Gendarmerieposten xx gerichtete Ersuchen um Führerscheinabnahme nicht widerrufen.

Es hat daher die Bezirkshauptmannschaft xx auch zurecht den von der Gendarmerie angezeigten Tatbestand nach §64 Abs1 KFG 1967 bestraft.

 

Herr xx wurde an zwei verschiedenen Tatorten und mit einem Zeitunterschied von 6 Stunden 40 Minuten - diesbezüglich ist die Anzeige unwidersprochen geblieben - beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die entsprechende Lenkerberechtigung zu besitzen, betreten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ ist wie die Erstbehörde der Ansicht, daß hier 2 Delikte vorliegen. Es kann weder von einem Dauerdelikt noch von einem fortgesetzten Begehungsdelikt gesprochen werden.

 

Gegen die Annahme eines Dauerdeliktes spricht das Fehlen des Erfordernisses der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes. Von einem fortgesetzten Delikt kann deshalb nicht die Rede sein, weil wegen des zwischen den beiden Einzelhandlungen liegenden Zeitabstandes das Erfordernis der zeitlichen  Kontinuität fehlt und kein einheitlicher Willensentschluß gegeben war. Die Behörde erster Instanz hat daher zutreffend zwei selbständige Übertretungen angenommen und bestraft. (vgl VwGH 28.9.1988, 88/02/0109).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Prüfung des objektiven Kriteriums des Unrechtsgehalts der Tat und des subjektiven Schuldgehalts (§19 Abs1 und 2 VStG) erwogen:

 

Sinn der vom Berufungswerber übertretenen Norm ist die Teilnahme nicht berechtigter Fahrzeuglenker am Straßenverkehr zu verhindern. Eine auf §57 AVG gestützte Entziehung geht von einer die Allgemeinheit gefährdenden Benützung eines Fahrzeuges aus. Der Berufungswerber hat selbst angegeben, monatlich S 7.000,-- Arbeitslosenunterstützung zu beziehen. Sorgepflicht wurde keine behauptet.

Die pro Delikt verhängte Geldstrafe beträgt weniger als die Hälfte des Monatseinkommens. Eine geringere Strafe erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat wohl kaum geeignet, den Berufungswerber von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen hinkünftig abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß §54b Abs3 VStG hat jedoch die Bezirkshauptmannschaft xx auf Ansuchen des Bestraften die Möglichkeit, Zahlungserleichterungen, dh einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlungen zu bewilligen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten