Der BW war mit Straferkenntnis schuldig erkannt worden, er wäre als Kfz-Lenker an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, die nächstgelegene Polizeidienststelle zu verständigen. Der BW erhob dagegen Berufung mit der Begründung, er habe trotz objektiv vorhandenem deutlichen Anstoßgeräusch den Verkehrsunfall nicht wahrgenommen, weil der Innengeräuschpegel in dem vom ihm gelenkten Kfz bedingt durch die Beladung, durch das Alter des Fahrzeuges und ein in Betrieb befindliches Autoradio hoch gewesen sei. Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Herrn A, wohnhaft in W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Schmelz, vom 25.6.1991, Zl Pst 6873/Z/90, wegen Verwatlungsübertretung gem §4 Abs5 StVO entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatanlastung zu lauten hat:
"Der Beschuldigte A war am 6.12.1990 um 18.10 Uhr in Wien 15, Tannengasse 7 als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten KFZ an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt und hat es unterlassen, die nächstgelegene Polizeidienststelle zu verständigen.
Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung gem §99 Abs3 litb iVm §4 Abs5 StVO begangen."
Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 120,-S, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
I) Folgender wesentlicher Sachverhalt war für die Entscheidung
der Erstbehörde maßgeblich:
Laut Anzeige (Bl 1) erschien der Geschädigte am 6.12.1990 am WZ 15, Tannengasse 8-10 und brachte zur Anzeige, daß der Beschuldigte mit dem aktenkundigen Fahrzeug an diesem Tage um 18.10 Uhr in Wien 15, Tannengasse 7 im Zuge eines beabsichtigten Einparkmanövers ein zweitbeteiligtes Fahrzeug beschädigte. Die hiebei entstandenen Beschädigungen umschrieb der Meldungsleger nach eigener Besichtigung mit den Worten "rechter vorderer Scheinwerfer beschädigt sowie Scheinwerferglas zersplittert".
Der Beschuldigte erschien am selben Tag um 20.10 Uhr am Wachzimmer und teilte mit, daß er von diesem Vorfall erst über telefonischen Vorhalt Kenntnis erlangt habe.
Dieser habe sich etwa vor einer viertel Stunde ereignet. Am 10.1.1991 wurde eine mit 31.12.1990 datierte Strafverfügung an den Beschuldigten abgefertigt, mit welcher wegen Verwaltungsübertretung gem §4 Abs5 StVO eine Strafe von 500,-S, im Falle der Uneinbringlichkeit 30 Stunden Ersatzarrest, verhängt wurde, zu Bl 3-7 erliegt ein fristgerecht eingebrachter Einspruch mit Sachverhaltsdarstellung des Beschuldigten zum Akt, derzufolge er erst um 19.00 Uhr telefonisch vom Geschädigten über den Vorfall Kenntnis erlangt habe. Diesen habe er sodann aufgesucht und die
Daten ausgetauscht. Er habe den Geschädigten auf die näheren Unfallsumstände aufmerksam gemacht und auf den hohen Innenraumgeräuschpegel, bedingt durch die Beladung, das Alter des Fahrzeuges und ein in Betrieb befindliches Autoradio, hingewiesen. Im Anschluß daran habe er das Wachzimmer aufgesucht, da ihm der Geschädigte mitgeteilt hatte, daß er bereits Anzeige erstattet habe. Dortselbst sei ihm jedoch die Entgegennahme einer Selbstanzeige unter Hinweis auf eine zu erstattende Anzeige verweigert worden.
Nach Befundnahme an den unfallsbeteiligten Fahrzeugen kam die Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge im wesentlichen zur Erkenntnis, daß eine Berührung der Fahrzeuge nicht auszuschließen sei. Diesfalls hätte der Lenker dies bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerken müssen (Bl 9-13).
In seiner zeugenschaftlichen Aussage vom 15.4.1991 (Bl 14) berichtete ein Vorfallszeuge über den Unfallshergang und stellte dar, daß er aus einer im dritten Stock eines gegenüber des Unfallsortes befindlichen Wohnung ein Anstoßgeräusch wahrgenommen habe.
In der Beschuldigteneinvernahme vom 22.5.1991 führte der Berufungswerber aus, er habe vom Unfall selbst nichts bemerkt. Den ON 17 und 18 ist zu entnehmen, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt nicht vorgemerkt aufschien.
II) Am 25.6.1991 erging das angefochtene Straferkenntnis, mit welchem gegen den Beschuldigten neuerlich wegen Verwaltungsübertretung gem §4 Abs5 StVO eine Strafe von nunmehr 600,- S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt und ein erstinstanzlicher Kostenbeitrag von 60,- S festgesetzt wurde.
III) Dagegen brachte der Beschuldigte fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein und begründete dieses wie den bereits zitierten Einspruch.
IV) Der unabhängige Verwaltungssenat Wien ist zu folgender rechtlichen Würdigung gelangt:
Der Beschuldigte hat den der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt unbestritten gelassen, sodaß sich sein Vorbringen ausschließlich gegen die durch die Erstbehörde vorgenommene rechtliche Würdigung richtet und sohin die Berufungsentscheidung gem §51e Abs2 VStG ohne vorherige Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen konnte, da die Berufungsbehörde auch eine Ergänzung des Beweisverfahrens nicht für erforderlich erachtete.
Es ist durch das dahingehende Vorbringen des Beschuldigten sowie die unbedenkliche Aktenlage als gesichert anzusehen, daß sich zur angelasteten Tatzeit am Tatort unter ursächlicher Beteiligung des Beschuldigten ein Verkehrsunfall mit Sachschaden ereignet hat. Daß dieser dem Beschuldigten auch zur Kenntnis gelangte, wurde aus folgenden Umständen geschlossen:
Ein unbeteiligter Vorfallszeuge war nach eigener Aussage, welche niemals bestritten wurde, in der Lage, ein offenbar aus dem Unfallsgeschehen resultierendes Kontaktgeräusch wahrzunehmen. Umstände, die den Beschuldigten außerstandgesetzt hätten, dieses Geräusch ebenso wahrzunehmen, sind nur insofern hervorgekommen, als dieser auf einen erhöhten Innenraumgeräuschpegel, bedingt durch das Alter des Fahrzeuges, den Beladungszustand und ein in Betrieb befindliches Autoradio verwies.
Der Hinweis auf die Beladung vermochte nun nicht zu überzeugen, da der Beschuldigte selbst nicht darlegte, in welcher Weise hiedurch eine Herabsetzung der Wahrnehmungsfähigkeit resultieren könnte.
Auch der Verweis auf das Alter des Fahrzeuges konnte nicht als Hinweis auf eine Unhörbarkeit eines Anstoßgeräusches verwertet werden. Daß die Schalldämpferanlage einen Defekt aufgewiesen hätte, wurde ja vom Beschuldigten selbst nicht behauptet und hätte er diesen Umstand auch zum Anlaß zu nehmen gehabt, von einer weiteren Inbetriebnahme des Fahrzeuges Abstand zu nehmen. Daß jedoch die Geräuschisolierung des gegenständlichen Fahrzeuges in Hinblick auf dessen Baujahr erheblich effizienter gewesen wäre als jene eines Neufahrzeuges schien unwahrscheinlich.
Wenn jedoch die willkürlich gewählte Lautstärke des Rundfunkempfängers für eine Herabsetzung der Wahrnehmungsfähigkeit maßgeblich war - dies verblieb der Berufungsbehörde als letzter möglicher Faktor - so geht dies ausschließlich zu Lasten des Beschuldigten, da nicht nur das Wissen über den Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden, sondern auch das allfällige fahrlässige Nichtwissen darüber von der gegenständlichen Strafdrohung erfaßt ist.
Der Beschuldigte hat dargelegt, daß ein Datenaustausch zwar nicht an Ort und Stelle, jedoch nach telefonischer diesbezüglicher Aufforderung durch den Geschädigten erfolgte. Es hätte ihn daher die Verpflichtung getroffen, ohne unnötigem Aufschub die nächstgelegene Polizeidienststelle zu verständigen. Da jedoch hinsichtlich des Zeitraumes 18.00 Uhr bis etwa 19.00 Uhr des Tattages keine Rechtfertigung vorliegt, war das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage mit der der Anpassung an die Gesetzesstelle und dem Zitat der heranzuziehenden gesetzlichen Norm dienenden Abänderung spruchgemäß zu bestätigen.
VI) Eine Herabsetzung kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gem Abs2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung war mit einer Geldstrafe bis 10000,- S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Wochen Ersatzarrest, bedroht.
Durch die angelastete Verwaltungsübertretung wurde das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der raschen Aufklärung von Verkehrsunfällen geschädigt. Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen konnte daher der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen werden. Wie bereits dargelegt wurde, wurde die gegenständliche Verwaltungsübertretung zumindest in der Verschuldensform der Fahrlässigkeit begangen. Das Verschulden konnte daher nicht als geringfügig angesehen werden.
Im Zuge des Verfahrens hat sich zwar ergeben, daß dem Beschuldigten der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit zugute kam, eine Herabsetzung kam jedoch wegen der durch die Erstbehörde äußerst milde bemessenen Strafe insofern nicht in Betracht, als hiedurch der Präventionszweck verfehlt würde.
Auch die bescheidenen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und die gesetzliche Sorgepflicht für ein Kind wurden berücksichtigt.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.