TE UVS Wien 1991/12/11 03/18/1228/91

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Veröffentlicht am 11.12.1991
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Betreff

Die Mißachtung des Linksfahrgebotes und das Befahren eines Gehsteiges sind zwei verschiedene Tatbestände

Spruch

Aufgrund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung, die sich in den Punkten 1) und 2) lediglich gegen das Strafausmaß richtet, wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs 4 AVG hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung in den Punkten 1) bis 4) vollinhaltlich und in der Schuldfrage zu Punkt 3) und 4) mit der Abänderung bestätigt, daß die diesbezüglichen Tatumschreibungen wie folgt zu lauten haben:

"Der Beschuldigte Z hat am 29.5.1991 um 22.20 Uhr 3) in Wien 2, Kreuzung Lilienbrunngasse/Kleine Sperl-Gasse das Vorschriftszeichen "Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach links" in der Lilienbrunngasse nicht beachtet, sondern ist nach rechts in die Kleine Sperl-Gasse eingebogen und hat 4) in Wien 8, Lerchenfelder Straße Nr 48/1 Unterkunft genommen, ohne die ihn treffende Meldepflicht zu erfüllen."

Die Übertretungsnorm zu Punkt 4) hat "§ 16 Zif 1 iVm § 1 Abs 1 MG" zu lauten.

Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von zu 1) S 200,--, zu 2) S 200,--, zu 3) S 120,-- und zu 4) S 80,-- auferlegt.

Text

Begründung:

Der Berufungswerber bekämpft in seinem Rechtsmittel zu den Punkten

1) und 2) lediglich die Strafhöhe. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Bei der vorstehenden Berufungsentscheidung war davon auszugehen, daß der im Gesetz vorgesehene Strafsatz zu den Punkten 1) und 2) bis S 10.000,-- reicht und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis 2 Wochen vorgesehen ist.

Bei der Strafbemessung ist ferner auf das Ausmaß des Verschuldens des Beschuldigten besonders Bedacht zu nehmen und sind die nicht schon durch die Strafdrohung bestimmten, nach deren Zweck in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, dies unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB.

Die Taten zu den Punkten 1) und 2) schädigten in erheblichem Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat auch nicht gering.

Das Verschulden des Berufungswerbers war gleichfalls als erheblich anzusehen, da er absichtlich gehandelt hatte.

Bei der Strafbemessung wurde der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt (Blatt 10 verso) sowie die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit sowie das Fehlen einer gesetzlichen Sorgepflicht (Blatt 4) berücksichtigt.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe sind die zu den Punkten 1) und 2) verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keinesweges zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind.

Zu Punkt 3) wird bemerkt:

Der Berufungswerber macht diesbezüglich geltend, daß das Mißachten des Linksfahrgebotes ihn nicht betroffen hätte, da er am Gehsteig fuhr, wofür er bereits belangt wurde.

Laut Anzeige (Blatt 1 verso) befuhr der Berufungswerber mit seinem Fahrrad den Gehsteig auf dem stromaufwärts liegenden Gehsteig der Schwedenbrücke Richtung Taborstraße und sodann weiter auf dem Gehsteig der Oberen Donaustraße Richtung Lilienbrunngasse. Der Anzeige ist jedoch nicht zu entnehmen, daß der Berufungswerber in der Lilienbrunngasse den Gehsteig befahren hätte. Im übrigen wird die Nichtbeachtung des Vorschriftszeichens gemäß § 52 lit b Zif 15 "Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach links" nicht durch das vorschriftswidrige Befahren des Gehsteiges durch den Berufungswerber mit seinem Fahrrad konsumiert, sondern stellt einen eigenen strafbaren Tatbestand dar.

Es handelt sich daher nicht - wie der Berufungswerber vermeint - um eine Doppelbestrafung, sondern um zwei voneinander völlig verschiedene, strafbare Tatbestände, die der Berufungswerber zur Tatzeit verwirklicht hatte.

Die dem Berufungswerber zu Punkt 3) angelastete Tat war daher als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung in diesem Punkt keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch in modifizierter Form zu bestätigen war.

Die Abänderung im Spruche zu Punkt 3) diente der genaueren Tatumschreibung sowie der Zuordnung des konkreten Tatortes zum Straftatbestand.

Eine Herabsetzung der Strafe in Punkt 3) kam gleichfalls nicht in Betracht, da die Tat in erheblichem Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit schädigte, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat nicht gering war.

Das Verschulden des Berufungswerbers war gleichfalls als erheblich

anzusehen, da er vorsätzlich gehandelt hatte.

Zu Punkt 4) wird ausgeführt:

Der Berufungswerber macht im wesentlichen geltend, daß er die Meldepflicht nicht verletzt hätte, da er zum Zeitpunkt der Verhaftung nur etwa ein bis zwei Nächte pro Woche in Wien 8, Lerchenfelder Straße 48 genächtigt hätte.

Zu diesem Vorbringen wird lediglich in rechtlicher Hinsicht bemerkt: § 1 Abs 1 Meldegesetz bestimmt:

"Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, ist nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu melden."

Eine Unterkunft wird überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden Wohnbedürfnisses (nämlich sich darin aufzuhalten, dort zu nächtigen, seine Sachen zu verwahren und hievon andere grundsätzlich auszuschließen), benützt werden. Ob überhaupt ein, bzw welcher Rechtstitel hiefür besteht, ist für den Begriff der Unterkunft nicht rechtserheblich.

Die Unterkunftnahme erfolgt mit dem Zeitpunkt, in dem von einer Unterkunft erstmalig widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird. Die Aufgabe der Unterkunft erfolgt mit dem Zeitpunkt, in dem die Beziehung zwischen der Person und der Unterkunft gänzlich gelöst wird.

Da der Berufungswerber selbst angab, immer wieder an jener Adresse zu nächtigen, kann von einer gänzlichen Aufgabe der Unterkunft im Sinne der gesetzlichen Bestimmung nicht gesprochen werden und war der Berufungswerber schon aus diesem Grunde dazu verpflichtet, die ihn treffende Meldepflicht fristgerecht zu erfüllen. Die dem Berufungswerber zu Punkt 4) angelastete Tat war sohin als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung in diesem Punkt keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch in modifizierter Form zu bestätigen war.

Die Abänderung im Spruche zu Punkt 4) diente der genaueren Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand bzw der richtigen Zitierung der heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen.

Eine Herabsetzung der Strafe in Punkt 4) kam nicht in Betracht, da die Tat in nicht ganz unerheblichem Maße das Interesse an der unverzüglichen Kenntnisnahme der Behörde über den Aufenthalt der sich in ihrem Bundesgebiet aufhaltenden  Personen schädigte. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat auch erheblich. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Bei der Strafbemessung in den Punkten 3) und 4) wurde auch der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt sowie die angegebenen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und das Fehlen einer gesetzlichen Sorgepflicht berücksichtigt.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den zu Punkt 3) bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz und zu Punkt 4) bis S 3.000,-- reichenden Strafsatz sind die diesbezüglich verhängten Geldstrafen ebenfalls angemessen und keinesweges zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 des VStG.

Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit S 120,-- Bundesstempelmarken zu versehenden Ratenansuchens bei der Behörde

1. Instanz wird hingewiesen.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung

nicht anzuberaumen.

Schlagworte
Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Fahrtrichtung, Befahren des Gehsteiges, Unterlassung der Meldepflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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