TE UVS Wien 1992/02/10 03/21/43/92

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Veröffentlicht am 10.02.1992
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Betreff

Der Einwand eines Notstandes wegen Ladetätigkeiten geht ins Leere

Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt wird, daß die Tatumschreibung zu Punkt 1) zu lauten hat:

"Sie haben am 9.4.1991 um 8.36 Uhr in Wien 2, Rotensterngasse 31 den LKW XY gelenkt und haben diesen LKW in einem durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachten Halte- und Parkverbot abgestellt."

und die verhängte Geldstrafe zu Punkt 1) in der Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf S 700,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 50 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wird.

Demgemäß ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu Punkt 1) auf S 70,--. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber S 80,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe zu Punkt 2) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen, hingegen hat der Berufungswerber gemäß § 65 VStG zu Punkt 1) keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis vom 17.10.1991, Zahl Cst 5676/L/91, erkannte die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt, den Berufungswerber schuldig, er habe am 9.4.1991 um

8.36 Uhr in Wien 2, Rotensterngasse 31 den LKW XY gelenkt und habe diesen LKW 1) in einem durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachten Halte- und Parkverbot abgestellt, wodurch der übrige Straßenverkehr beeinträchtigt bzw behindert wurde und 2) habe er den LKW teilweise auf einen Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1) § 99 Abs 3 lit a StVO in Verbindung mit § 24 Abs 1 lit a StVO und

2) § 99 Abs 3 lit a StVO in Verbindung mit § 8 Abs 4 StVO. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO folgende Strafen verhängt: zu 1) Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, zu 2) Geldstrafe in der Höhe von S 400,--, im Uneinbringlichkeitsfall 24 Stunden Erstzfreiheitsstrafe. Es ist unbestritten, daß der Berufungswerber seinen LKW teilweise auf dem Gehsteig, sowie im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt hat.

Der Berufungswerber bekämpft im wesentlichen die rechtliche Beurteilung dieses unstreitigen Sachverhaltes und wendet ein, daß er eine Ladetätigkeit durchgeführt habe und sich daher in einem Notstand befunden habe. Außerdem sei durch sein Verhalten der übrige Straßenverkehr weder beeinträchtigt noch behindert worden. Sowohl bei dem gegenständlichen absoluten Halte- und Parkverbot, als auch beim gesetzlichen Verbot der Abstellung eines Kraftfahrzeuges auf einem Gehsteig, handelt es sich um Vorschriften, die keine Ausnahmen zulassen. Es ist hier völlig gleichgültig, zu welchem Zweck ein Lenker ein Fahrzeug in einem Bereich eines absoluten Halte- und Parkverbotes bzw teilweise auf einem Gehsteig abstellt. Es ist durchaus glaubhaft, daß der Berufungswerber eine Ladetätigkeit durchführte, doch erlaubte ihm dies nicht die Abstellung des LKW am gegenständlichen Ort. Der Berufungswerber hätte eine gesetzlich zulässige Abstellmöglichkeit für sein Kraftfahrzeug suchen und zwecks Durchführung der Ladetätigkeit auch einen Fußweg in Kauf nehmen müssen.

Auch ist der Straßenverkehrsordnung 1960 keine Bestimmung bekannt, wonach das Durchführen einer Liefertätigkeit bei teilweiser Abstellung des hierfür verwendeten Kraftahrzeuges auf dem Gehsteig erlaubt wäre.

Zu der Rechtsansicht des Berufungswerbers, er habe sich in einer Notstandssituation befunden, ist folgendes auszuführen:

Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nach langjähriger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, bei der jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Ein strafbefreiender Notstand ist nur dann gegeben, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer dem Beschuldigten unmittelbar drohenden Gefahr erfolgt, die so groß ist, daß er sich in unwiderstehlichen Zwang befindet, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich ergehen zu lassen.

Hat sich der Täter allerdings ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten  Grund selbst in eine Zwangslage begeben, die er voraussehen konnte, dann kann er sich nicht mit Erfolg auf Notstand berufen (vgl ua VwGH 17.2.1988, 88/03/0023). Jeder Kraftfahrer muß aber damit rechnen, in bestimmten Gebieten keinen Parkplatz zu finden; stellt er sich nicht darauf ein und hat er deshalb eine Notstandssituation selbst verschuldet, so kann von einem die Schuld ausschließenden Notstand nicht gesprochen werden (vgl ua VwGH 24.4.1974, 1999/73 uva).

Auch wenn der Berufungswerber von seinem Dienstgeber den Auftrag zur gegenständlichen Getränkelieferung erhalten hat, ändert dies doch nichts daran, daß er sich selbst in die Notstandssituation begeben hat. Diese kann aber, nach obigen Ausführungen, für ihn nicht schuldbefreiend wirken.

Wenn der Berufungswerber die Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze durch den Anzeiger beantragt und weiters dessen Einvernahme, so muß ihm entgegengehalten werden, daß die Abstellposition des LKW am Tatort vom Berufungswerber unbestritten geblieben ist. Die Einvernahme des Meldungslegers und die Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze ist daher entbehrlich. Abgesehen davon hat schon die Behörde erster Instanz in der Begründung ihres Straferkenntnisses zutreffend ausgeführt, daß § 24 Abs 1 lit a StVO ein absolutes Halte- und Parkverbot darstellt, es daher für die Tatbestandsverwirklichung unerheblich ist, ob der übrige Straßenverkehr durch die Tat beeinträchtigt bzw behindert wurde.

Die Abänderung im Spruch diente der Präzisierung und der Anpassung

an die Gesetzesstelle.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Taten schädigen in nicht unerheblichem Maße das Interesse an

einem ungestörten Fußgänger- und Fahrzeugverkehr.

Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten an sich nicht gering. Das Verschulden des Berufungswerbers kann als erheblich angesehen werden, da der Berufungswerber vorsätzlich gehandelt hat. Bei der Strafbemessung wurde der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugutekommt, berücksichtigt. Auf die durchschnittlichen Einkommensverhältnisse und die Vermögenslosigkeit wurde Bedacht genommen. Sorgepflichten konnten mangels jeglichen Hinweises nicht angenommen werden. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu je S 10.000,-- reichenden Strafsatz sind die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind. Da der Berufungswerber, wie sich aus dem Inhalt seines Rechtsmittels ergibt, nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, war gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen, weil die Durchführung einer solchen in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt 2) stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Schlagworte
Halte- und Parkverbot, Parken auf dem Gehsteig, Notstand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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