TE UVS Niederösterreich 1992/04/03 Senat-AM-91-005

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Veröffentlicht am 03.04.1992
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Spruch

Der angefochtene Bescheid wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit §39 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 aufgehoben.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen den Beschuldigten folgenden Bescheid erlassen:

 

"Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Sie haben am 29.9.1990 im Eigenjagdrevier T; H, einen hegerisch besonders wertvollen Hirsch der Klasse II erlegt, obwohl für dieses Jagdgebiet im Jahr 1990 nur ein Hirsch der Klasse III bewilligt war.

 

Verwaltungsübertretungen nach §135 Abs1 Z24 iVm §83 Abs2 und 3 NÖ Jagdges 1974 (NÖ JG, LGBl 6500-7, u §26 Abs2 und 3 NÖ Jagdverordnung, LGBl 6500/1-18

 

Zur Sicherung der Strafe des Verfalls werden folgende Gegenstände in Beschlag genommen:

Die Trophäe des am 29.9.1990 im Revier T erlegten Hirsches

 

Rechtsgrundlage: §39 des Verwaltungsstrafgesetzes".

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht berufen. In der Berufung wurde im wesentlichen angeführt:

 

Aufgrund des Bescheides der belangten Behörde vom 22.8.1990, GZ xx, sei für das Eigenjagdrevier T der Österreichischen Bundesforste ein Hirsch der Klasse II, ein Hirsch der Klasse III sowie vier Tiere und drei Kälber bewilligt worden. Weiters falle das gesamte Revier T in die sogenannte Hirschregelung der Klasse I.

 

Als Begründung für die Beschlagnahme der Trophäe wurde angeführt, daß der erlegte Hirsch ein hegerisch besonders wertvoller Hirsch der Klasse II gewesen sei. Nach Meinung des Beschuldigten habe die belangte Behörde unterlassen, eine entsprechende Beurteilung durch einen qualifizierten Sachverständigen vorzunehmen. Sie habe nicht mit dem zuständigen Bezirksjägermeister Rücksprache gehalten. Der erlegte Hirsch habe das Hegeziel einer beiderseitigen Kronenbildung bei weitem nicht erreicht, da er sogar noch eine Abnormität aufgewiesen habe und daher nicht als hegerisch besonders wertvoll zu bezeichnen sei.

 

Der erlegte Hirsch sei sowohl vom Beschuldigten als auch von einem sehr erfahrenen Pirschführer zweifelsfrei als reifer Hirsch der Klasse I angesprochen und als solcher erlegt worden. Erst nach der Erlegung bei Vorlage der Trophäe wurden Zweifel über sein Alter laut. Der Hirsch wies ein Kiefer auf, daß auf ein Alter von mindestens 8 Jahren schließen ließ. Nach Meinung des Beschuldigten sei die Altersbestimmung auch nach dem Kiefer sehr ungenau und problematisch.

 

Abschließend wies der Berufungswerber darauf hin, daß hier, selbst wenn die belangte Behörde davon ausgehe, daß es sich um einen Hirsch der Klasse II handle und nach wie vor der Meinung sein sollte, es handle sich um einen hegerisch wertvollen Hirsch, daß hier mit Sicherheit auch ein entschuldbarer Irrtum vorlege, da es dem Beschuldigten nicht möglich gewesen wäre, trotz eines erfahrenen Pirschführers und seiner eigenen Erfahrung, den Hirsch als Hirsch der Klasse II anzusprechen.

 

Es wurde somit der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen.

 

Laut Abschlußplan 1990 unter Bedachtnahme auf die Abschußerweiterung vom 22. August 1990 war im Revier T ein Hirsch der Altersklasse II und ein Hirsch der Altersklasse III zum Abschuß frei. Außerdem wurde mit Bescheid vom 18. April 1990 für das Eigenjagdrevier T und vier weitere Reviere der Abschuß eines Hirsches der Altersklasse I im Sinne des §81 Abs3 des NÖ JG 1974, unter verschiedenen Auflagen genehmigt.

 

Dem Verwaltungsstrafakt ist zu entnehmen, daß der Beschuldigte am 29.9.1990 einen hegerisch brauchbaren Hirsch der Klasse II im Eigenjagdrevier T erlegt hat.

 

Laut der am 10.1.1991 durchgeführten Bewertung der Trophäenbewertungsmitglieder handle es sich bei der vorgelegten Rotwildtrophäe um einen Hirsch der Klasse II (ca 8 Jahre; ungerader Zwölfer), und ist aufgrund ihres Wuchses (außergewöhnlich gute Endenbildung) als hegerisch besonders wertvoll veranlagt, anzusehen.

 

 

Gemäß §83 Abs5 NÖ JG, Landesgesetzblatt 6500-7 ist die Aufgliederung der dem Abschußplan unterliegenden Trophäenträger nach Altersklassen zur Begründung oder Erhaltung einer biologisch gesunden Wildstandsstruktur durch Verordnung der Landesregierung zu regeln. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß in der jüngeren und mittleren Altersklasse jene Wildstücke nicht zum Abschuß kommen dürfen, die besonders hegerisch wertvoll veranlagt sind.

 

Das derzeitig geltende Jagdgesetz, welches rückwirkend mit 1. Jänner 1991 in Kraft trat, enthält jedoch keine Bestimmung über den Hegewert.

 

Gemäß §1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in I Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

Zum Zeitpunkt, als der Hirsch erlegt wurde, lag in Folge seines Hegewertes noch eine Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen war.

 

Der Bescheid mit dem die Beschlagnahme ausgesprochen wurde, wurde am 7.2.1991 erlassen. Die Bestimmung, wonach ein hegerisch besonders wertvoll veranlagter Hirsch nicht zum Abschuß kommen darf, wurde im April 1991 rückwirkend mit 1. Jänner 1991, aufgehoben.

 

Wenn auch eine ausdrückliche Regelung für den Fall fehlt, daß ein Verhalten, das zur Tatzeit strafbar war im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides I Instanz überhaupt nicht mehr strafbar ist (nicht bloß ein milderes Gesetz), so kann nach der Judikatur der Täter nicht mehr bestraft werden (VwGH verst  Senat 12.2.1957 Slg 4275A, VfGH 15.6.1959 Slg 3562).

 

Weiters ist dem jagdfachlichen Gutachten des Landesjagdbeirates beim Amt der NÖ Landesregierung vom 24. Oktober 1991 unter anderem zu entnehmen, daß die gegenständliche Trophäe bereits nach Oberösterreich verbracht wurde.

 

Dem angefochtenen Beschlagnahmebescheid fehlt es somit an wesentlichen rechtserheblichen Merkmalen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Auf die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e VStG abgesehen werden, da sowohl der Berufungswerber als auch die Erstbehörde darauf verzichtet haben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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