TE UVS Niederösterreich 1992/04/21 Senat-TU-91-005

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Veröffentlicht am 21.04.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß es sich bei dem Fahrzeug des Beschuldigten um keinen Kombi, sondern um einen PKW handelte.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen Herrn Dipl Ing  P R das

Straferkenntnis vom 15. April 1991,         , erlassen. Darin wurde

diesem zur Last gelegt, er habe am 14. September 1990 um 16,05 Uhr

im Ortsgebiet von H auf der LH     - Eisenbahnkreuzung mit der

Franz-Josefs-Bahn - Fahrtrichtung Norden als Lenker des Kombi

KZ          das Fahrzeug nicht vor den Schranken der

Eisenbahnkreuzung angehalten, obwohl optische Zeichen ein Schließen der Schranken angekündigt hätten.

Aus diesem Grund hat die Behörde gemäß §18 Abs2 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 iVm §54 Abs3 des Eisenbahngesetzes 1957 eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt.

Gemäß §64 Abs2 VStG wurden an Kosten des Verfahrens der Behörde I Instanz 10 % der verhängten Geldstrafe, also S 100,-- vorgeschrieben.

 

Gegen diese Entscheidung hat Herr Dipl Ing  P R rechtzeitig berufen. Er brachte vor, daß er sich mit seinem Fahrzeug bereits auf den Schienen der Franz-Josefs-Bahn befunden habe, als optische Zeichen erstmals ein Schließen der Schranken angekündigt hätten; es liege eine unrichtige Darstellung des Meldungslegers vor. Schließlich würden die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, welche von der Behörde bei der Strafbemessung angenommen wurden, nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Aufgrund dieser Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land NÖ als Berufungsbehörde am 3. April 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei hat der Beschuldigte seine Berufung dahingehend ergänzt, daß in der Anzeige vom 13. Oktober 1990 zwei Delikte (a und b) angezeigt worden seien, die Bezirkshauptmannschaft im angefochtenen Straferkenntnis jedoch bloß eine einzige (a) Verwaltungsübertretung angelastet habe. Unter Vorlage einer Kopie des Typenscheines gab der Beschuldigte weiters an, daß es sich bei seinem Fahrzeug um keinen Kombi, sondern um eine viertürige Limousine handelte, sowie um ein Fahrzeug, welches nicht grau, sondern silber lackiert ist. Er bestritt in dieser Hinsicht nicht seine Fahrt als solche, sondern die Wahrnehmungsfähigkeit des Meldungslegers.

Schließlich machte er geltend, daß bei der Strafbemessung folgende Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hätten herangezogen werden müssen:

Einkommen: ca S 40.000,-- netto monatlich

Vermögen: zur Hälfte Besitzer des Hauses      T      ,        gasse

14, Schätzwert des Hälfteanteiles ca S 1 Million

Sorgepflicht für zwei Kinder und Ehegattin.

 

Darauf wurde der Meldungsleger, Herr Rev Insp  K, unter Erinnerung an seinen Diensteid als Zeuge einvernommen:

Der Gendarmeriebeamte gab unter gleichzeitiger Anfertigung einer Skizze an, er habe damals bei der Kreuzung der Landeshauptstraße xx mit der Brückenstraße Stellung bezogen. Es hätte ungehinderte Einsicht auf die Eisenbahnkreuzung bestanden, welche parallel zur Landeshauptstraße xx die B      straße quert. Zwischen dem Standort des Gendarmeriebeamten und der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung verlaufe die Landeshauptstraße xx. Die Entfernung zum Tatort habe ca 15 m betragen.

Er hätte wahrnehmen können, wie ein Kraftfahrzeug der Marke Volvo, grau lackiert mit dem Kennzeichen xx auf der Landeshauptstraße xx aus Richtung K kommend nach rechts in die B      straße eingebogen sei. Noch vor dem Einbiegevorgang hätte das Rotlicht der Eisenbahnkreuzung bereits ca 10 bis 12 mal aufgeblinkt. Der Fahrzeuglenker hätte jedoch die Eisenbahnkreuzung ohne anzuhalten übersetzt. Der Erinnerung des Meldungslegers nach hätten sich dabei die Schranken, welche die Eisenbahnkreuzung absichern, gesenkt. Er sei der Ansicht, daß es sich bei dem Fahrzeug, welches er wahrgenommen habe, um einen Kombi gehandelt habe. Ob die Farbe grau oder silber war, könne in dieser Hinsicht wegen der Ähnlichkeit eine Verwechslung vorliegen.

Nach Ansicht des Zeugen seien die Sichtverhältnisse damals einwandfrei gewesen. Insbesondere hätte kein Sonnenlicht etwa durch Blendung die Wahrnehmbarkeit des Rotlichtes in Frage gestellt.

 

Dazu hat der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land NÖ erwogen:

 

Das Verhalten bei Eisenbahnkreuzungen, die durch Schrankenanlagen gesichert sind, ist durch §18 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 geregelt. - Abs2 dieser Gesetzesbestimmung normiert, daß vor den Schranken dann anzuhalten ist, wenn optische oder akustische Zeichen ein Schließen der Schranken ankündigen, wenn sich Schrankenbäume abwärts bewegen oder wenn Schranken auch nur über einen Teil der Fahrbahn geschlossen sind.

 

Obwohl der Meldungsleger in der Anzeige vom 13. Oktober 1990, GZ P xx anführte, daß nicht nur ein optisches Zeichen (Rotlicht) ein Schließen der Schranken ankündigte, sondern sich die Schrankenbäume bereits abwärts bewegten, hat die Bezirkshauptmannschaft in dem bekämpften Straferkenntnis bloß angeführt, daß der Beschuldigte das Fahrzeug nicht vor den Schranken der Eisenbahnkreuzung angehalten hätte, obwohl optische Zeichen ein Schließen der Schranken angekündigt hätten.

 

In dieser Hinsicht ist zunächst festzuhalten, daß der Gegenstand des Berufungsverfahrens vor der Berufungsbehörde bloß das angefochtene Straferkenntnis bzw das darin relevierte Tatgeschehen ist. Wenn die Behörde I Instanz es unterlassen haben sollte, weitere Straftatbestände anzulasten, also eine weitere Verwaltungsstrafe zu verhängen, so ist das keine Angelegenheit des Berufungsverfahrens. Die Berufungsbehörde kann über keine Tatbestände entscheiden, die von der ersten Instanz noch nicht aufgegriffen wurden (vgl VwGH 7.12.1978, 859/77).

 

Zur Frage, ob der Beschuldigte nun sein Fahrzeug vor den Schranken der Eisenbahnkreuzung nicht angehalten habe, obwohl optische Zeichen ein Schließen der Schranken angekündigt hätten, ist auszuführen, daß die Berufungsbehörde in dieser Hinsicht den Wahrnehmungen des Meldungslegers Glauben schenkt. Einem zur Wahrnehmung von Verkehrsvorgängen geschulten Gendarmeriebeamten ist es durchaus zuzumuten, auf eine Entfernung von ca 15 m wahrzunehmen, ob ein Fahrzeug vor den Schranken einer Eisenbahnkreuzung anhält, weil optische Zeichen ein Schließen der Schranken ankündigen (und die Schranken sich etwa bereits schlossen) oder nicht. Der Meldungsleger hat unter Erinnerung an seinen Diensteid bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat glaubwürdig angegeben, daß das Rotlicht bereits ca 10 bis 12 mal aufgeblinkt habe, bevor der Beschuldigte aus Richtung K kommend überhaupt erst nach rechts in die B      straße, an deren Beginn sich die gegenständliche Eisenbahnkreuzung befindet, abgebogen ist. Der Gendarmeriebeamte hat angegeben, daß die Eisenbahnkreuzung dabei ohne Anhaltevorgang übersetzt wurde.

 

Den Darstellungen des Beschuldigten, daß die Angaben des Meldungslegers deshalb unglaubwürdig seien, weil er den PKW des Beschuldigten irrtümlich als Kombi bezeichnet und die Farbe silber irrtümlich mit grau bezeichnet habe, ist entgegenzuhalten, daß die Wagenfarbe als solche und auch der Umstand, ob es sich bei dem Fahrzeug um einen Kombi oder PKW handelte, irrelevant ist. Daneben erscheint es durchaus plausibel, daß der Meldungsleger einer Verwechslung unterlag, weil er eben damit beschäftigt war, das Kennzeichen des davonfahrenden Fahrzeuges des Beschuldigten in kürzester Zeit abzulesen. Dieses Kennzeichen wurde aber richtig abgelesen, der Beschuldigte hat in keiner Weise in Frage gestellt, daß er das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen xx zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat.

 

In dieser Hinsicht gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß der Beschuldigte die angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. Die Korrektur, daß der Beschuldigte einen PKW statt einen Kombi verwendet habe, ist nicht wesentlich und kann keinen Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft xx vom 15. April 1991,

        , erwecken.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Entsprechend den Angaben des Beschuldigten verfügt dieser über ein Einkommen von ca S 40.000,-- netto monatlich. An Vermögen besitzt er den Hälfteanteil des Hauses      T      , Q      gasse 14, im Schätzwert von ca S 1 Mio. Er ist für seine Ehegattin und zwei Kinder sorgepflichtig.

 

Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmung wurde beeinträchtigt. Erfahrungsgemäß kann es nämlich dadurch, daß mit Fahrzeugen eine Eisenbahnkreuzung noch bei Rotlicht übersetzt wird, immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen.

 

Es liegen weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe vor. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Bezirkshauptmannschaft ist hier festzuhalten, daß nur einschlägige Verwaltungsvorstrafen einen Straferschwerungsgrund darstellen. Eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe liegt jedoch nach der Aktenlage nicht vor.

 

Bei der Strafbemessung ist auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer von der Begehung gleichgelagerter Verwaltungsstraftaten abgehalten werden sollen.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß die verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) durchaus auch schuld- und tatangemessen ist. Im Hinblick auf das relativ hohe Einkommen des Beschuldigten erscheint die verhängte Strafe keineswegs zu hoch gegriffen, selbst wenn der von der Behörde I Instanz angenommene Straferschwerungsgrund nicht vorliegt. Der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen des §54 Abs3 des Eisenbahngesetzes 1957 reicht dagegen bis zu S 10.000,--/Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen.

 

Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat sind an Kosten 20 % der verhängten Geldstrafe, also S 200,-- angefallen.

 

Insgesamt sind daher S 1.300,-- zu bezahlen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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